Mit dem Titel «Ich weiss, wie du tickst – wie man Menschen durchschaut» verriet der Motivationstrainer und Buchautor Martin Betschart an der Ostschweizer Berufsfrauentagung in Rheineck (SG) sein Rezept: Das Verhalten und die Physionomie berücksichtigen – «dann haben Sie Erfolg». Ein Schritt in eine bessere Welt ohne Konflikte und Enttäuschungen.

Martin Betschart referierte an der Ostschweizer Berufsfrauentagung.

Es ist nicht der erste Auftritt von Martin Betschart vor den Ostschweizer Berufsfrauen (und -männern). Bereits vor drei Jahren hielt der Mentalcoach der erfolgreichen Skirennfahrerin Corinne Suter ein Referat zum Thema «Handeln statt jammern – agieren statt reagieren» («Panissimo» 14. Juni 2019). Dieses Mal stand die professionelle Menschenkenntnis im Fokus.

«Wer von euch wurde schon mal von Menschen enttäuscht?», fragte Betschart zu Beginn in die Runde. Wer habe schon mal das Gefühl gehabt, den anderen Menschen nicht zu verstehen? Fragen, die ihn bereits sein ganzes Leben lang beschäftigen, erklärte der Referent.

«Lebensdummheiten»

Behandle einen Menschen so wie du behandelt werden möchtest – diesen Leitsatz bezeichnete der renommierte Buchautor als «totalen Schwachsinn». Solche alten «Lebensdummheiten» würden sich jahrelang halten und nicht in Frage gestellt. Die Menschen würden von sich ausgehen, statt vom Gegenüber, in der Partnerschaft, im Beruf, wie auch in der Kindererziehung. Die Ursache von Konflikten. Denn es gebe Menschen, die eher introvertiert und andere, die extrovertiert seien.

Das Verhalten der Menschen sei unterschiedlich, jeder ticke anders, «wir haben acht Milliarden verschiedene Persönlichkeiten auf dieser Erde». Betschart warnte davor, über einen Menschen nur aufgrund seines Verhaltens zu urteilen, «das ist brandgefährlich». Viel wichtiger sei die Physionomie.

Er zählte bei seinem Auftritt «eine weitere Theorie auf, die sich hartnäckig hält», nämlich die Existenz einer linken und rechten Hirnhälfte: Das stimme nicht. Betschart hielt als Beweis ein Modell eines Hirns in die Höhe und zeigte auf das Gross-, das Stamm- und das Zwischenhirn. Er nannte in diesem Zusammenhang mehrmals den US-amerikanische Hirnforscher Paul D. MacLean. Dieser hat das Konzept dreieiniges Gehirn («Triune Brain») entwickelt.

Die drei Farbtypen

Gemäss Martin Betschart lassen sich die Menschen grob in drei Typen einordnen:  Die blauen Menschentypen seien vom Grosshirn dominiert, die grünen vom Stammhirn und die roten vom Zwischenhirn.

