Nach den schlechten Ernteergebnissen im vergangenen Jahr konnte an der diesjährigen Qualitätstagung Weizen in Bern wieder Positives vermeldet werden: Die Weizenernte 2022 ist gut. Dasselbe gilt gemäss den Analysen von der Richemont Fachschule und von Agroscope für die Backqualität. Allerdings gilt es ein paar Punkte zu beachten.

«Trotz einer längeren Trockenphase konnte eine gute Weizenernte erzielt werden» erklärte Stephanie Bräunlich, Verantwortliche für das Qualitätslabor und Weizenzüchterin bei Agroscope, an der diesjährigen Qualitätstagung Weizen in Bern. Das durchschnittliche Hektolitergewicht war dieses Jahr mit 85,2 kg/hl deutlich höher als letztes Jahr und sogar um 3,5 % höher als im Durchschnitt der Jahren 2016 – 2020. Der Auswuchs, der im letzten Jahr zu Deklassierungen und starker Enzymaktivität geführt hatte, war dieses Jahr kein Thema.

Sébastien Knecht, Leiter Fachschule Richemont Romandie, und Stéphanie Bräunlich, Verantwortliche für das Qualitätslabor bei Agroscope.

Proteingehalt und Feuchtkleber

Der durchschnittliche Proteingehalt betrug dieses Jahr 13,6 %, was beinahe gleich hoch ist wie in den Jahren 2016 – 2020. Der Feuchtklebergehalt liegt bei 28,7 % und war damit um 2,2 % geringer als im Mittel 2016 bis 2020. Wie letztes Jahr wurde eine hohe durchschnittliche Teigenergie (152 cm2) gemessen. Ebenso wie im letzten Jahr wurde eine leicht erhöhte Verhältniszahl (Drehwiderstand / Dehnbarkeit) beobachtet, was auf eine verkürzte Gluten-struktur hindeutet. Die Kapazität zur Wasseraufnahme befand sich mit 58,4 % sehr nahe am Durchschnitt der Jahre 2016 – 2020. Der Konsistenzabfall ist mit 61 EE leicht höher als in den Jahren 2016 – 2020. Alle Sorten wiesen im Mittel eine Fallzahl von über 300 s auf, also auf ähnlichem Niveau wie in den Jahren 2016 – 2020. Das Verkleisterungsmaximum (1208 AE) und Temperatur beim Verkleisterungsmaximum (88,9 Grad) waren ebenfalls vergleichbar mit den Vorjahren. Diese Resultate lassen auf eine geringe Enzymaktivität schliessen, vor allem im Vergleich zum letzten Jahr.

Weizenernte 2021 …»

Präsentation Stephanie Bräunlich und Sébastian Knecht (französisch) …»

Ratschläge zur Verarbeitung

Sébastien Knecht, Leiter der Richemont Fachschule in der Romandie, mahnte die Mühlebetreibenden, die Entwicklung der Getreidemischungen genau im Auge zu behalten, bis die Ernte 2021 vollständig aufgebraucht ist. Grundsätzlich biete die Schweizer Weizenernte für 2022 eine gute Backqualität. Der Teig weise eine schöne Struktur und ein gutes Gleichgewicht auf, lobte Knecht, sei jedoch tendenziell etwas elastischer als gewöhnlich. «Gleichwohl sind wir der Meinung, dass der Teig am Ende des Knetvorgangs und während der Gärung als ausgewogen zu bezeichnen ist.» Die Zugabe von Zusatzstoffen, die das Gluten (Acerola, Ascorbinsäure) oder die Elastizität des Teigs stimulieren, dürfte nur bei sehr niedrigen Werten im Extensogramm notwendig sein.

