Die Confiserie Team-Room Schiesser am geschichtsträchtigen Marktplatz in Basel steht seit 150 Jahren für Tradition und Qualität. Zum Jubiläum wurde eigens ein Rezept aus den Anfängen «ausgegraben»: die Glarner Pastete – und die Baslerinnen und Basler lieben sie.

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Diesen Herbst wird ein Jubiläums-Buch über die 150-jährige Geschichte der Confiserie Tea-Room Schiesser erscheinen. Der Kunsthistoriker Dieter Pfister recherchiert seit Wochen intensiv über die tra­ditionsreiche Confiserie und das architektonisch interessante Geschäftshaus. Er ist seit Kindsbeinen ein treuer Kunde der Confiserie und schwärmt von deren Spezialitäten wie dem Schoggi-Flach mit Silberkügeli oder dem Schoggi-S mit cremiger Füllung und vielem mehr.

Zwei Weltkriege und spanische Grippe

«panissimo» traf sich mit dem Ehepaar Rosalba und Stephan Schiesser sowie Dieter Pfister im Café, das sich im ersten Stock befindet und von welchem die Gäste einen wunderbaren Blick auf den Marktplatz und das berühmte Basler Rathaus geniessen können.

Es ist eine spannende Zeitreise durch die 150-jährige – zum Teil bewegte – Firmengeschichte, geprägt von Leidenschaft für den Beruf, Genuss, Qualität und Tradition, aber auch von Kampf und harter Arbeit, erlebten die Vorgänger doch die zwei Weltkriege und die spanische Grippe, die auch in der Familie Schiesser ein Opfer forderte: 1919 starb Grossvater Hans Schiesser an dieser Krankheit. Seine Ehefrau Clara musste den Betrieb allein weiterführen.

Der Vater von Stephan Schiesser, Paul Schiesser, weilte während des Zweiten Weltkriegs im Aktivdienst. 1951 übernahm Paul Schiesser das Geschäft. «Jede Generation hat das Richtige getan», stellt sein Sohn Stephan Schiesser rückblickend fest. Er trat 1982 in den Betrieb seiner Eltern ein (siehe Kasten). Die Übergabe sei fliessend erfolgt. «Mein Vater sagte immer, er gehe mit den Füssen voran aus dem Geschäft raus», erzählt Stephan Schiesser.

Keine Basler Fasnacht

Der Start ins Jubiläumsjahr sei sensationell gewesen, so Schiesser. Mitte März erfolgte dann der grosse Dämpfer: Der Corona-Lockdown. Die Durchführung der traditionsreichen und einträglichen Basler Fasnacht Mitte März wurde kurzfristig – wie viele andere Events – vom Bund verboten. Die Folgen waren gravierend, denn: Die Confiserie Schiesser ist eine Fasnachts-Hochburg, hier herrscht jeweils Hochbetrieb, vom Morgestraich bis zum letzten Tag.

Vom Glarnerland ins Herzen von Basel

Die Ursprünge des in Basel stark verankerten Traditionsunternehmens führen ins Glarnerland: 1870, nach abgeschlossener Lehre als Konditor, ging der Glarner Rudolf Schiesser auf Wanderschaft nach Frankreich und ins Welschland. Danach eröffnete er seine Confiserie im Herzen der Stadt Basel, am Marktplatz, heiratete Elise Schiesser und erwarb das vierstöckige Haus. 1910 wurde die Liegenschaft neu gebaut und wiedereröffnet. Seither hat sich die Umgebung rund um den Basler Marktplatz gewandelt. Praktisch unverändert geblieben sind das Rathaus – und die Confiserie Schiesser. Selbst die Tische und Stühle stammen aus dieser Anfangszeit. «Sie sind alle original und werden laufend restauriert», erklärt Stephan Schiesser, der zusammen mit seiner Ehefrau Rosalba die Confiserie in vierter Generation führt, gegenüber «panissimo».

«Die Gäste kommen nicht nur schnell auf einen Kaffee oder Espresso, sondern um zu verweilen.»

Eine Genussoase

Das Café im 1. Stock besteht aus zwei Bereichen: Da ist der für die Herren gedachte Teil im Stil eines Wiener Kaffeehauses, in dunklem Holz gehalten, und der helle französisch-elegante Salon de Thé. Der Salon war in den Anfängen der Confiserie der Treffpunkt für die Damen aus gehobenen Basler Gesellschaftskreisen. Die weiblichen Gäste gönnten sich jeweils eine der köstlichen heissen Schokoladen und einen Likör, verriet Dieter Pfister. Die Confiseure durften nämlich Spirituosen ausschenken, da diese für die Produktion der Patisserie und der Pralinés verwendet wurden.

