Von «drastischen Einbrüchen» über «fast gleiche Liefermenge» bis zu einem «positiven Effekt der Krise» ist bei den Lieferanten der Bäcker-Confiseur-Branche alles zu hören. Der Grundtenor ist jedoch klar negativ. Dies das Fazit einer «panissimo»-Umfrage zur den Folgen der Corona-Pandemie.

Die Schliessung der Restaurants wirkte sich auf die Zulieferer der Bäckereien-Confiserien deutlich aus.

Wie auf die Bäckereien-Confiserien wirkte sich der Corona-Lockdown auf deren Lieferanten aus – bei einer Minderheit eher bescheiden, bei den meisten aber massiv. Der Umsatz ist auch nach den Lockerungen noch längst nicht auf dem üblichen Niveau. Dies das Ergebnis einer «panissimo»-Umfrage bei rund 50 Lieferanten der Branche. 22 von ihnen beantworteten die Anfrage.

Lob für Bäcker-Confiseure

«Die Bestellungen gingen insgesamt um 50 – 60 % zurück, allein im Segment der Bäckerei-Confiserie um rund 40 %», erklärt Simone Burgener, Leiterin Unternehmenskommunikation der Pistor. Ähnlich traf es Firmen, die ihre Produkte über die Pistor an die Bäcker-Confiseur- und die Gastrobranche liefern.
Auch die meisten anderen Partner der Bäckereien-Confiserien berichten von deutlichen Einbussen, aber teils auch von innovativen Reaktionen. Nicole Smodis, Marketingspezialistin bei Margo – CSM Schweiz AG, fasst die Gründe für den Einbruch zusammen, lobt ihre Kunden aber auch: «Stark reduzierte Pendlerströme, Homeoffice, geschlossene Cafés usw. haben auch in der Bäcker-Confiseur-Branche vieles verändert. Sie wurde plötzlich

«Statt zu verzweifeln, fand in der Branche ein Umdenken statt, und es wurden schnell kreative Lösungen gefunden.»
mit weniger oder neuer Kundschaft und anderen Bedürfnissen konfrontiert. Doch statt zu verzweifeln, fand in der Branche ein Umdenken statt, und es wurden schnell kreative Lösungen gefunden, um aus dieser schwierigen Situation eine Chance zu machen. Dafür gebührt den Bäckern und Confiseuren ein grosses Lob. Was von ihnen in kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde, ist wirklich bewundernswert.»

«Im Gegensatz zu anderen Branchen kamen wir mit einem blauen Auge davon. Der Einkaufs­tourismus fiel weg und gerade Bäckereien auf dem Land hatten beim Brot zum Teil Mehrumsatz und neue Kundschaft. Die Wertschätzung des Regionalen und von Brot stieg bei den Kon­sumenten», stellt Marcel Wächter, Verkaufsleiter Deutschschweiz der Groupe Minoteries SA, fest. Letzteres bestätigt Verkaufsleiter Urs Züttel von Hero Gastronomique. Er ergänzt: «Wir stellen in der Bäckerei-Confiserie wie auch in der Gastronomie fest, dass die schon vor Corona innovativen Betriebe besser durch die Krise kommen.»

Doch wie ging es den Lieferfirmen? Hier ein kleiner Überblick:

Massive Umsatzeinbussen …

Um eine rasche Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, wurde bei Pistor ein Krisenstab gebildet, erklärt Simone Burgener. Fast 80 % der Mitarbeitenden gingen Ende März in Kurz­arbeit, 20 der gut 80 Lastwagen wurden vorübergehend stillgelegt.

«Die Bestellungen gingen insgesamt um 50 – 60 % zurück.»

