Die Genossenschafter sprachen Pistor an der 101. Generalversammlung nach einer – vor allem im Vorfeld – mit viel Emotionen geführten Diskussion mit überzeugendem Mehr ihr Vertrauen aus.

208 Stimmende waren an der 101. Generalversammlung der Pistor Holding Genossenschaft im KKL Luzern vertreten. Eine beachtliche Teilnehmerzahl. Die Spannung war gross. Der Grund: Franz Willi (Sempach) forderte von Pistor ein grösseres finanzielles Engagement für die Branche und im Speziellen für die einzelnen Genossenschafter: Beschränkung des Bruttogewinns auf 15 % zu Gunsten von Bäckereiprodukten und Rückvergütung auf 3,5 % (+75 %) erhöhen, sofern der Cashflow unter 35 Mio. CHF ist 2,5 % (+ 25 %). Pistor unterbreitete folgenden Gegenvorschlag: Führen der Pistor Firmengruppe gemäss Gesetz und Statuten. Festlegen der Ausschüttungen, Rückvergütungen und Leistungen an die Branche zu Gunsten der Eigentümer und weiterhin Anstreben einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit.

Der Antrag von Franz Willi wurde in eine Empfehlung umgewandelt, da diese Beschlüsse nicht in der Kompetenz der GV liegt, sondern des VR bzw. der GL. Gemäss juristischer Auskunft würden dies die Statuten, aber auch das Obligationenrecht nicht zulassen. Für VR-Präsident Willi Suter und die Pistor war aber klar, dass an der GV eine Diskussion geführt wird, alles andere «ist hochnäsig. Für uns ist es wichtig, die Basis zu spüren».

Grösse und Weitsicht zeigen

Der Sempacher Bäckermeister Franz Willi lobte den demokratischen Grundgedanken der Pistor und betonte, dass auch er eine selbstständige Pistor wolle. Aber es gehe auch um die Unterstützung von Kollegen und Eigner, die ums Überleben kämpfen würden. Die zusätzlichen Millionen seien für Pistor verkraftbar. Denn trotz Jubiläumsjahr habe die Pistor einen höheren Cashflow erzielt. «Zeigen wir Grösse und Weitsicht!» Um zu signalisieren, dass es ihm nicht um Eigeninteresse gehe, werde er die ihm zustehenden 10 000 CHF für Start­up-Unternehmen der Proback überweisen.

Kritik übte er auch an den zu hohen Margen der Pistor: «Hier hat Pistor die Hausaufgaben nicht gemacht.» Er zeigte sich überzeugt, dass mit attraktiven Preisen der Cashflow sogar erhöht werden könne, und wies darauf hin, dass Branchenmitglieder nicht bei der Pistor bestellen würden. «Gebt dem Verwaltungsrat den Mut, uns kräftiger zu unterstützen», rief er die Anwesenden auf.

Nicht ins trübe Wasser

Für viele sei der Preis das zentrale Thema, erklärte VR-Präsident Willi Suter. Aber: Pistor sei zwar nicht der günstigste Anbieter, aber derjenige mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Pistor-Verantwortlichen nahmen das Anliegen ernst und zeigten ausführlich die negativen Folgen einer Umsetzung der Forderung von Franz Willi auf.

Sie liessen verschiedene Fachpersonen und Kunden zu Wort kommen: Pistor-CFO Peter Steinmann mahnte, die Pistor dürfe nicht in trübes Gewässer steuern, denn hier werde es schwierig mit der Steuerung.

Die Gastronomie ist seit den 1980er-Jahren der Wachstumstreiber der Pistor. Ohne die Gastronomie hätte es die Pistor sehr schwierig, so Pistor-CEO Markus Lötscher. Christian Keller, Supply chain operations director bei SV Schweiz AG, schätzt die «optimale Logistik» der Pistor und hob hervor, dass die digitale Herausforderung und das Informationsbedürfnis die grössten Herausforderungen seien.

Die Wichtigkeit der Digitalisierung unterstrich auch Roni Merz (Chur): «Wir sind alle damit konfrontiert.» Er erinnerte an das E-Banking, das Kassasystem. «Es ist überlebenswichtig, aktiv dran zu bleiben.» Er brauche eine leistungsfähige Datenbank für Bestellungen und die entsprechenden Deklarationen.

Der Experte für Verwaltungsratsfragen Silvan Felder (Verwaltungsrat Management AG) lobte die professionelle Arbeit des Pistor-Verwaltungsrates und äusserte juristische Bedenken im Zusammenhang mit dem Begehren. Hier werde die unternehmerische Gestaltungsmöglichkeit eingeschränkt, was die Existenz gefährde.

Heinz Vogel, Mitglied der GL der BDO (Revisionsstelle Pistor) erinnerte daran, dass Pistor eine grosse Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden und den Genossenschaftern trage, «ein Experiment ist unverantwortlich». Pistor müsse in die Zukunft investieren können und für Krisen Reserven aufweisen können.

Pistor nicht schwächen

Das Begehren von Franz Willi gehe zu weit, unterstrich SBC-Präsident Silvan Hotz. Die Geschäftsleitung des Verbandes sei der Meinung, dass dies die Pistor nachhaltig schwächen würde, zumal diese Massnahme keine Betriebe, die heute nicht mehr überlebensfähig sind, retten könnte. Diese brauchen die Unterstützung von Proback und den SBC-Institutionen. Pistor stehe in einem hart umkämpften Markt. Dieser lasse gar nicht zu, dass exorbitante Preise oder Margen erhoben werden, sonst werde einfach anderswo eingekauft. «Pistor darf nicht ausgehöhlt werden. Wir würden alle verlieren», warnte Silvan Hotz.

Grosse Herausforderungen

Pistor-CEO Markus Lötscher ging während den drei Stunden auf die einzelnen Punkte eingehend ein, argumentierte und brachte Beispiele. So wies er darauf hin, dass Pistor heute und in Zukunft vor grossen Herausforderungen stehe, die entsprechende finanzielle Mittel erfordern, unter anderem die digitale Welt: «Pistor muss sich in nächster Zeit extrem weiterentwickeln, will sie nicht überrollt werden.»

Klares Abstimmungsresultat

Der Antrag von Franz Willi, die Abstimmung geheim durchzuführen, wurde mit 161 Nein- und 9 Ja-Stimmen abgelehnt. Das Begehren von Franz Willi erhielt 8 Stimmen, die Pistor 155.

Das Anliegen warf im Vorfeld hohe Wellen und wurde am Anlass emotional diskutiert. Verwaltungsratspräsident Willi Suter führte mit viel Gespür und Kompetenz durch die fünfstündige Generalversammlung und war massgeblich mit­verantwortlich, dass die Diskussion mehrheitlich fair geführt wurde.

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