«Gemeinsam entfalten wir Wirkung» unter diesem Titel fand am Mittwoch der diesjährige Event «Fokus Food Save» von United Against Waste (UAW) in Bern statt. Es wurde auf die vielen Gefahren hingewiesen, Lösungswege präsentiert, Ziele aufgezeigt und engagiert diskutiert. Fazit: Sensibilisieren alleine reicht nicht, es braucht Massnahmen und ein gemeinsames Wirken von Bund, Kantonen, Gemeinden, der Wirtschaft und den Verbänden.

Rund ein Drittel aller essbaren Anteile von Lebensmitteln geht zwischen Acker und Teller verloren oder wird verschwendet, das sind pro Jahr rund 2.8 Mio. Tonnen. Deshalb hat der Bund einen Aktionsplan ins Leben gerufen, der mit zahlreichen Massnahmen die Halbierung des Food Wastes bis 2030 – als Vergleich dient das Jahr 2017 – erreichen möchte. Ein wichtiges Element dieses Aktionsplans ist die branchenübergreifende Vereinbarung zur Reduktion der Lebensmittelverluste, die der Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verband SBC ebenfalls unterzeichnet hat. Mit Hilfe dieses Dokuments will der Bund die Umsetzung «der eigenverantwortlichen Massnahmen der Wirtschaft koordiniert angehen». Die Organisationen und Unternehmen aus dem Handel, der Gastronomie, der verarbeitenden Industrie und Landwirtschaft, welche dieses Papier unterzeichnet haben, verpflichten sich, die vermeidbaren Lebensmittelverluste bis 2030 zu halbieren. Dabei sollen die Fortschritte regelmässig erhoben und kommuniziert werden.

Erstes Starterkit für Messungen

Susanne Blank, Leiterin Abteilung Ökonomie und Innovation beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) berichtete am UAW-Anlass über den Stand der Arbeiten. Es sind drei Arbeitsgruppen gebildet worden, für die Bereiche Verarbeitung, Handel und Gastronomie. Bei allen seien die Datenerhebung und die Berichterstattungsmethoden verabschiedet worden. In der Gastronomie gebe es zudem eine erste Version eines Starterkits für die Messungen der Lebensmittelabfälle.

Messung von Food Waste als Bedingung

Auch der Bund treibe einige Massnahmen voran, so beispielsweise beim öffentlichen Beschaffungswesen. Hier stehe der Behörde ein grosser Heel zur Verfügung, unterstrich Blank. Das neue Verpflegungskonzept des Bundes soll Lieferfirmen verpflichten, den Leitfaden zur Vermeidung von Food Waste anzuwenden. Bedingung sei, dass Food Waste gemessen werde. Ziel sei es, dass dies auch die Kantone und Gemeinden einführen würden. Eine weiterer Punkt ist die Diskussion um die Haltbarkeitsdauer.

Haltbarkeit: Äss-Bar mit guten Erfahrungen

Johanna Otto erzählte am UAW-Event von der Erfolgsgeschichte im Kanton Luzern, wo eine Sensibilisierungskampagne für Privathaushalte lanciert worden ist. Die zusammengestellte Roadshow soll nun auch in anderen Kantonen gezeigt werden. Ott präsentierte zudem eine von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (zhaw) entwickelte Webseite für die Lebensmittelabfrage (siehe Link am Ende des Textes). Da sind wichtige Informationen zur Verwendung von Lebensmitteln über das Mindesthaltbarkeits- (MHD) und Verbrauchsdatum (VD) hinaus enthalten. Das Luzerner Projekt soll nun 2024 auf die gesamte Zentralschweiz ausgedehnt werden. «Ohne diesen Leitfaden wären wir verloren», erklärte Äss-Bar-Gründer Sandro Furnari. Damit könnten in der Äss-Bar die Produkte problemlos verkauft werden. In der Diskussion kam ausserdem klar heraus, dass die Digitalisierung beim Food Save immer wichtiger wird.  