Zu hohe Lagerbebestände bei Frischprodukten wie Fleisch und Milchprodukten mussten mit Aktionen für die Kunden und Mitarbeitenden reduziert werden. Seit der Wiedereröffnung der Gastrobetriebe nahmen die Bestellungen nur beschränkt zu. Das Planen des Herauffahrens ist laut Burgener schwierig: «Pistor ist nicht gefährdet, aber die erwartete starke Umsatz­einbusse fürs Jahr 2020 muss in den nächsten Jahren aufgefangen werden.» Pistor will zu Angestellten und Kunden Sorge tragen: «Wir wollen die Chancen nützen und die Kunden unterstützen, damit diese gut aus der Krise herauskommen.»
Wenn Pistor Einbussen habe in der Belieferung der Bäcker-Confiseure, so betreffe es auch Bakels Nutri­bake, erklärt Geschäftsführer Benno Eigenmann. Die Öffnung der Gastrobetriebe brachte nur eine langsame Entspannung, aber den Aussendienst zurück in den Verkauf. «Im Fokus stand immer der Kunde. Dementsprechend haben wir unsere Organisation und die Kundenkontakte den Möglichkeiten angepasst, mit Homeoffice und Kurzarbeit.» Gut angekommen sei die eigene Brot-Kampagne «Die Schweiz im Herzen». Diese unterstützt die Bäckereien-Confiserien und zusätzlich deren Ausbildungsfonds.

«Die Verkäufe sind stark eingebrochen, hält Marketingspezialistin Nicole Smodis von Margo – CSM Schweiz AG, fest. Zur Unterstützung der Kunden wurde ein für Nutzer kostenloses Konzept erstellt, das mit individuell anpassbaren Vorlagen Ideen fürs Umsetzen von Kundenbedürfnissen liefert. «Das Feedback ist sehr positiv», erklärt Smodis.

«Die Umsätze sind im Gewerbekanal um 80 % eingebrochen und in der Gastronomie gänzlich ausge­blieben», sagt die bei Patiswiss für die Marketing- und Verkaufskoordination zuständige Patrizia Fischer. «Die nicht realisierten Umsätze sind verloren und können bis Ende Jahr nicht mehr aufgeholt werden.»

«In der Bäckereitechnik spüren wir eine starke Zurückhaltung bei Investitionen. Ein Teil des Teams ist seit 1. April in Kurzarbeit», sagt Geschäftsführer Gerhard Gau von der Pitec AG. Im Bereich Service stellte er nur kleine Einbussen fest. Doch im Gastronomiekanal, der 20 % des normalen Umsatzes ausmache, seien die Verkaufsumsätze im April eingebrochen. Im Mai habe sich dieser Umsatz wieder erholt. Doch die Herausforderungen bleiben laut Gau weiterhin gross.

Nicht so stark betroffen ist Kolb Kälte, da Kälteanlagen zur System­erhaltung gehörten, wie Verkaufsleiter Hannes Breuss festhält. Klein- und Mittelanlagen würden zurzeit aber weniger bestellt.

.. Kurzarbeit und …

«Wir rechnen bis Ende Jahr mit einem Minus, das auch im 2021 nicht wettgemacht werden kann», erklärt Verkaufsleiter Urs Züttel die Lage bei Hero Gastronomique, deren Produkte auch via Pistor ausgeliefert werden. «Im April gab es einen starken Dämpfer bei den Bäckerei-Confiserie- und den Gastroartikeln.» Die Aussendienst-Mitarbeitenden sind in Kurzarbeit. Sie arbeiteten zuerst nur zu 30 %, seit Mitte Mai zu 60 %, im Verlaufe des Juni sollen es wieder 100 % werden.

«Im April gab es einen starken Einbruch von etwa 50 % bei den Bestellungen. Im Mai waren es immer noch 25 % weniger Umsatz als im Vorjahr», erklärt Stefan Künzli, bei der Max Felchlin AG zuständig für die Gewerbe- und Gastrokunden in der Schweiz. Mit etwas Verzögerung sei der Einbruch im ­Export besonders stark gewesen. Dieser trage üblicherweise fast die Hälfte zum Umsatz bei. Seit April sei man darum in Kurzarbeit.

«Die Corona-Pandemie führte zu drastischen Einbrüchen. Nun zieht es wieder etwas an. Der Aufschwung ist aber bescheiden», schildert Trade Marketing Manager Andrea Zimmermann die Situation bei Barry-Callebaut. In der Firma ist darum noch Kurzarbeit und Homeoffice angesagt, und die Chocolate Academy wurde erst für kleine interne Arbeiten mit strengen Sicherheitsvorgaben wieder geöffnet. Die nationale Vorausscheidung für die World Chocolate Masters wurde auf 2021 und das Finale auf 2022 verschoben.
Bei einem anderen Anbieter brachen die Umsätze mit Couverture im März und April um rund 75 % ein. Das sei auch bei sehr gutem Geschäftsgang im zweiten Halbjahr garantiert nicht aufzuholen, hält der Key Account Manager, der anonym bleiben möchte, fest.