Damals wie heute sei das Café Schiesser «das Wohnzimmer von Basel», berichtet Stephan Schiesser: «Die Gäste kommen nicht nur schnell auf einen Kaffee oder Espresso, sondern um zu Verweilen. Es ist eine Genussoase, ein Treffen der Genüsse.» Stammten die Gäste vor rund 100 Jahren vorwiegend aus höherer Gesellschaftsschicht, sei das Café heute populärer Treffpunkt von Einheimischen. «Wir sind in und mit der Region stark verankert, aber es kommen auch immer mehr Touristen aus der ganzen Welt zu uns», ergänzt Rosalba Schiesser.

Wiener Caféhaus-Tradition

Das Ehepaar Schiesser ist stolz auf die 150-jährige Tradition und pflegt diese mit viel Hingabe und Überzeugung. So wird nicht nur auf die Einrichtung geachtet, sondern auch auf das Menü- sowie das Produkteangebot im Café und im Laden: Da sind Croque Monsieur, Vol-au-Vent, Pilzschnitte, aber auch Basler Läckerli, 50 verschiedene Sorten Pralinés und Kirschstängeli erhältlich und seit April wieder die Glarner Pastete, die vor 150 Jahren von Urgrossvater Rudolf Schiesser in Basel eingeführt worden ist – damals ein sehr exklusives Gebäck, bestehend aus so wertvollen Roh­stoffen wie Mandeln, Honig und Marzipan.
«Unsere Werte, die wir aufrechterhalten und leben, werden heute noch mehr geschätzt», betont

«Wir kommen immer wieder auf das Altbewährte zurück.»

Stephan Schiesser. «Die Kundinnen und Kunden wollen das Traditionelle», hält seine Ehefrau Rosalba Schiesser zusätzlich fest. So ist das Sortiment im Verlaufe der Jahre nur geringfügig verändert worden. «Wir probieren praktisch alle Trends aus, kommen aber immer wieder auf das Altbewährte zurück.»
Grossen Wert legt das Ehepaar Schiesser auch auf die persönliche Präsenz: So werden beispielsweise die Hochzeitstorten persönlich vom Chef überbracht, was von den Kundinnen und Kunden sehr geschätzt werde.

Rosalba und Stephan Schiesser

Rosalba und Stephan Schiesser (links), Kunsthistoriker Dieter Pfister (rechts).

Bereits als Kind war für Stephan Schiesser klar, dass er in die Fusstapfen seines Vaters treten will. Er machte eine Confiseurlehre in der Confiserie Sprüngli in Zürich, arbeitete anschliessend bei Chocolats Rohr SA in Carouge (GE) und in Paris, bevor «mich meine Eltern nach Basel zurückholten, weil ein Mitarbeiter ausgefallen war und ich zu Hause aushelfen musste». Das war 1992.

Seine Ehefrau Rosalba Lo Vaglio Schiesser war fast zehn Jahre lang in der Basler Confiserie Frey als Assistentin des Geschäftsführers tätig – «unsere grösste Konkurrenz», wirft Stephan Schiesser schmunzelnd ein. 2004 lernten sich die beiden kennen, 2008 stieg sie definitiv in die Traditions-Confiserie ein. Es war auch das Jahr der Finanzkrise, welche dem Unternehmen massive Umsatzeinbussen verursachte. Am 1. Dezember 2014 folgte ein Meilenstein: Im ehemaligen Bankverein-Gebäude wurde die Filiale Chocolaterie Schiesser feierlich und erfolgreich eröffnet.

Neben der engagierten Tätigkeit als Confiseur und Gastronom war Stephan Schiesser auch in der kantonalen Politik aktiv. Nachdem sich aus dem Kantonsparlament zurückgezogen hatte, kandidierte er nach 20 Jahren Abwesenheit 2017 wiederum für einen Sitz und wurde mit einem Glanzresultat gewählt. Im vergangenen Herbst gab er nun definitiv seinen Rücktritt bekannt. Nun sei es an der Zeit, den Jungen Platz zu machen, erklärt Schiesser gegenüber «panissimo». Das politische Umfeld habe sich stark verändert, stellt er mit grossem Bedauern fest. «Die Stadt wird zunehmend zu einer leblosen Kulisse!» Das Gewerbe sei in der Politik zu wenig vertreten.

Die Confiserie Schiesser zählt 38 Mitarbeitende, davon eine Lernende. Die fünfte Generation wächst heran. Die beiden Kinder Céline und Leandro sind zwölf- und neunjährig. «Das Interesse der Kinder ist da», freuen sich Rosalba und Stephan Schiesser.

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