Die Bäckerei Imholz AG aus Adliswil (ZH) hat seit August wieder eine eigene Filiale, nachdem sie die letzten 67 Jahre ohne Laden auskam. Doch das hinderte die Bäckerei nicht daran, seit über 90 Jahren zu wachsen und gedeihen. Ob es wohl an den unterschiedlichen Segmenten liegt, die von der Bäckerei bedient werden? Inhaber Michael Imholz gewährt einen Einblick in die Unternehmensgeschichte.

1932 heizt Hans Imholz, am Neumarkt im Herzen von Zürich, zum ersten Mal den Ofen seiner eigenen Bäckerei ein. Neben der Laufkundschaft findet die umliegende Gastronomie und Hotellerie schnell Gefallen an seinem Sortiment. «Mein Grossvater arbeitete in seinen Wanderjahren in Frankreich und brachte Baguettes und Pariserbrötchen nach Zürich», erklärt Michael Imholz stolz. «Die verfeinerten Rezepte sorgen auch heute noch für Begeisterung bei unseren Kunden.»

Michael Imholz führt die Bäckerei in dritter Generation und verlegte 2020 die Backstube nach Adliswil, direkt vor die Tore der Stadt. «Man sagt, so etwas Einmaliges passiert dreimal im Leben», scherzt er: «Zum ersten Mal, das einzige Mal und zum letzten Mal.»

Zuerst Lieferbetrieb

Die Bäckerei Imholz hat sich 1956 schweren Herzens von ihrer Filiale getrennt und sich auf das Beliefern von Unternehmen konzentriert, was bis heute den Grossteil des Umsatzes ausmacht. Diese Orientierung sei nicht besser oder schlechter – einfach anders. Die Imholz-Brötchen gibt es zum Beispiel in zahlreichen gehobenen Hotels in Zürich. Natürlich hat jede Gaststätte ein eigenes, einzigartiges Sortiment: Das Angebot ist eine Visitenkarte und darf nicht austauschbar sein. Diese Produktvielfalt stellt besondere Anforderungen an Logistik und Produktion. «In der Nacht haben wir selten sortenreine Öfen», erklärt der Inhaber und fügt an: «Dies stellt hohe Ansprüche an unsere Mitarbeiter. Dank ihrer Erfahrung und ihrem Engagement können wir uns erfolgreich von unserer Konkurrenz abheben.»

Michael Imholz mit typisch französischen Brioches.

Dann glutenfrei

Neben der Lieferung von Backwaren hat sich die Bäckerei Imholz seit 2015 ein zweites Standbein aufgebaut: Die Herstellung von glutenfreien Backwaren. Die Idee dazu kam von einer Freundin mit Zöliakie. Sie fragte, weshalb es keine schmackhaften, glutenfreien Gebäcke gibt und ob das nicht eine Marktlücke wäre. Das weckte das Interesse von Michael Imholz und seiner Frau Chantal. Gemeinsam mit ihrer Freundin begannen sie, eigene Rezepturen zu entwickeln und diese in separaten Räumlichkeiten herzustellen – immer mit dem Fokus auf Geschmack, Nährwert und Zusatzstofffreiheit, also «glutenfrei ohne Kompromisse».


Ist Glutenfrei gesund?

Zu glutenfreien Produkten greifen neben den Zöliakie-Betroffenen zunehmend Kund/innen aus Lifestyle-Überlegungen. Jedoch betont Michael Imholz, dass die Produkte nicht zwingend gesünder seien: «Vor allem Zucker und Zusatzstoffe finden sich oft in industriell hergestellten glutenfreien Backwaren.» Daher legt die Bäckerei Imholz einen besonderen Fokus auf die Vollwertigkeit der Zutaten und deren Zusammensetzung. Saaten und Nüsse spielen dabei eine wichtige Rolle, um ein ausgewogenes und schmackhaftes Produkt zu gewährleisten, verrät der Geschäftsführer.


