Die Wirtschaft brummt, es herrscht beinahe Vollbeschäftigung, der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Die Zinsen steigen und steigen. Was bedeutet dies genau für mich, für den einzelnen Betrieb? Was muss ich beachten?

Die schweizerische Nationalbank (SNB) hat per 23. Juni 2023 ihren Leitzins erneut um +0.25% auf 1.75% erhöht. Im Internationalen Vergleich stehen wir gegenüber der europäischen Zentralbank (EZB) mit 4.0%, Grossbritannien mit 5.0% und der USA mit 5.25% vergleichsweise gut resp. mit sehr tiefem Leitzins da. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt hat die türkische Nationalbank ihren Leitzins auf schwindelerregende 15.0% erhöht! Der Zweck dieser hohen Zinsen ist überall der gleiche. Die Zinsen sollen die grassierende Inflation in den einzelnen Ländern eindämmen. Die zum Teil sehr hohen Inflationsraten sind aber nicht nur durch die Geldmengen entstanden, sondern vielerorts durch die Ver-
knappung des Angebots bei gleicher oder sogar höherer Nachfrage. Die Produktionen laufen seit der COVID Pandemie nicht mehr auf dem gleichen Niveau, viele Angebotsketten wurden durchbrochen, das Angebot verknappte sich – ergo steigt der Preis. 

Die Preisanpassungen könnten aber auch als Korrektur einer über zehnjährigen Schönwetterphase verstanden werden. Tiefste Zinsen bei gleichbleibenden Preisen und gleichzeitig massiver Erhöhung der Geldmengen. Die Folge davon bekommt die Weltwirtschaft jetzt zu spüren.

Markus Künzli, Direktor SBC Treuhand

Weitere Preiserhöhungen ratsam

Was hat dies nun für Auswirkungen auf den einzelnen Betrieb in der Schweiz? Obschon die Inflationsrate in der Schweiz im Verlauf des 2. Quartals 2023 von 2.9% auf 2.6% wieder etwas gesunken ist, ist die Quote insgesamt für Schweizer Verhältnisse immer noch hoch. Dies bedeutet, weitere Preisanpassungen in den Läden sind unumgänglich, zumal die Effekte der Volkswirtschaft meistens mit einige Monaten Verzögerung an der Basis eintreten werden. D.h. die Preisanpassungen der Lieferanten, die Einkaufspreise etc. sind noch nicht fertig und werden weiter ansteigen. Wer jetzt bereits diese Erhöhungen nicht mehr an seine Kunden weitergibt, läuft Gefahr, seine Margen aufs Spiel zu setzen und einen Teil der Kosten selbst zu tragen. 

Zudem wird hier auch der bis auf weiteres bleibende Fachkräftemangel ebenfalls zu einer Verteuerung des Personals oder zu einer Verknappung der Produktion resp. des Angebots führen. Auch dies muss bei der Preisfestsetzung / Kalkulation beachtet werden. 

Also weiterhin die Produkte beobachten und längstens fürs Weihnachtsgeschäft die Preise nochmals grossmehrheitlich oder mindestens punktuell erhöhen. 

Übrigens: die Erfahrungen aus den Preiserhöhungen zeigen anhand der Abschlüsse 2022 aus heutiger Sicht grossmehrheitlich keine Umsatzwegbrüche oder -einbussen. Die Preiserhöhungen wurden vielerorts akzeptiert und auch bezahlt. Bis wo diese Reise weitergeht oder weitergehen kann, also bis die Schmerzgrenze bei den Kunden definitiv erreicht ist, wird sich zeigen. Besonders in ländlichen Gebieten ist wohl eine baldige Sättigung zu erwarten. 

Andere Massnahmen gegen Kostenanstieg

Viele Betriebe haben deshalb nicht nur die Preise angepasst, sondern versuchen natürlich auch auf der Kostenseite zu sparen. Häufigstes Mittel ist hier die Anpassung der Öffnungszeiten zwecks Einsparung von Personalstunden. Weniger gut laufende Tage oder Tagesabschnitte wurden gestrichen.

Ebenso bekamen wir häufig Rückmeldungen, dass das Backvorgehen analysiert und wo möglich angepasst wurde, um Strom zu sparen. Bei teilweise massiv gestiegenen Strompreisen ein probates Mittel mit einem nicht zu unterschätzenden Wert. 

So oder so bleiben die Herausforderungen der Branche zahlreich.

Markus Künzli, Direktor SBC Treuhand

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