Der Fachkräftemangel und die steigenden Kosten belasten unsere artisanale Branche sehr. Wie präsentiert sich die aktuelle Situation? Welche Massnahmen wurden bereits ergriffen? Wir fragten in einigen Bäckereien-Confiserien in der Deutschschweiz, der Romandie und im Tessin nach. Hier eine Zusammenfassung der Antworten.
Der Fachkräftemangel ist bei vielen Betrieben, die geantwortet haben, ein wichtiges Thema. Nur vier der 16 Betriebe mit Rückmeldungen geben explizit an, nicht unter dem Fachkräftemangel zu leiden, so beispielsweise die Bäckerei Reinhard in Bolligen oder die Bäckerei Fürst in Bern. Um genügend qualifizierte Mitarbeitende, vor allem für die Produktion, zu finden, wird in Grenzkantonen auch im benachbarten Ausland inseriert, eher mit wenig Erfolg. Mehrere Betriebe geben an, dass sie in der Not auf nicht in der Branche ausgebildete Mitarbeitende setzen. Oft mit Erfolg, wie zum Beispiel Priska Bosshard von Beck Bosshard in Balterswil (TG) schreibt: «Wir haben die Stelle in der Bäckerei nun mit zwei Hausfrauen aus dem Dorf besetzt, einer Schweizerin und einer Mazedonierin. Wir haben damit einen Glückstreffer gemacht, beide sind sehr motiviert, flexibel und lernwillig.»
Andere Betriebe, zum Beispiel Marcel Tobler von der Zuckerbäckerei Ermatinger AG in Schaffhausen (SH), gibt an, dass er vermehrt Lernende weiter beschäftigt, was man früher kaum gemacht habe, um den jungen Branchenleuten Erfahrungen in anderen Betrieben zu ermöglichen. Gleichzeitig setze man vermehrt auf ungelernte Kräfte. Dafür müsse man «das Sortiment demensprechend anpassen», schreibt Marcel Tobler von der Zuckerbäckerei Ermatinger. Er plant zudem, komplett auf Tagesbetrieb umzustellen, was als mittelgrosser Betrieb mit einer Produktion in der Altstadt aber nur schwer umzusetzen sei.
Auch ein Betrieb aus der Romandie, der nicht genannt sein möchte, betont, dass er, wenn immer möglich, seine Lernenden im Betrieb weiter beschäftige. Walter Fuchs-Kuchen, Bäckerei Fürst, Bern, nennt als Vorteil, dass er zwei Tage in der Woche geschlossen hat, was die Frage des Personalmangels ebenfalls entschärfe.
Auch in der Romandie herrscht bei vielen Betrieben Personalmangel. Joël Mérigonde, von der Chocolaterie Mérigonde in Genf sieht vor allem im Verkauf Probleme: «Es ist schwer, professionelles und motiviertes Personal zu finden. Einer der Gründe für diesen Mangel ist die relativ geringe Anzahl von Berufsbildner*innen und Ausbildungsbetrieben.»
Investieren ins Personal als Reaktion
Viele der befragten Inhaberinnen investieren vermehrt ins bestehende Personal, indem sie zum Beispiel Löhne erhöhen oder generell die Arbeitsbedingungen verbessern. Jörg Zenhäusern von Zenhäusern Frères in Sion zählt folgende Massnahmen auf, die ergriffen wurden: flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice im Adminbereich, Stärkung der Ausbildung und Weiterbildung, Verbesserung der Kommunikation bzw. Wertschätzung im Betrieb, verstärktes Employer Branding sowie höhere Löhne und bessere Versicherung.
Auch Alexander Reinhard von der Bäckerei Reinhard in Bolligen (BE) hat gehandelt: «Unsere Mitarbeitenden haben den Teuerungsausgleich erhalten. Im vergangenen Herbst hat unser Personal zudem einen zusätzlichen (Inflations-) Bonus erhalten.» Lohnerhöhungen im ganzen Betrieb bestätigt auch ein nicht namentlich genannt sein wollender Betrieb im Oberaargau.
Viele der befragten Inhaberinnen glauben, dass der Fachkräftemangel weiterhin ein Problem ist bzw. bleiben wird: «Der Fachkräftemangel ist besorgniserregend und Existenz bedrohend», schreibt beispielsweise Andreas Dossenbach von der Bäckerei Dossenbach GmbH aus Engelberg (OW).
Was tun Betriebe gegen höhere Kosten?
