Lange war das Berufsbild des Bäckers männlich. Wie sieht es heute aus? Über diese und weitere Fragen wird am 8. März, am Weltfrauentag, an der ersten Veranstaltung der Reihe «Brotphilosophie» des Vereins BrotZeit Schweiz diskutiert. «Panissimo» hat vorab bei den beiden Berufsfrauen und Diskussionsteilnehmerinnen Claudia Bischof und Julia Ernst nachgefragt …

Das männliche Berufsbild eines Bäckers ist Vergangenheit, weil…

Claudia Bischof: … dieses Berufsbild nicht mehr nur von der Muskelkraft abhängt. Weil Frauen in der Schweiz heute die Möglichkeit haben, sich selbständig in der Arbeitswelt zu bewegen. Und vor allem, weil Frauen gelernt haben, in den von Männern dominierten Arbeitsbereichen einen Platz zu erarbeiten.

Julia Ernst: Das ist offensichtlich! In meiner Berufsschulklasse beträgt der Anteil Frauen 80 %. Im Betrieb ist das Verhältnis noch etwas anders, da sind rund ein Drittel Männer.
 

Und wer hat in der Backstube wirklich die Hosen an?

C.B.: Die oder der welche*r die Verantwortung trägt. Im besten Fall ist es eine Person, welche die dafür nötige Sozialkompetenz und das Fachwissen besitzt.

J.E.: In unserem Betrieb gibt es fast gleich viele männliche wie weibliche Teamleader*innen. Diejenigen, die gerne Verantwortung übernehmen und das auch können, haben die Chance, das zu tun – egal ob Frau oder Mann. 
 

Was können Männer von ihren weiblichen Berufskolleginnen lernen?

C.B.: Dass es miteinander immer am besten gelingt. Dass der kürzeste oder schnellste Weg nicht immer der richtige oder erfolgreichste ist. Und, dass – nebst den qualitativen Aspekten der Rohstoffe – das «Wie» entscheidend ist – in der Zusammenarbeit, beim Produkt und beim Kundenkontakt.

J.E.: Wir alle haben nicht ausgelernt, das ist bei den Männern nicht anders. Sie könnten an ihrer Kommunikation feilen … Jedoch ist die Hilfsbereitschaft der Männer sehr gross, hier könnten einige Frauen dazulernen.
 

Was sind die Vorteile eines Teams aus Frauen UND Männern?

C.B.: Dass die Ressourcen beider Geschlechter zum Wohle des Betriebsklimas sowie des Betriebserfolges genutzt werden können.

J.E.: Es ist spannender und vielseitiger im Austausch. Ich mag die gemischten Teams, es fühlt sich besser an.
 

Was schätzen Sie an der Branche?

C.B.: Das sinnvolle Tätigsein für die Menschen. Die Möglichkeit, kreativ zu sein. Übergeordnete und grössere Zusammenhänge aufgreifen und mitgestalten zu können, wie beispielsweise die Zukunftsgestaltung der zusammenhängenden Berufsgruppen – Bäcker, Landwirt, Müller.

J.E.: Die Arbeit mit Lebensmitteln und weil die Kundinnen und Kunden mit den Leckereien ein Stück Glück erhalten. Ich geniesse es, dass es ein handwerklicher Beruf ist, bei dem ich Kopf und Hände einsetzen kann.
 

Welches ist Ihr Lieblingsprodukt aus der Branche?

C.B.: Das St. Gallerbrot.

J.E.: Unser Knusperhausbrot, das passt einfach immer.
 

Claudia Bischof hat 1984 ihr Diplom als Bäcker-Konditorin erlangt. Nach zwei «Wanderjahren» eröffnete sie mit einer Freundin zusammen eine Bio-Holzofen Bäckerei im Emmental. Nach dem Wechsel in den Sozialbereich leitete sie über zehn Jahre die Reittherapie im Wohnheim Wyssestei in Solothurn und danach die Backwerkstatt im Rüttihubelbad in Walkringen. Heute ist sie selbständig und steht als Aushilfe wieder in der Backstube der Bio Bäckerei Lehmann in Lanterswil (TG).

Julia Ernst ist 16-jährig und hat 2021 die Lehre als Bäckerin-Konditorin in der Bio-Bäckerei Lehmann gestartet.Sie bäckt leidenschaftlich gerne. Neben ihrem Talent in der Backstube verblüfft sie mit Ju-Jitsu Tricks und liest fürs Leben gerne Fantasy Romane. Dass sie einst in der Backstube stehen würde, wusste Julia bereits in der dritten Klasse.

Veranstaltungsreihe «Brotphilosophie»
Dabei dreht sich «Alles rund ums Brot» und wurde vom Verein BrotZeit Schweiz gemeinsam mit dem Neubad Luzern ins Leben gerufen. An insgesamt fünf Abenden vermitteln Expertinnen und Experten spannendes Wissen rund ums Brot. Zur Webseite…

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