  • Der blaue (Ektomorph) ist zukunftsgerichtet, wird vom Verstand regiert, verfügt über einen rationalen IQ, handelt vernünftig, logisch und wirkt steif. Er ist eher ein Einzelgänger und mag keine Umarmungen. Er ist nicht spontan, sondern braucht genügend Vorlaufzeit.
    Seine Körperstatur ist schmal, schlank, filigran. Der Oberkörper ist nach vorne hängend. Seine Bewegungen sind fahrig. Das Gesicht ist schmal und dünn. Die Hände sind feingliedrig, schlank, zart und lang. Der Händedruck ist distanziert und die Hände stecken oft in den Hosen- oder Jackentaschen.
  • Der rote (Mesomorph) ist der Willenstyp, ein Ideenlieferant, ein Macher, ein Alphatier, ein emotionaler Mensch und ein Anreisser, der aber nicht dranbleibt. Er reagiert impulsiv, braucht Action und Power. Er ist gegenwartsgerichtet, sprungbereit und besitzt einen grossen Bewegungsdrang. Vor allem Schulkindern bereite dies Schwierigkeiten, so Betschart. Sie würden mit Ritalin ruhig gestellt  – «ein Riesengeschäft!». Immer wieder kritisiert der Mentaltrainer das herrschende Schulsystem. «Wie oft haben Sie in der Schule Spass gehabt?», war eine seiner Fragen. Wenn die Menschen Spass an der Sache haben, würden sie auch mehr lernen.
    Wenn sich der rote Menschentyp ein Gerät kaufe, lese er nicht zuerst die Bedienungsanleitung, sondern probiere dieses gleich aus. Er braucht Herausforderungen, sucht den Wettbewerb, will sich messen.
    Der Körperbau ist muskulös, kräftig. Er verfügt über markante Gesichtszüge. Die Hände sind gross und kräftig, ebenso ist sein Händedruck.
  • Der grüne (Endomorph) ist ein Gemütstyp, gefühlgesteuert und gefühlvoll, gesellig sowie vergangenheitsgerichtet. Er mag keinen Wettbewerb, liebt die Gemeinsamkeit und steht auf Bewährtes. Der Grüne besitzt einen starken sozialen IQ, kann gut mit Menschen umgehen und ist ein Kontakter. Er verbindet Menschen und kann diese begleiten.
    Äusserlich wirkt er eher rund, sein Schwerpunkt ist tief. Das Gesicht ist ebenfalls rund und weich, die Hände sind klein und weich, der Händedruck schlaff und oftmals feucht. Die Haltung und Bewegung sind entspannt, bequem, weich, rund und fliessend.

Die Farbtypen im Verkauf

Martin Betschart zeigte mit Beispielen den Umgang mit diesen drei Menschentypen im Verkauf auf. Der Rotdominierte mag es schnell. Beim Grünen muss die Verkäuferin besonders freundlich und nett sein. Der Blaue verfügt über ein grosses Wissen – «Wikipedia ist eine seiner Lieblingswebseiten …». Der Referent wies darauf hin, dass ein Kunde im Laden dynamisch wirken könne. Sein Verhalten aber nicht immer zu ihm passe. Sein Tipp: Einen Vergleich zwischen dem Verhalten und der Physionomie machen und sich fragen: Passt das zusammen?

Die Mitarbeitermotivation

Auch die Mitarbeitenden können mit diesem Konzept auf optimale Weise motiviert werden: Als Anerkennung will der grüne Typ eher in die Arme genommen werden, als Bares in die Hand zu kriegen, im Gegensatz zum blauen. Der rote hingegen bevorzugt ein Standing Ovation.

Im Team bringe der grüne das Menschliche hinein, der blaue sei der Planer und der rote reisse an. Wie sieht jedoch das ideale Team aus? Eines, das sich verstehe, dessen Aufgaben klar definiert seien, lautete die Antwort von Martin Betschart.

Bin ich das Original oder nur die Kopie?

Er betonte, dass es bei diesen Menschentypen weder gut noch schlecht gebe. Zudem sei niemand nur rot, grün oder blau. Jeder habe von allem etwas. Es stelle sich die Frage: Was ist am stärksten vorhanden? Wichtig sei, dass nicht bewertet werde. Man müsse berücksichtigen, was der Mensch benötige. Betschart warnte davor zu versuchen, den Partner zu erziehen. «Wenn ich dies verstanden habe, spare ich viel Zeit und Energie!» Dabei gelte es, authentisch zu sein. Doch was bedeutet dies? Bin ich das Original oder nur eine Kopie? Betschart erwähnte in diesem Zusammenhang das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen. Umso stärker diese vorhanden seien, desto überzeugender und glaubwürdiger sei der Mensch. «Es geht darum, sich darauf zu konzentrieren, was wir richtig können. Beklagen Sie nicht Ihre Schwächen, sondern besinnen Sie sich auf Ihre Stärken!» Organisiert wurde der Anlass von den Ostschweizer Branchenfrauen Susanna Räber und Monika Segmüller.

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