Nebst dem Fachkräftemangel sind die gestiegenen Kosten in den Bereichen Rohstoffe, Verpackungsmaterial, Energie, Löhne etc. ebenfalls ein Thema, dass die befragten Betriebs-Inhaberinnen stark beschäftigt. Fast alle der antwortenden Inhaberinnen haben in letzter Zeit (mehrmals) die Verkaufspreise erhöht, was von der Kundschaft generell gut akzeptiert worden sei, wie zum Beispiel die Zuckerbäckerei Ermatinger aus Schaffhausen (SH) schreibt. Auch Jörg Zenhäusern, Zenhäusern Frères SA, Sion (VS), hat diese Erfahrung gemacht: «Der Kundschaft ist bewusst, dass wir keine andere Wahl haben, als die Preise zu erhöhen und bleibt uns treu.»
«Der Kundschaft ist bewusst, dass wir keine andere Wahl haben, als die Preise zu erhöhen und Sie bleibt uns treu.»
Jörg Zenhäusern, Zenhäusern Frères SA, Sion
Ähnlich beurteilt auch Joël Mérigonde von der Chocolaterie Mérigonde in Genf die Situation: «Wir mussten die Preise um rund 10 % erhöhen und befürchteten anfangs negative Reaktionen der Kundinnen, doch das Verständnis ist da und wir haben keinerlei Diskussionen.» Das Verständnis sei teilweise sicher auch aufgrund der zahlreichen Medienberichte gewachsen, ergänzt er. Nebst den auf der Hand liegenden Preiserhöhungen trafen manche Betriebe weitere Massnahmen, um die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. So nennt Urs Lichtensteiger von der Genussbäckerei Lichtensteiger aus Flawil (SG) als zusätzliche Massnahme die Schulung von Mitarbeitenden im Bereich Ressourcenschonung.
Auch bei der Bäckerei Bignasca aus Lugano – Sonvico (TI) sind unter anderem die Überprüfung und Bewertung eingekaufter Rohstoffe, die Reduzierung von Beständen, die Optimierung von Produktionsprozessen sowie interne Personal-schulungen geplant, um die Kosten im Griff zu behalten. Luca Danesi von der Panetteria-Pasticceria Danesi in Melano (TI) wiederum sucht teilweise neue Lieferanten und versucht Verpackungen zu ersetzen, die massiv teurer geworden sind. Auch die Bäckerei Reinhard, Bolligen (BE), hat verschiedene Massnahmen ergriffen: «Wir analysieren Arbeitsabläufe und verhandeln mit Lieferanten. Im Energiebereich haben wir bereits einige Massnahmen ergriffen. Ein Energieprojekt, das uns in Richtung Selbstversorger führt, ist in Planung», schreibt Inhaber Alexander Reinhard.
«Im Moment bin ich ruhig. Es wird sich zeigen, wie sich alles entwickelt. Ich bleibe zuversichtlich.»
Walter Fuchs-Kuchen, Bäckerei Fürst, Bern
Ungewissheit, aber auch Optimismus
Generell lässt sich sagen, dass die steigenden Kosten bezüglich Rohstoffe, Energie, Mieten etc. in der Branche für Ungewissheit sorgen und auch Zukunftsängste auslösen. Dem gegenüber stellen manche der Befragten jedoch auch fest, dass sich der Zusammenhalt in der Belegschaft und in der Betriebsführung verstärkt. So schreibt zum Beispiel Urs Lichtensteiger von der gleichnamigen Bäckerei, dass die Stimmung «nervös, angespannt und nicht planbar» sei, gleichzeitig aber ein «unglaublich guter Zusammenhalt im Unternehmen» herrsche und «die Führung ihre Verantwortung übernimmt».
Recht viele Inhaberinnen sehen trotz der zahlreichen Herausforderungen positiv in die Zukunft. So zum Beispiel Alexander Reinhard von der Bäckerei Reinhard in Bolligen: «Wir sind positiv gestimmt, stehen aber vor einigen Herausforderungen – insbesondere auch auf der Kostenseite.» Auch Walter Fuchs-Kuchen von der Bäckerei Fürst in Bern zeigt sich optimistisch: «Im Moment bin ich ruhig. Es wird sich zeigen, wie sich alles entwickelt. Ich bleibe zuversichtlich.»
Die umfassenden Antworten der befragten SBC-Mitglieder, die ihre Einwilligung zur Veröffentlichung gegeben haben, sind im Intranet in der Rubrik Verband aufgeschaltet. Intranet…»
SBC