Der pensionierte Berufsschullehrer Hubert Gassmann macht sich Gedanken zu den Arbeitszeiten in der Branche.

Als langjähriger Berufsschullehrer am Berufsbildungszentrum Willisau geniesse ich heute in meiner Pension ruhigere Zeiten. Trotzdem teile ich weiterhin gerne bei verschiedenen Gelegenheiten meine Begeisterung für den Bäcker-Konditor-Confiseur-Beruf.
Im Austausch mit interessierten Lernenden und deren Eltern fällt mir eines auf: Unser Beruf wird als anerkennenswert und kreativ eingestuft, dies aber leider nur vordergründig. Sobald die Berufswahl konkreter wird, häufen sich die Fragen und Bedenken bezüglich des Arbeitsbeginns. Nach wie vor gilt der frühe Arbeitsbeginn als Berufskiller. Hand aufs Herz, wenn eines unserer eigenen Kinder mit 15 Jahren morgens vor 4 Uhr mit der Arbeit beginnen würde, wären wir als Eltern auch nicht begeistert. Da die meisten Lernenden
bei den Eltern wohnen, kommt der Arbeitsweg bei Nacht dazu.

Ich bin überzeugt, es gibt viele begeisterungsfähige Jugendliche. Es stellt sich folglich die Frage: Wie kann innovativ mit diesem Berufskiller umgegangen werden? Packen wir die Chance von heute, dass die zunehmende Tagesarbeit in der Ausbildung, vor allem beim Berufseinstieg, zum Standard wird.

Ein Berufskollege hat mir neulich im Gespräch mit Stolz verkündet, dass bei ihm bereits fünf Jugend­liche für eine Schnupperlehre angefragt haben. Mitverantwortlich für dieses rege Interesse ist mit Sicherheit die Tatsache, dass Lernende in diesem Betrieb nicht
vor 5 Uhr mit der Arbeit beginnen. Ich denke, dass die Lehrbetriebe gewisse Rahmenbedingungen ändern müssen, damit die Freude und Begeisterung bei den Jugendlichen sowie auch bei den Eltern für das schöne Handwerk erhalten bleiben.

Hubert Gassmann

Hubert Gassmann ist diplomierter Bäcker-Konditor-Confiseurmeister und pensionierter Berufsschullehrer. Er war Prorektor des Berufsbildungszentrums Willisau und setzt sich seit Jahren für die Nachwuchsförderung und -ausbildung ein.

swissbaker-blog
Die Blog-Beiträge spiegeln die Meinung des Gastkolumnisten wieder. Für deren Richtigkeit und Vollständigkeit übernimmt «panissimo» keine Gewähr.

Das könnte Sie auch interessieren