«Die Nachfrage nach glutenfreien Produkten steigt stetig», schildert der Inhaber. Deshalb wurde 2023 der glutenfreie Bereich erweitert und «Grainglows» erfolgreich in die Produktion in Adliswil integriert. Grainglow steht für vegane, glutenfreie Rawcakes, also ungebackene Desserts ohne Kristallzucker. Das Gründungsduo der Marke suchte nach einer Lösung, um das Wachstumspotenzial in erfahrene Hände zu legen. Sie wurden mit der Bäckerei Imholz, die bereits eine bestehende Infrastruktur und Erfahrungen in der glutenfreien Produktion mitbrachte, fündig. «Der Prozess ging im Rekordtempo vonstatten. Innert drei Monaten war die Partnerschaft aufgegleist und die Produktion lief bei uns», so Michael Imholz.

Verantwortung für die Mitarbeitenden

Die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden war ein treibender Faktor für die Planung einer neuen Produktionsstätte. Die Produktion aus dem Jahr 1898 in Wiedikon sei bereits vor Jahren an ihre Kapazitätsgrenze gestossen und die Infrastruktur mit steilen Treppen und spärlichem Tageslicht nicht mehr zeitgemäss gewesen, so Michael Imholz. «Die Mitarbeitenden sind mein wichtigstes Kapital», betont der Geschäftsleiter. Er sei überzeugt, dass ein moderner und zeitgemässer Arbeitsplatz die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhöht, was die Produktqualität positiv beeinflusse. «Unser Glaube an die Zukunft des Unternehmens führte uns zu dem Entschluss, das Risiko einer Investition in eine neue Produktion einzugehen.»

It never stops

Bei der neuen Produktion sei neben der hohen Qualität der Endprodukte grossen Wert auf Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Flexibilität gelegt worden. Die Wahl fiel deshalb auf eine moderne Kolb Kälte Kombi-Anlage bestehend aus Kühl-, Tiefkühl- und Patt-Zellen mit einem CO2-Booster – also mit natürlichem Kältemittel – und einer Wärmerückgewinnung. Die Ofenanlage aus 3 Heuft Thermoroll Thermoölöfen ermöglicht zudem das Backen auf Stein. «Die Anlage arbeitet sehr effizient und bietet die notwendige Flexibilität, um die schwankenden Chargengrössen in der Produktion gut abzubilden», resümiert Michael Imholz.

Die neue Backstube musste von heute auf morgen funktionieren. Am Tag des Umzuges ging alles ohne nennenswerten Unterbruch vonstatten. «Wir produzieren für unsere Hotels an 365 Tagen im Jahr: It never stops. Dass wir nicht liefern, gibt es nicht», bekräftigt Michael Imholz. Morgens um fünf Uhr beendete die Produktion am alten Standort ihre Schicht und die Mitarbeitenden starteten rund 14 Stunden später dieselben Kneter in Adliswil. «Unsere Anlagen liefen alle wie geplant», sagt der Inhaber mit einem Augenzwinkern und ergänzt lachend: «Aber Warmwasser gab es im Neubau am ersten Tag beispielsweise noch keines!» Eine spezielle Herausforderung war die erste Grittibänzproduktion am neuen Standort nach wenigen Wochen Einarbeitung. Neben den Standard-Bänzen gab es einen Kundenauftrag für mehr als 1’000 Grittibänze à gut einem Kilo. So «wandern» innert weniger Stunden gut 2’000 Kilogramm Bänzeteig durch den Ofen. Projektpartner Pitec musste dem Inhaber garantieren, dass die neue Ofenanlage dies bewältigen kann. «Ich hatte zu Beginn Zweifel, ob das gut geht, aber wir sind mit unseren Heuft-Öfen sehr zufrieden», verrät Michael Imholz.