Daniel Daepp, CEO von Klipfel Hefe erklärt: «Im gewerblichen Kanal hatten wir mit etwa zwei Wochen Verspätung Ende März einen starken Einbruch. Im April bezogen die gewerblichen Bäckereien massiv weniger Hefe. Ab Anfang Mai gab es langsam eine Beruhigung. Aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir vor der Krise waren.» Viele Bäckereien-Confiserien hätten sich kreativ der Krise angepasst, lobt Daepp. Er hofft, dass sich das Gewerbe nun erholen kann, auch wenn dies Zeit brauche.

Bei Hefe Schweiz nahm die Bestellmenge ab Mitte März rasch um etwa 25 % ab, sagt CEO Thomas Gamper. Die Wiedereröffnung der Restaurants im Mai habe sich noch nicht stark ausgewirkt. Gamper erwartet aber, dass sich die weiteren Lockerungen für Gastronomie und Events positiv auf den Umsatz niederschlagen.
«Wie die Bäckereibetriebe blieb auch die Agrano nicht von sinkenden Verkaufszahlen verschont», erklärt der Stellvertretende Marketingleiter Patrick Logo. Als Gründe werden geringer Ausser-Haus-Konsum, Zuhause-Backen, wegfallende Events und tiefere Absätze in der Hotellerie-Branche genannt. Seit den ersten Lockerungen stellt die Firma dank den unterstützenden Fachberatern, den Neuheiten sowie der permanent sichergestellten Lieferbereitschaft eine erste Entspannung im Markt fest.

… ein Rekordmonat

Einige andere Firmen waren offenbaar etwas weniger stark betroffen.
Marcel Wächter, Verkaufsleiter Deutschschweiz der Groupe Minoteries SA, freut sich, dass Aus­sendienst-Mitarbeitende die Kunden der Mühle mit entsprechenden Vorsichtsmassnahmen nun wieder persönlich besuchen können, wenn dies akzeptiert wird. Wächter lobt seine gewerblichen Kunden: «Ich möchte den Bäckern danken, dass sie im üblichen Rhythmus weiter bestellten und kein Mehl hamsterten. Das kam unserer Mühle zugute und sorgte dafür, dass die Logistik nicht an ihre Grenzen stiess.» Der Mehlabsatz der Mühlengruppe in den Detailhandelskanal stieg während der Corona-Krise an.

«Unsere Branche kam mit einem blauen Auge davon», schildert Willi Grüninger, CEO der Willi Grü­ninger AG, die zwiespältige Situation: Die Lieferungen an den Detailhandel nahmen im März so sehr zu, dass die Kleinpackerei für die Kilopackungen vier Wochen lang dreischichtig fahren musste und die Mühle einen Rekordausstoss erzielte. Doch im April und Mai waren die Zahlen massiv tiefer als üblich. «Wir liefern viel in Tourismusregionen. Wegen des Lockdowns wurde die Wintersaison um vier Wochen verkürzt.» Einige Bäckereiunterneh­mer konnten den Wegfall von Lieferungen an die Gastronomie mit Mehrumsatz im Laden fast ausgleichen, andere kamen in Existenz­ängste und wandten sich darum an die Mühle. «Wir rechnen auf Ende Jahr bei den Tonnagen mit einer schwarzen Null und müssen zufrieden sein damit», folgert Grüninger.
Geschäftsleiter Diego Della Cà von der Berner Oberländer Mühle Burgholz AG schildert die Situa­tion weniger erfreulich: «Wir verzeichnen einen starken Absatz­einbruch bei den Bäckermehlen». Grund dafür seien vor allem die Bäckereifilialen an üblicherweise stark frequentierten Lagen und die Betriebe in Tourismushochburgen.

