Am SBC-Kongress vom 13. Juni, geht die zweijährige Amtszeit des renommierten Foodsensorikers Patrick Zbinden als Ambassadeur du pain et du chocolat zu Ende. Es war eine befruchtende Partnerschaft, in welcher der Branchenbotschafter mit viel Leidenschaft und Know-how mitwirkte. Den krönenden Abschluss bildet die Tour du pain et du chocolat. Dafür besuchten wir zehn Bäckereien, Confiserien und einen Lebensmittelladen in und um Zürich. Eine spannende und inspirierende Entdeckungsreise.

Nein, es sollte kein normaler Rückblickartikel über die zweijährige Zeit als Botschafter für die artisanale Schweizer Bäcker-Confiserie-Branche werden. Wir beschlossen, eine Tour du pain et du chocolat in der Region Zürich, wo Patrick Zbinden zu Hause ist, zu unternehmen. Die zehn ausgewählten Geschäfte sollen als Inspiration für die Leserinnen und Leser dienen, so Zbinden. Jeder dieser Betriebe habe etwas Besonderes, was einen Mehrwert für die Mitglieder wieder spiegelt.

Botschafter für hochwertigen Genuss

Bei strahlend schönem Frühlingswetter starteten wir unsere Tour auf einer Vespa beim Bahnhof Zürich. Schlussendlich dauerte die Tour, ohne Pause, zwölf Stunden. Die vielfältigen, innovativen Betriebe, die bereichernden Gespräche und die Degustationen sowie die mit viel Liebe und Fachwissen hergestellten und präsentierten Produkte verliehen richtiggehend Flügel und Energie für diese aufschlussreiche Genussreise. Der herzliche Empfang in den Betrieben bildete das Tüpfchen auf dem i. «Unsere Branche ist dankbar, dich, Patrick Zbinden, als Botschafter für hochwertigen kulinarischen Genuss zu wissen», unterstrich der Bülacher Confiseur Mischa Klaus.

Patrick Zbindens Fazit: «Erfolg funktioniert nur, wenn das Handwerk mit Leidenschaft verbunden ist, und zwar von der Produktion bis zum Verkauf. Echte Passion, Qualität, Authentizität und Emotionalität – das sind die Schlagwörter.» Auf der Tour haben wir immer wieder Neues, Überraschendes entdeckt. «Man muss stetig dran bleiben, Visionen haben. Es gibt immer noch Felder, die noch nicht bespielt werden.»
Als Beispiel nannte Patrick Zbinden das glutenfreie japanische Toastbrot, an dem Seri zurzeit tüftelt.

Text und Fotos: Claudia Vernocchi

Seri, Bridge Europaallee, Zürich

«Zu Beginn war meine Mission: The best Baguette», sagt Gründer und Inhaber Seri Wada, den wir vor seinem Shop in Shop in der Bridge treffen. Der ehemalige Vermögensverwalter wagte vor ein paar Jahren den Sprung in die Bäckerei-Branche. «Seri hatte eine Vision und er ist darüber hinaus qualitätsgetrieben», begründet Patrick Zbinden seine Wahl. Er sei einer der ersten Quereinsteiger gewesen und habe konsequent mit enormem Aufwand seinen Weg beschritten. Viele Start-ups hätten es in den letzten Jahren in der Lebensmittelbranche versucht und seien gescheitert – Idealismus alleine reiche nicht. Die Baguettes, aber vor allem die Croissants, begeistern Patrick Zbinden, «sie gehören mit zu den Besten in Zürich, denn es sind definitiv keine 08/15-Gipfeli». Nach der Degustation des Croissants und des Petit Pains au chocolat lautete sein begeisterter Kommentar: «Mega! Seri zelebriert das Croissant.»

John Baker, Helvetiaplatz, Zürich

Jens Jung, der Gründer und Inhaber von John Baker, ist derjenige in Zürich der, gemäss Zbinden, das Backhandwerk auf eine neue Bühne gehoben hat. Dies dank hervorragender Qualität, transparenter Produktion, seiner Authentizität und zeitgemässem Brotverkauf. John Baker sei stylisch, habe aber nichts Elitäres. Entsprechend kann John Baker vor allem ein junges und urbanes Publikum für Brot und leckeres Gebäck begeistern. «Jens Jung ist viel zu verdanken», betont Patrick Zbinden. Er erinnert sich noch an das erste Mal, als er ein John-Baker-Brot gekostet hat und meint: «Wenn dieser erste Biss, dieses Geschmackserlebnis einem im Gedächtnis bleibt, dann hast du was richtig gemacht!» Ein Detail, das Patrick Zbinden bei unserem Besuch auffällt: Ein luftig zusammengestellter Strauss mit bunten Blumen. Solch liebevolle Details würden mithelfen, einem Geschäft eine stimmige Atmosphäre zu verleihen.