Mit der Produktion für die Produktion

Die Planung eines neuen Standortes ist anspruchsvoll. Insbesondere, da so etwas nicht sehr oft geschieht. Dabei gilt es auf optimale Arbeitsabläufe und Bedürfnisse hin zu planen. «Mit Pitec hatten wir einen erfahrenen Partner mit im Boot, der uns von der Eignungsbeurteilung der Liegenschaft über die Planung bis zur Inbetriebnahme begleitet hat», meint der Geschäftsführer zufrieden. «Sie standen uns bei allen Herausforderungen zur Seite, wir haben uns gut ergänzt.»

Die konventionelle und glutenfreie Produktion am selben Standort zu vereinen, war eine spezifische Herausforderung. «Gemäss den gesetzlichen Reinheitsbestimmungen dürfen sich in glutenfreien Produkten maximal zehn glutenhaltige Teile pro Million Teile befinden», erklärt Michael Imholz. «Wie wenig das ist, kann man sich fast nicht vorstellen!» Die Umsetzung dieser Vorschrift erfordert spezielle Konzepte, um die Reinheit zu gewährleisten. So erfolgt der Zutritt zum glutenfreien Bereich über eine Hygieneschleuse, die Rohstoffe wie auch die Endprodukte werden doppelt verpackt und der Produktionsraum steht unter Überdruck – so können die Brote, Brownies und Grainglows von den Kund/innen sorglos genossen werden.

«Unsere beiden Produktionen vereinen wir nun alle unter einem Dach», sagt Michael Imholz mit berechtigtem Stolz. Moderne und traditionelles Handwerk ergänzen sich seiner Meinung nach. «Die Produktion hat viel Tageslicht, die Abläufe passen.»

Gerhard Gau (links), Co-Geschäftsführer von Pitec und Michael Imholz in einem der Kühlräume.

60 Jahre ohne Filiale – bis jetzt

2023 erreichte den Unternehmer die Anfrage, ob er die letzte Bäckereifiliale mitten in Adliswil übernehmen wolle. Als gebürtiger Adliswiler befürchtete Michael Imholz den Verlust des Gewerbes im Dorf und sah eine Chance. Vor diesem Hintergrund beschloss er, den Standort zu übernehmen. Damit hat die Bäckerei Imholz nach 67 Jahren wieder eine eigene Filiale. «Wir übernahmen die Verkäuferinnen und diese brachten den bestehenden Stamm an Kundschaft mit. Und weitere Grossaufträge wie Lieferungen für die Schulen, Gewerbekunden oder zum Beispiel für den Räbeliechtliumzug kamen ebenfalls dazu», freut sich der Besitzer.

Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit gewonnen

«Unser Schwerpunkt wird die Backwarenherstellung bleiben.» Nicht industriell, sondern mit der Verschmelzung von Tradition und Moderne. Tradition bedeute aber nicht Stillstand, «der persönliche Glaube an Innovationen und Trends wie glutenfrei und vegan hat uns weitergebracht.» Die Mission: «Handwerklich hergestellte Backwaren sollen Wertschätzung erfahren. Wir müssen die Kunden überzeugen, für ein feines Brot vom lokalen Bäcker etwas mehr als für Industrieware zu bezahlen. Bei vielen Handwerkern wird ein verrechneter Stundensatz von 80 Franken und mehr nicht in Frage gestellt – bei uns Bäckern ist das keine Selbstverständlichkeit».

Der Zukunft seines Unternehmens sieht der Inhaber optimistisch entgegen. «Das Ladengeschäft wird zeigen, ob es beim Experiment bleibt oder ob mehr folgt. Es hat uns jedenfalls mehr Eigenbestimmung gebracht und mit dem erfolgreichen Umzug das Selbstbewusstsein gestärkt.»

Hier jetzt gleich die Fotogalerie entdecken.


Bäckerei Imholz AG, Adliswil (ZH)

  • Gründungsjahr: 1932
  • Mitarbeitende: ca. 40
  • Verkaufsstellen: 1

baeckerei-imholz.ch


Diego Schwerzmann

Das könnte Sie auch interessieren