Die positivste Reaktion bekam «panissimo» von Sebastian Kiser, CCO von HS-Soft: «Wir stehen zwar nicht dort, wo es geplant war, doch wir sind sehr gut unterwegs. Weil das bargeldlose Zahlen in der Krise stark zunahm, erhielt das Softwareunternehmen Bestellungen für Kundenkarten und Self-Checkout-Terminals.

«Wir stellten fest, dass die innovativen Betriebe besser durch die Krise kommen.»

Für die Gästeregistrierung in der Gastronomie wurde kurzfristig ein mit QR-Code funktionierendes System lanciert. Sehr bewährt habe sich, dass HS-Soft ab diesem Jahr seine Lösungen – etwa zum elektronischen Bestellen im Restaurant – per Monats­lizenz anbiete. Die konnte nun während des Lockdowns der Gas­tronomie unterbrochen werden. «Wir mussten weder Stellen abbauen noch Kurzarbeit einführen. Es gibt keine Einschränkung der Leistungen. Entwicklung und Support laufen weiter wie zuvor», sagt Kiser.

Die APlusAG.CH hatte zu Beginn der Krise viele Telefonberatungen zur Anmeldung und Verbuchung der Kurzarbeit, für welche die Anrufenden sehr dankbar ge­wesen seien, erklärt CEO Albert Meier. Zur Förderung der Heim­lieferung von Backwaren öffnete die Informatik­firma ihr Projekt frischesbrot.ch allen Bäckereien und ist laufend daran, für die Zustellung Kooperationen mit Taxifirmen und Velokurieren zu arrangieren.

Bei Panipro SA stellten einige Kunden geplante Installationen wegen der Corona-Krise zurück. CEO David Pellegrini sorgt sich um die Zukunft der Branche: «Werden diese Unternehmen den Mut haben, in der zweiten Jahreshälfte in wichtige neue IT-Technologien und digitale Vertriebskanäle zu investieren, die wir unseren Kunden anbieten?»

Kreativ auf die Krise reagiert

«Einige der klassischen Verpackungen, wie z. B. Coffee-to-go-Becher, waren und sind weniger gefragt. Die Branche erfährt aber auch einen unglaublichen Ideenreichtum», betont Patrick Rauber von Rausch Packaging. «Take-away- und Heimlieferangebote sowie der Onlinehandel wurden von vielen Betrieben aus­gebaut oder neu eingeführt. Hier unterstützten wir mit passenden Verpackungssortimenten.» Wie Rauber festhält, wurde der Gratis-Muster-Service zum Testen neuer Verpackungen vermehrt genutzt. Klassische Kontaktmöglichkeiten wurden durch Videoanrufe der Kundenberater und einen Chat über den Webshop ergänzt.

Bei Pawi Verpackungen AG wurde sofort nach dem Lockdown ein Notfallsortiment mit den wichtigsten Verpackungsartikeln an Lager gelegt, damit man bei einer Zwangsschliessung der eigenen Produktion in Winterthur lieferbereit geblieben wäre, schildert Marketing- und Verkaufskoordinatorin Regula Völkle die Corona-Situation. Als Vorteil erwies sich auch das Abruflager für kundenspezifische Artikel, die bei Pawi gelagert und von Kunden nach Bedarf angefordert werden können. «Jetzt, wo langsam alles wieder in geordneteren Bahnen läuft, haben unsere Kunden auch wieder Zeit, sich um Projekte zu kümmern und Neues anzupacken», ergänzt Völkle.

Markus Brasser, Marketing- und Verkaufsleiter von Alipro, erwähnt zwar auch einen «Corona-Knick» in den Absätzen. Doch er schaut in seiner Stellungnahme lieber vorwärts und aufs Positive: «Die Corona-Krise lässt die Branche stärker

«Die Corona-Krise lässt die Branche stärker zusammenrücken.»

zusammenrücken. Das Verständnis für die Situation war jeweils auf beiden Seiten gross, und man zeigte sich stets kulant.» Jede Krise sei auch eine Chance, sagt Brasser: «Es haben sich neue Arbeitsformen angeboten, und man überdenkt den einen oder anderen Prozess.

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