BachserMärt, Kalkbreite, Zürich

Der BachserMärt ist ein Bio-Lebensmittelladen. Aber kein normaler, sondern einer, der auf Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit setzt und darüber hinaus viele ausgesuchte Bio-Delikatessen verkauft. Gleich mehrere Bäckereien beliefern den BachserMärt mit ihrem Gebäck und Brot: Bio Beck Lehmann (Lanterswil), Bäckerei Plüss (Weiningen), Vierlinden (Zürich), Kwass (Jona), Feinbäckerei Guggenloch (Au), Sourgood (Zürich) sowie die prämierte Nusstorte vom Meier Beck in Val Müstair, freitags und samstags kommt noch die Vollkornbäckerei Scharrenberg dazu (Oetwil am See). Weshalb Zbinden den BachserMärt ausgesucht habe, wollen wir wissen. Es sei die vielfältige Brotauswahl und die ausgezeichneten Produkte, welche diesen Laden einzigartig machen. Dies ist ein Spezialitätenladen, für Kund*innen denen das Thema Nachhaltigkeit, trotz höheren Preisen der Produkte, wichtig ist. Bei einem solchen «best -of»-Konzept mitzumachen, empfiehlt Zbinden jeder Bäckerei.

Bäckerei Vuaillat, Aemtlerstrasse, Zürich

«Alle reden vom Sauerteig», erklärt Patrick Zbinden. «Inhaber Martin Mayer ist jedoch derjenige, der das Thema Sauerteig konsequent umgesetzt hat. Das Angebot wirkt selbstverständlich und keinesfalls dogmatisch – das ist eines der Erfolgsrezepte von Vuaillat.» Ein gutes Beispiel und eine gute Idee sei das Trio-Brot aus drei verschiedenen Sauerteigen (weissem Sauerteig, Biersauerteig und Miche). Auch die Nussstengel und die kleinen Hefezöpfe lobt Patrick Zbinden. Die Nussfüllung wird dafür selbst hergestellt. «Es kann nicht sein, dass eine Nussstengelfüllung gleich schmeckt wie beim Grossverteiler!» Mittlerweile hat die Bäckerei Vuaillat (Produktion in Uster), 15 Sauerteigbrote im Angebot. «Bei der Herstellung nutzen wir einen langsamen, schonenden Prozess, der keine kommerziell hergestellte Hefe benötigt und profitieren von der Kraft der Natur», ist im Laden zu lesen.

Collective Bakery, Förrlibuckstrasse, Zürich

Seit 2021 verwöhnen «die jungen wilden Bäcker», wie sie in Medienberichten genannt werden, in einem trendigen Betonkubus mit lauschigem Vorplatz Bewohner*innen und Angestellte in diesem urbanen Wohn- und Geschäftsquartier. Selbst an den Wochenenden ist die Schlange der Anstehenden sehr gross. Neben Brot, Kuchen und Patisserie wird auch hochwertiger Kaffee von zwei professionellen Baristi angeboten. Die Food Waste Thematik ist dem hochmotivierten Team ein zentrales Anliegen. Was bei Ladenschluss übrig bleibt, wird weiterverarbeitet. Das Croissant beispielsweise wird zum Doublebaked Croissant. «Es handelt sich um eine Veredelung», erklärt die Patissière: Das Croissant wird dafür aufgeschnitten und mit eingedickten Orangensaft bestrichen und mit einer Creme gefüllt. «Die Kombination von Kaffeequalität und urbaner Bäckerei überzeugt», stellt Patrick Zbinden beim Verlassen der Collective Bakery fest.

Juliette, Bleicherweg, Zürich

«Toll, dass es in Zürich so was gibt», freut sich Patrick Zbinden beim Betreten der Boulangerie mit viel französischem Charme. Die Pariserin Stéphanie Borge hat das Savoir vivre nach Zürich gebracht. «Wenn jemand einen Zopf sucht, bekommt er ihn hier nicht», betont die Inhaberin. Dafür gibt es u.a. traditionelle Baguettes, buttrige Croissants und verführerische Patisserie, wie beispielsweise die Tartelette au citron. Essen sei mit Emotionen verbunden. Wenn man in ein Baguette beisse, müsse man das Gefühl haben, in Frankreich zu sein. Das Mehl importiert Juliette aus Frankreich. Der Starterfolg gibt ihr recht: Über 10 000 Croissants au beurre und rund 5000 Baguettes gingen seit der Eröffnung Ende Februar 2023 über den Ladentisch. «Hier gibt es ein Angebot, das sich abhebt, sowohl beim Gebäck wie auch bei der Patisserie», stellt Patrick Zbinden fest. «Es braucht mehr Juliettes in der Schweiz!»

