Liebe Leserin, lieber Leser
Der Nationalrat hat mit 94 zu 82 Stimmen den Vorschlag des Berner Mitte-Nationalrats Heinz Siegenthaler angenommen, am 12. September einen neuen nationalen Feiertag einzuführen. Seine Motivation, damit die Demokratie zu unterstützen, der es zugegebenermassen in der heutigen Zeit nicht wirklich gut geht. Ich persönlich glaube nicht, dass die Einführung eines Feiertags an der Wertschätzung der Demokratie etwas ändern wird. Vielmehr wird dieser zusätzliche Feiertag die Ungleichheiten verstärken.
Alle Personen, die davon profitieren, werden das Beste daraus machen wollen. Sie werden Freizeit- und Tourismusangebote nutzen, sie werden sich mit dem Auto fortbewegen, sie werden in Restaurants essen gehen und mehr oder weniger notwendige Einkäufe tätigen. Und natürlich werden sie im Notfall erwarten, dass sie von unseren Gesundheits- und Sicherheitsdiensten versorgt werden …
Es ist klar, dass für all diese Reisen und Einkäufe andere Menschen arbeiten müssen. Dieselben, die bereits an Wochenenden und anderen Feiertagen im Dienst sind, werden einmal mehr nicht in der Lage sein, ihren Tag mit ihren Angehörigen geniessen zu können.
Ganz abgesehen davon, dass für Unternehmen, die eine kontinuierliche Arbeit leisten müssen, wie die Produktion und Vermarktung von frischen Lebensmitteln, die Pflege von Menschen und Tieren, Ordnungsdienste und die Versorgung der Bevölkerung sowie viele andere, eine Woche mit einem Feiertag zusätzlichen Stress bedeutet. Man muss seine Arbeit tatsächlich an vier statt an fünf Tagen erledigen und die Organisation umgestalten, was nicht einfach umzusetzen ist!
Die kleine Mehrheit der Nationalräte, die diesem Vorschlag zugestimmt hat, scheint sich wenig um die betroffenen Berufe zu kümmern. Sie sollten sich noch einmal an die Arbeit machen, um einen anderen, egalitäreren und weniger populistischen Weg zu finden, sich um unsere Demokratie zu kümmern. Ich hoffe sehr, dass der Ständerat diese Motion ablehnen wird und dass in diesem Wahljahr keine weiteren Motionen mehr «das Licht der Welt erblicken» werden!
Jean-François Leuenberger
Vizepräsident SBC