Die schlechte Weizenernte 2021 hat Auswirkungen auf die Produktion. An der Qualitätstagung in Luzern wurden Analyseergebnisse und Verarbeitungstipps präsentiert. Fakt ist: Bäcker/innen und Müller/innen sind stark gefordert und es braucht viel Know-how.

Sébastien Knecht von der Richemont Fachschule in Yverdon-les-Bains und Cécile Brabant von Agroscop mit den Broten aus den Backversuchen.

Die backfähige Brotgetreidemenge liegt rund 30 % unter derjenigen des Vorjahres. Gemäss Thomas Weisflog, stellvertretender Direktor von swiss granum, liegt die Ursache dafür einerseits bei den tieferen Ernteerträgen aufgrund der aussergewöhnlichen Witterung und des Hagels sowie bei den Auswüchsen wegen der vielen Niederschläge. Rund 95 000 Tonnen Brotgetreide mussten aus qualitativen Gründen im Futtersektor abgesetzt werden. «Mit den Lagermengen kann Stand heute eine ausreichende Versorgung sichergestellt werden», versicherte Weisflog an der Qualitätstagung.

Optimale Krumenstruktur eine Herausforderung

Es sei ein schwieriges Jahr, das von Bäcker-Confiseur/innen wie auch von den Müllern viel Know-how abverlange, erklärten Cécile Brabant von Agroscope und Sébastien Knecht, Leiter der Richemont Fachschule in Yverdon-les-Bains. Die Fallzahlen und Hektolitergewichte liegen mit einem Durchschnitt mit 78 kg/hl um 4 kg/hl tiefer als in den letzten fünf Jahren. Die durchschnittliche maximale Viskosität (maximale Verkleisterung) im Amylogramm bleibt tief und entspricht in etwa der Hälfte der Werte der Vorjahre.

Die Verkleisterungstemperaturen sind um etwa 10 Grad tiefer als 2020. Die Enzymaktivität der Stärke beurteilt Agroscope als hoch. Sie sei für die Aufrechterhaltung der Frische, die Krumenstruktur und die Krustenfarbe der Back­waren entscheidend. «Mit Teigen, die eine gute Enzymaktivität aufweisen, ist es nicht schwierig, die Frische aufrechtzuerhalten. Eine optimale Krumenstruktur beizu­behalten ist hingegen eine wahre Herausforderung», betonte Cécile Brabant. Die Laboranalysen wurden durch Agrosope durchgeführt, die Backversuche durch Richemont Romandie.

Verarbeitungshinweise

Sébastien Knecht berichtete über die Backergebnisse. Nachfolgend sein Fazit: «Die Knetzeiten sollten in Abhängigkeit von der Qualität der Ernte 2020 leicht nach oben an­gepasst werden. Das Mischen im 1. Gang kann unverändert bleiben. Wir empfehlen tendenziell eine leichte Erhöhung der Knetzeit im 2. Gang. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Teig gut geknetet ist. Aber Vorsicht, da die Toleranzgrenze nicht hoch ist. Der Einsatz glutenanregender Zusätze (Acerola, Ascorbinsäure) oder ein Aufziehen der Teige sollte nur bei sehr niedrigen Extensogramm-Verhältniszahlen notwendig sein. Mit der Lagerung des Getreides und der daraus resultierenden Oxidation neigt das Gluten dazu, sich auf natürliche Weise zu verfestigen, und die Verwendung von glutenanregenden Bestandteilen sollte neu bewertet werden (etwa Dezember / Januar).

«Es sollte darauf geachtet werden, dass der Teig gut geknetet ist.»
Aufgrund der höheren Enzymaktivität im Stärkebereich kann die Verwendung von Malz, Flüssigmalz und Enzympräparaten reduziert oder ganz weggelassen werden. Entscheidend für die Anpassungen sind jedoch die aktuellen Mehlkennzahlen der Mühlen. Es ist wichtig, dies regelmässig zu kontrollieren, um einen guten Kompromiss zwischen Frischhaltung und einer angenehmen Krumenstruktur zu erreichen.

Um den enzymatischen Abbau des Stärkekomplexes nicht zu verstärken, muss die Endtemperatur des Teigs trotz des verstärkten Knetens im 2. Gang innerhalb der empfohlenen Bereiche bleiben. Dies ist möglich, indem die Temperatur des Schüttwassers nach unten angepasst wird. In der gegenwärtigen Situation und unter Berücksichtigung der bereits oben aufgeführten Korrekturelemente ist eine Anpassung der Stock- und Stückgare sowie der Backparameter momentan nicht nötig. Aufgrund der hohen enzymatischen Aktivität ist jedoch eine Überwachung weiterhin erforderlich.»

Wichtig

«Dies sind allgemeine Tendenzen bei unbehandelten Mehlen aus der Ernte 2021. Bevor Korrekturen vorgenommen werden können, müssen aktuelle Mehlkennzahlen vorhanden sein. Die tatsächlichen Werte können sich je nach Mischungsverhältnis der alten und neuen Ernte verändern», erklärte Knecht. Sébastien Knecht betonte an der Qualitätstagung Weizen, dass die Richemont Fachschule den SBC-Mitgliedern bei Fragen gerne mit Rat und Tat zur Seite stehe.

Weniger dehnbar

In seinem Referat wies Tobias Nänny von der Groupe Minoteries SA darauf hin, dass die Teige weniger dehnbar seien, und stellte klar: «Wir werden die Mischungen anpassen müssen. Die Preise steigen an.»

Nachfrage nach Bio-Brotgetreide steigt

Beim Schweizer Bio-Brotgetreide sei die Nachfrage seitens Detailhandel hoch, bestätigte Fatos Brunner, Produktmanagerin Ackerkulturen Bio Suisse. Für die Produktion der benötigten Mengen an Weizen und Dinkel würden aktuell Umstellungsbetriebe gesucht. Die verarbeiteten Mengen stiegen in den letzten Jahren an und lagen im Getreidejahr 2020/21 bei 49 912 t. Die Produktion sei gemäss Prognosen ebenfalls ansteigend, liege aber dieses Jahr, vorbehältlich Nachmeldungen, aufgrund des witterungsbedingt schwierigen Jahres nur bei 21 420 t (davon Weizen: 18 395 t, Dinkel: 2859 t, Roggen: 165t (ein Minus von 29 % gegenüber 2020). «Herausfordernd ist in diesem Jahr zudem die Situation, dass sich die Branche auf keinen Richtpreis für Weizen einigen konnte», erklärte Fatos Brunner.

Resultate der Qualitätsanalysen swiss granum
Präsentation Sebastion Knecht/Cecile Brabant

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