Walter Buchmann, Café Berner, Hottingerstrasse, Zürich

Beim Blick in die Vitrine, in der eine grosse Auswahl an Wähen zu sehen sind, wird schnell klar: «Hier befinden wir uns im Wähenparadies», schwärmt Patrick Zbinden. Er entscheidet sich für eine Rhabarber- und eine Zwetschgenwähe (letztere gibt es mit und ohne Guss). «Für mich ist dies der Inbegriff einer Wähe, bzw. hier sind die Wähen eine Referenz.» Es könne nicht sein, so Zbinden, dass es in der sensorischen Qualität einer Wähe eines artisanalen Bäcker-Confiseurs und derjenigen eines Grossverteilers kein Unterschied gebe. Der Wähenboden ist grosszügig und wunderschön dekorativ mit Früchten belegt. Bei der Rhabarberwähe, die wir degustieren, spürt man die harmonische süsse Säure und die dünne Schicht der Haselnüsse auf dem knusprigen Boden. Das Café Berner sei seit Jahrzehnten eine «Wähen-Institution». Und ja er sei ein «Wähenkind», d.h. freitags gab es bei Zbindens zu Hause jeweils Wähen.

Confiserie Baumann, Balgriststrasse, Zürich

Die renommierte Confiserie Baumann – sie ist Mitglied des exklusiven Relais Dessert und des Confiseurrings – setzt 100 % auf Frische und edelste Rohstoffe. 98 % werde selbst hergestellt, bestätigt Inhaber Eric Baumann. Beispielsweise Vanille: Baumann verarbeitet mehrere Vanillesorten zu einer harmonisch schmeckenden Paste, welche vielfältig verwendet wird. Es wird täglich zehn Stunden produziert und direkt in den Laden geliefert, so dass es auch am späteren Nachmittag noch frische Brezel und Co. gibt.
Jedes Jahr hat die Confiserie Baumann ein Hauptthema, dem sich Eric Baumann und sein Team widmet. Da wird alles analysiert, hinterfragt und wenn nötig angepasst. Seine Produkte müsse ein Erlebnis für die Sinne sein, so Baumann. Patrick Zbinden ist vom Qualitätsdenken und der Kreativität Eric Baumanns beeindruckt und hofft, dass es auch in Zukunft solche Geschäfte geben wird.

Bäckerei-Konditorei-Confiserie Hotz, Dübendorf

Gemeinsam mit Produktionsleiter Andreas Stricker sitzen wir auf der lauschigen Terrasse, und dabei werden bei Patrick Zbinden Kindheitserinnerungen wach. In den Schulpausen schlichen sich die Schüler*innen jeweils zu Hotz und «verdrückten» haufenweise die Mini-Buttergipfeli oder die preisgünstigen Studentenschnitten. «Das war das Nonplusultra!» Ab und an wurde eine Schulaufsicht auf dem Trottoir vor dem Hotz positioniert, denn es war offiziell nicht erlaubt in den Pausen bei Hotz einzukehren. Heutzutage wäre so etwas unvorstellbar …
Die Studentenschnitte (heute Schoggi Schnitten) existiert noch immer im Hotz-Sortiment, die kleinen Gipfeli sind jedoch verschwunden, was Zbinden sehr bedauert.
Die Sortimentsanpassungen seien immer eine Gratwanderung, erklärt Andreas Stricker. Trotzdem werde er sich auf die Suche nach dem Rezept für die Minigipfel machen und falls sie wieder produzierte werden, bekommt Patrick Zbinden Bescheid. Eines der Leaderprodukte bei Hotz sind die Küssli, über 100 000 Stück werden jährlich davon produziert.

Klaus Genuss Manufaktur / Confiserie, Bülach

Schon beim Betreten der Klaus Genuss Manufaktur wird einem schnell klar, dass hier ein einzigartiges Laden- bzw. Verkaufskonzept umgesetzt wurde. «Die neue Erlebniswelt möchte den Kunden ins Zentrum stellen» betont Mischa Klaus (siehe auch «Panissimo» vom 23.11.2022). Für Zbinden ist dies zurzeit die schönste Confiserie der Schweiz. Er ist nicht nur von der schönen und funktionalen Innenarchitektur äusserst angetan, sondern auch von den Produkten, welche in den unterschiedlich positionierten Vitrinen angeboten werden. Für die Pralinen und Amarettis mit Alkohol verwendet Klaus hochwertige Spirituosen einer lokalen Brennerei – dies schmeckt der Sensoriker und Spirituosenkenner Zbinden beim Degustieren sofort heraus. Die Genuss Manufaktur Klaus war für ihn kein unbekannter Betrieb. Wusste er doch von Freunden, dass diese extra von Zürich nach Bülach fahren, um dort das vorzügliche Apéro-Gebäck zu besorgen.


Weitere Impressionen in der Bildergalerie


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