Maurus Blumenthal, Direktor des Bündner Gewerbeverbands, berichtet im Blog über seine Kindheitserinnerungen an den Backtag in der Surserlva.

Die besten Capuns macht die eigene Mutter – sagen die Bündner. Bei mir backt meine Mutter auch das beste Brot. Geschmack, Geruch und Konsistenz der mit Dinkel-Mehl ergänzten Prättigauer-Mehlmischung sind einfach perfekt. Heute backt sie das Brot im elektrischen Ofen. In meiner Kindheit war dies anders. In der Gemeinde Ruschein in der Surselva, wo ich aufgewachsen bin, hatte die Gemeinde in den 1980er Jahren einen Gemeinschaftsholzbrotofen errichten lassen.

Der Lärm der Tischmühle

Der Ofen musste am Vortag ein erstes Mal mit Holz eingefeuert werden. Am Backtag selber wurde nochmals eingefeuert, um die nötige Temperatur zu erreichen. Daher haben die Backfrauen untereinander geschaut, dass mehrere Parteien am gleichen oder darauffolgenden Tag den Holzofen verwendet haben. Als Kind musste ich zuerst den 10-Kilo-Teig von Hand kneten. Die Teige – meistens drei bis vier Sorten – gingen schön auf. An den Abenden davor mussten wir jeweils noch den Lärm der elektrischen Tischmühle erdulden. Das Mehl hat meine Mutter selber gemahlen – das Rattern habe ich jetzt noch in den Ohren.

Der riesige Bauch des Ofens

Der Backtag war fein säuberlich durchgetaktet. Im Gebäude mit dem Holzofen wurden die Brotlaibe gerichtet. Das Klopfen des Teiges hat als Kind besonders Spass gemacht. Die Laibe haben wir dann auf den Backbrettern nochmals zugedeckt und gehen lassen. Danach: Kohle raus mit dem Schaber, mit dem «Schlavun» den Ofenboden nass gereinigt, die Brote schnell mit der Brotschaufel in den Ofen gelegt, damit nicht zu viel Wärme entflieht, schnell die Ofentür zu. Für uns Kinder war der Bauch des Ofens riesig. So viele Brote hat er verschlungen und wieder ausgegeben.

«Hartes Brot ist nicht hart – kein Brot ist hart.»

Die Hälfte war bereits weg

Nun war die wohlverdiente Pause angesagt. Langsam kamen die feinen Düfte aus dem Ofen in die Nase. Beim zweiten Backgang waren dann Zöpfe, «Pettas Lavantadas» und Kuchen im Ofen. Meistens gelang das Brothandwerk sehr gut. Ab und zu gingen die Brote aber nicht auf oder der Ofen war zu heiss. Die frischgebackenen Brote haben wir dann mit dem Handkarren nach Hause gezogen. Meine Mutter hat immer links und rechts der Strasse die Brote verschenkt, so dass meist die Hälfte bereits weg war, als wir zuhause ankamen. Die Morgen danach genossen wir die frischen Brote, bis diese mit jedem Tag härter wurden. Meine Mutter sagte dann immer «Hartes Brot ist nicht hart – kein Brot ist hart.»

Maurus Blumenthal ist Direktor des Bünder Gewerbeverbands und war als Geschäftsleiter des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente im Bäckerhaus, dem Sitz des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands in Bern, tätig.

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