Daniel Hächler hat 2018 den Familienbetrieb (Bäckerei-Konditorei Hächler AG) in Seengen (AG) übernommen. Wie es ihm ergangen ist, worauf es zu achten gilt und was er als Nächstes angehen wird, erzählt er «panissimo» im Interview.

Der Besuch von «panissimo» in Seengen fand vor der Corona-Krise statt. «panissimo» hat sich im Nachhinein erkundet, was sich seither geändert hat.
2018 haben Sie den Betrieb von Ihren Eltern übernommen. Wie haben Sie dies erlebt?
Da der Betrieb meines Vaters gut lief und immer noch gut läuft, war die Übernahme einfacher, als wenn ich eine neue Bäckerei-Confiserie aus dem Boden «gestampft» hätte.

Welche Tipps geben Sie einem Jungunternehmer /einer Jungunternehmerin aufgrund Ihrer Erfahrungen?
Die Preise der Produkte und der Rohstoffe sollten unter die Lupe genommen werden. Dies war eine meiner ersten Amtshandlungen. Ich stellte mir die Frage: Mit welchen Produkten verdiene ich Geld? Es kristallisiert sich schnell heraus, wenn der Preis zu tief ist.

«Bei den Rohmaterialien sollte nicht gespart werden. Der Preisunterschied ist gering und der Qualitätsunterschied gewaltig.»

Ich habe unser Sortiment reduziert und gleichzeitig optimiert – es ist immer noch breit, aber die Auswahl pro Sparte ist kleiner. Die Kundinnen und Kunden zeigen meist Verständnis für Anpassungen. Wir bieten wöchentlich neue Produkte an, unsere Kundschaft schätzt diese Abwechslung.
Bei den Rohmaterialien sollte nicht gespart werden. Der Preisunterschied ist gering und der Qualitätsunterschied gewaltig.
Zudem sollten die Produktionsabläufe überprüft und wenn nötig angepasst werden.

Worauf gilt es allgemein zu achten?
Die Produktion muss rund laufen. Es müssen nicht die neusten Maschinen in Einsatz stehen, aber eine regelmässige Wartung ist wichtig. Und was nicht unterschätzt werden sollte: Die Messer müssen perfekt schneiden. Denn sonst geht viel Zeit verloren.
Zudem sollte auch das Team gut harmonieren.
Wichtig ist, dass man keinen Schritt zurück macht, sondern immer nach vorne – auch wenn es nur kleine Schritte sind.
Und einer der wichtigsten Punkte: Der Unternehmer muss wissen, welches seine Ziele sind, was er erreichen will – und daran muss er festhalten. Diese Vision muss sich durch das gesamte Unternehmen ziehen und die Mitarbeitenden müssen ins Boot geholt werden.

Gab es in der Zeit der Übergabe Herausforderungen zu meistern?
Der Wandel vom Mitarbeiter zum Chef war anfangs schwierig. Das Personal musste mich und meinen Führungsstil zuerst kennenlernen. Dazu kommt, dass ich nicht immer den ganzen Tag im Betrieb bin. Die Angestellten mussten sich neu organisieren. Denn mein Vater wohnt in der Wohnung über der Bäckerei und war bei Fragen jederzeit erreichbar.
Auch die Kommunikation ist nicht zu unterschätzen. Ich muss mich an der Nase nehmen, dass ich die Angestellten immer informiere.

Wie haben Sie sich auf die Über­nahme vorbereitet? Holten Sie sich extern Hilfe?
Die Weiterbildungen haben mir sehr viel gebracht. Ohne dies wäre ich heute ziemlich «aufgeschmissen». Ich habe ein besseres Verständnis für die Betriebszahlen und weiss, an welchen Hebeln ich schrauben muss.
Zudem habe ich mich mit Berufskolleginnen und -kollegen ausgetauscht und hatte ein Gespräch mit einer Beraterin. Ich war sehr motiviert, wollte vieles verändern und war frustriert, weil es nicht so schnell ging wie gedacht.

Worauf legen Sie Wert?
Ich möchte die traditionellen Produkte an die Qualitätsspitze treiben. Es gibt viele alte Produkte, die in Vergessenheit geraten sind. Die Innovation ist, diese in bester Qualität wieder in den Vordergrund zu rücken. Einige Bäcker-Confiseure fixieren sich zu sehr darauf, Neues zu entwickeln. Es geht Jahre, bis ein Produkt perfekt gelingt.