Mit der Lagerung des Getreides und der damit verbundenen Oxidation kommt es natürlicherweise zu einer Verfestigung des Glutens, sodass überprüft werden sollte, ob die Verwendung von glutenstimulierenden Zusatzstoffen nicht doch angebracht ist (etwa im Dezember/Januar). Da die Enzymaktivität der diesjährigen Ernte im Vergleich zur Ernte 2021 auf ein normales Niveau zurückgegangen ist, können gezielt aktive Gerstenmalze (Malzmehl oder Flüssigmalz) bzw. aktive Enzymkomplexe zugesetzt werden.

Bei den Richemont/Agroscope-Rezepturen müssen die Gärzeiten und die Teigruhe nicht angepasst werden. «Dennoch sollten die Bäckereien, welche die Gärzeiten nach der Ernte 2021 verkürzt haben, in diesem Jahr wieder zu den Zeiten von 2020 zurückkehren», hob Sébastien Knecht hervor. Die Knetzeiten können im Vergleich zu denjenigen für die Mehle aus der letzten Ernte unverändert bleiben, also etwas länger als gewöhnlich. Das Ziel ist ein gut, aber nicht zu intensiv gekneteter Teig, denn auch die diesjährige Ernte weist keine allzu hohe Toleranz auf.

Rücksprache mit Mühlen

Der Richemont-Fachmann empfahl in der gegenwärtigen Situation und unter Berücksichtigung der oben genannten Massnahmen zur Verbesserung der Teigeigenschaften keine weitere Anpassung der Gär- und/oder Backparameter. Bei Mehlmischungen, bei denen keine Korrektur in der Mühle vorgenommen wurde, könne die Backtemperatur geringfügig erhöht werden. Wichtig: Es handelt sich um allgemeine Trends für unbehandeltes Mehl aus der Ernte 2022. Bevor Korrekturen vorgenommen werden, müssen die aktuellen Analyseergebnisse für die Mehle bekannt sein. Diese bilden die Grundlage für Korrekturen und sind davon abhängig, wie hoch der Anteil der neuen Ernte in der jeweiligen Mehlmischung ist. In der zweiten Verarbeitungsstufe in der Mühle werden die Mischungen und Korrekturen ständig angepasst, um die Anforderungen der Bäckerinnen und Bäcker zu erfüllen und eine einheitlich gute Qualität zu erzielen. «Wir raten Ihnen, sich mit den Mühlenbetrieben gut abzustimmen und ihren Empfehlungen in den kommenden Monaten zu folgen» hielt Sébastien Knecht abschliessend fest.

Tabellen und Grafiken …»

Herausforderung Absenkpfade

Ein weiterer Schwerpunkt an der Qualitätstagung Weizen bildet das Thema „Absenkpfade Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe“. Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), schilderte den Anwesenden die Ausgangslage, die Stimmung in der Bevölkerung und zeigte das Massnahmenpaket auf, das der Bundesrat aufgrund einer parlamentarischen Initiative vorschlägt. Hofer äusserte sich überzeugt, dass der gemeinsame Weg einer Branchenvereinbarung ein besserer sei und antizipiere. Verschiedene Redner warnten vor noch mehr Einschränkungen und wiesen darauf hin, dass in der Landwirtschaft bereits viel unternommen und Fortschritte erzielt worden seien. Die parlamentarische Initiative würde den Import stärken statt die inländische Produktion. „Für uns ist wichtig, dass das BWL und der Bund nicht die Verantwortung abgeben», betonte Michel Darbellay, Leiter Departement Produktion, Märkte und Ökologie des Schweizerischen Bauernverbandes. „Wir sind nicht per se dagegen, aber wir verlangen vom Bund finanzielle Unterstützung.»

DV swiss granum: Neue Vorstandsmitglieder

Die Branchenorganisation swiss granum hat an ihrer Delegiertenversammlung in Bern für das langjährige Vorstandsmitglied Romeo Sciaranetti neu Matthias Staehlin (Leiter Beschaffung / Behörden der Swissmill) in den Vorstand gewählt, ebenfalls gewählt wurde Joseph von Rotz (operativer Leiter Geschäftseinheit fenaco GOF / Leiter FB GOF Schweiz Lebensmittel).

com/cv

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