Susanne Blank wurde zum Schluss noch gefragt, was geschehen müsse, damit das Halbierungsziel erreicht werden könne. Mit den Massnahmen stünde ihnen ein grosser Hebel zur Verfügung, beispielsweise bei der Sensibilisierung und bei der Beschaffung, meinte sie. Blank bestätigte allerdings, dass die Konsument*innen das schwierigste Feld darstellen würden.

Teigwaren mit Brot

Raul Osorio von Aemisegger Teigwaren präsentierte am Fokus Food Save das innovative Projekt Teigwaren aus gerettetem Brot, welches anschliessend auch zum Lunch degustiert werden konnte. Er sei auf der Suche nach Partnern, die ihr übrig gebliebenes Brot für seinen Betrieb zur Verfügung stellen würden, betonte Osorio.

Food Save Woche in den Niederlanden

Der Holländer Toine Timmermans, Direktor von Food Waste Free United, zeigte auf, welche Massnahmen seine Stiftung umgesetzt und welche Erfolge sie erzielt hat. Die Organisation hat die Vermeidung, Reduzierung und die Wertsteigerung von Lebensmittelabfällen in der gesamten Lebensmittelkette zum Ziel. Sie setzt auf die Kooperation mit der Wirtschaft, Organisationen, der Wissenschaft sowie der Regierungen im In- und Ausland. «Gemeinsam werden wir die Niederlande zu einem der ersten Länder der Welt machen, welche den Food Waste um die Hälfte reduziert», prophezeite Timmermans. Eine der Massnahmen, die mit Partnern wirksam umgesetzt worden ist: Die «Food Waste free Week» im September, eine Woche ohne Food Waste (siehe Link am Ende des Textes).

Die Konsument*innen ins Boot holen

In seinem Referat verriet Luca Geisseler, CEO von Fehr Advice, unter dem Titel «Ohne sie geht es nicht: Wie wir Konsument*innen ins Boot holen» verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Empfehlungen. Er erinnerte u.a. daran, die sozialen Aspekte nicht zu vergessen. Das Verhalten hange stark davon ab, was andere von einem denken. Damit dieses verändert werden könne, müsse man es auch verstehen. «Je nach Positionierung in der Verhaltensänderungsmatrix bedarf es anderer Massnahmen. Am effektivsten wirkt ein komplementäres Massnahmenbündel“, erklärte Geisseler.

UAW: Vorstand gewählt

An der Mitgliederversammlung des Vereins United Against Waste (UAW) in Bern, die vor dem Fokus Food Save 2023 Event durchgeführt worden war, wurde der Vorstand in Globo gewählt: Präsident Silvan Pfister (Pistor), Vizepräsidentin Julia Baumann (Lidl Schweiz); Vorstandsmitglieder: Michelle Keusch (GastroSuisse), Christian Müller (Nestlé Suisse SA), Peter Wicki (Solfina), Sophie Bosshart (Transgourmet Schweiz AG), Janine Bolliger (HotellerieSuisse), Marcel Coray (Kantonsspital Graubünden). Barbara Gobeli ersetzt als Vertreterin des ZFV Olga Steiger, sowie Claudio Grolimund als Vertreter von Unilever Food Solutions für Nadia Meier. UAW zählt 190 Mitglieder.

192 Tonnen Food Save

Präsident Silvan Pfister hob in seiner Begrüssung das Motto „Gemeinsam entfalten wir Wirkung“ hervor. Die gesamte Wertschöpfungskette, vom Acker bis zum Teller, müsse auf dieses Ziel hinarbeiten. In der Gastronomie hätten 2022 192 Tonnen Food Waste in der Gastronomie verringert werden können. Dank gezieltem Foodsave-Management in den Betrieben. Über 1.4 Mio. CHF hätten damit nur an Warenwert eingespart werden können.

 www.united-against-waste.ch

samentegenvoedselverspilling.nl

Claudia Vernocchi

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