«Neue Entwicklungen sollten meiner Meinung nach erst angegangen werden, wenn die Grundprodukte perfekt sind.»

Neue Entwicklungen sollten meiner Meinung nach erst angegangen werden, wenn die Grundprodukte perfekt sind.


Was möchten Sie als nächstes angehen?
Bald startet der Umbau: neue Backstube, neuer Laden und ein Café. Mein Grossvater führte ein Café / Tearoom. Mein Vater hat drauf verzichtet, da es in seiner Zeit weniger gefragt war. Ich möchte den Cafébetrieb wieder aufnehmen. Ein positiver Nebeneffekt: Es ist ein Kundenmagnet.

«Ein positiver Nebeneffekt eines Cafés: Es ist ein Kundenmagnet.»

Es wird eine Herausforderung, denn ich habe noch wenig Erfahrung im Gastronomie-Bereich. Derzeit absolviere ich einen Barista-Kurs und übe fleissig zu Hause. Mein Ziel ist ein erstklassiger Café crème aus der Kolbenmaschine.

Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Beruf und Privatleben?
Ich versuche, meine Arbeitszeiten im Griff zu haben. Eine Arbeitswoche sollte 60 Stunden nicht überschreiten. Zudem plane ich ab und zu ein verlängertes Wochenende ein. So habe ich genug Zeit, um abzuschalten und mein Privatleben zu geniessen.

War es schon immer Ihr Wunsch, den Betrieb Ihrer Eltern zu übernehmen?
Der Wunsch hat sich entwickelt. Meine Eltern haben mich nie unter Druck gesetzt, und das habe ich auch mich selbst nicht. Das Interesse an einer Übernahme stieg je länger ich auf dem Beruf arbeitete.

«Aus Fehlern lernen ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt. Erfahrungen können dir nicht weggenommen werden.»

Ein Unternehmen führen kann jeder … was meinen Sie zu dieser Aussage?
Kann ein Schwinger Marathonläufer werden?

Was würden Sie rückblickend anders machen?
Schwierig zu sagen. Da gibt es viele Punkte. Etwas Spezifisches fällt mir nicht ein. Was ich aber sagen kann ist, aus Fehlern lernen ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt. Erfahrungen können dir nicht weggenommen werden.

Was würden Sie nochmal genau gleich machen?
Den Fokus auf die Tradition und Qualität setzen.

Wie ist es Ihnen seit dem Beginn der Corona-Krise ergangen?
Wir haben das grosse Glück, dass unser Betrieb während der Corona-Krise weiterhin gut läuft. Unser Café ist erst in Planung und wir haben nur wenige Restaurantlieferungen. Somit konnten wir die Einbussen des Liefergeschäftes fast mit dem Mehrumsatz in unseren Ladenlokalen kompensieren. Wir fokussieren uns immer auf den Verkauf in unseren Ladenlokalen. Das Liefergeschäft ist für uns weniger interessant, da die Abhängigkeit grösser ist. Wenn wir einen Kunden im Laden verlieren, ist das viel weniger schlimm als eine grosse Lieferung.
Wir profitieren von unserer ländlichen Lage. Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner arbeiten vermehrt von zu Hause aus und kaufen vor Ort ein.
Die Situation ist für uns alle schwierig und eine Premiere. Wir können niemanden fragen, wie wir vorgehen sollen. Ich versuchte immer, Ruhe zu bewahren, die An­weisungen des Bundesamtes für Gesundheit zu befolgen und weiterzumachen. Bis jetzt hat es gut funktioniert. Das Wichtigste ist, dass alle gesund sind.

Daniel Hächler

2007: Abschluss Berufsausbildung in der Bäckerei-Konditorei Ruckli, Sarmenstorf; 4. Platz an den Schweizer Meisterschaften
2008/09: Berufspraxis Bäckerei Aebersold, Murten, und RS
2009: Europameisterschaft Bäckerjugend, Platz 1 mit Team Schweiz
2010: WM Verona (I), Platz 2; Berufspraxis Merz, Chur
2012: Berufspraxis Richemont Fachschule
2013: Abschluss Berufsprüfung
2014: Berufspraxis Confiserie Boillat, St-Prex
2015: Europameisterschaft Nantes, Platz 2; Einstieg in Familienbetrieb als Produktionsleiter
2016: Abschluss Fachmann Unternehmensführung SIU
2018: Geschäftsführer Bäckerei-Konditorei Hächler, Seengen
2019: Weiterbildung bei Foodward – Food Product and Sales Managment

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