Food Save und Nachhaltigkeit im Generellen standen an der traditionellen Tagung der Vereinigung der Backbranche (VDB) in Nottwil (LU) im Vordergrund. Gregor Maier zeigte den Teilnehmenden auf, wie in der Bäckerei-Konditorei-Café Maier in Laufenburg (AG) der Weg zur Nachhaltigkeit beschritten wird.

Wie kann Lebensmittelverschwendung verringert werden? Dieses hochaktuelle Thema stand an der Herbsttagung der Vereinigung der Backbranche (VDB) in Nottwil (LU) im Fokus. «Nachhaltigkeit, das ist das Ziel» lautete der Titel des Referats von Gregor Maier, der auch nicht mit Selbstkritik sparte. Das Geschäftsleitungsmitglied und Produktionsleiter im Familienunternehmen Bäckerei-Konditorei-Café Maier, war 2017 als Lehrmeister des Jahres und vor einem Jahr für die Bäckerkrone nominiert worden. Maier nannte einleitend ein paar Zahlen: Mit 200 Mitarbeitenden werden über 850 Produkte hergestellt und in den zehn Filialen sowie sechs fahrbaren Verkaufsmobilen angeboten – das 365 Tage im Jahr. 900 Tonnen Mehl werden jährlich verarbeitet. 50% des Umsatzes gehe über die eigenen Filialen, die anderen 50% über Lieferungen en Gros oder den Frischdienst, so Maier. Einen grossen Anteil nehme auch der Bereich Apéro und Catering ein. Sie seien daran, das Sortiment stetig zu verringern, doch sei dies eine grosse Herausforderung, meinte er mit einem Schmunzeln.

v.l.: Heinz Frei (Gastreferent und Rollstuhlsportler), Gregor Maier (Bäckerei-Konditorei-Café Maier in Laufenburg) und Michael Kleinert (Präsident VDB).

Um Food Waste zu verhindern, hat die Bäckerei Maier ein Brotabonnement entwickelt. «Heute merken wir, dass Brot nicht abonnementstauglich ist», stellte der Referent fest. Der Kunde wolle das Brot spontan kaufen können. Im Weiteren wird unter anderem mit Too good to go zusammengearbeitet. Auch gebe es auf einem speziellen Tisch Produkte vom Vortag zu einem reduzierten Preis und es werden Rework-Produkte wie beispielsweise Dinkelchips hergestellt.

Arbeitsgruppe Bäckerei-Confiserie

Die Bäckerei Maier macht bei der Arbeitsgruppe «Food Save» mit United Against Waste (UAW) und dem Schweizerischen Bäcker-Confiseumeister-Verbandes SBC ins Leben gerufen worden ist. Die im Betrieb im Rahmen dieses Programms erhobenen Daten über die Retouren aus den Filialen seien «katastrophal» gewesen, gestand Maier, vor allem bei den Grossbroten. Die Geschäftsleitung habe sofort reagiert und so konnten die Retouren deutlich unter 8% verringert werden, wobei immer noch Potenzial vorhanden sei. Die Abfälle sollen zu einem späteren Zeitpunkt in der Branche systematisch analysiert werden, informierte Markus Hurschler, UAW-Geschäftsleiter.

2,8 Mio Tonnen Lebensmittel verschwendet

Rund ein Drittel aller essbaren Anteile von Lebensmitteln geht zwischen Acker und Teller verloren oder wird verschwendet, das sind pro Jahr 2,8 Mio. Tonnen. Deshalb hat der Bund einen Aktionsplan ins Leben gerufen, der mit zahlreichen Massnahmen im Vergleich zu 2017 die Halbierung des Food Wastes bis 2030 erreichen möchte. Ein wichtiges Element dieses Aktionsplans ist die branchenübergreifende Vereinbarung zur Reduktion der Lebensmittelverluste, die der SBC ebenfalls unterzeichnet hat. Mithilfe dieses Dokuments will der Bund die Umsetzung «der eigenverantwortlichen Massnahmen der Wirtschaft koordiniert angehen». Die Organisationen und Unternehmen aus Handel, Gastronomie, verarbeitenden Industrie und Landwirtschaft, die dieses Papier unterzeichnet haben, verpflichten sich, die vermeidbaren Lebensmittelverluste bis 2030 zu halbieren. Dabei sollen die Fortschritte regelmässig erhoben und kommuniziert werden.

Die Vereinbarung zur Reduktion von Lebensmittelverlusten…»

Ohne Mitarbeitende funktioniert’s nicht

Die Standortzusammenführung bei Hug AG in Malters (LU) war an der Tagung ein weiteres Thema. Die Wernli-Produktion von Trimbach (SO) wurde ins 75 Kilometer entfernte Malters verschoben. Diesen Umzug betraf 120 Mitarbeitende und fünf Produktionslinien. Ivo Signer, Produktionsleiter, berichtete über die erfolgreiche Standortzusammenführung, die vor rund zehn Jahren gestartet wurde. Er hob die Kommunikation mit den Mitarbeitenden hervor: «Sie sind ein Erfolgsfaktor des Unternehmens. Wenn sie das Projekt nicht verstehen, bringst du dieses nicht zum Fliegen.»

Krise als Chance

Die wirtschaftspolitischen Bedingungen in der Schweiz seien äusserst schwierig, schilderte Catherine Cunin von Blattmann Schweiz AG (Wädenswil/ZH) die Ausgangslage. Das Unternehmen beliefert Lebensmittelhersteller/innen in der Schweiz und in Europa mit biologischen und konventionellen Lebensmittelzutaten, wie Bio Glukosesirup sowie Weizen- und Dinkelgluten. Man habe die Krise als Chance genutzt und an einem Workshop in diesem Frühjahr mit zum Teil externen, branchenfremden Teilnehmenden drei Innovations-Projekte erarbeitet, zum Beispiel IP Suisse Dinkelgluten. Nun soll das Gleiche mit dem Weizen geschehen. Sie forderte, dass künftig Gluten in der Schweiz und nicht im Ausland gekauft werden soll. Denn: «Wenn Kundinnen und Kunden Brot kaufen, erwarten sie, dass es 100% Schweiz ist, das ist heute nicht der Fall.»

Treberbrot

Ein weiteres Projekt von Blattmann Schweiz AG ist das Angebot von Treber. Das Treberbrot habe sich in Deutschland bereits etabliert. Es sei nichts Neues oder Innovatives. Es stelle sich nur die Frage, wann dies in der Schweiz angeboten werde. Bis maximal 20% Treber könne dem Brot beigegeben werden.

Wertschöpfung durch Upcycling (Aufwertung) von Lebensmitteln – das präsentierte ebenfalls Friedrich Witschi von Circular Food Solution aus Lenzburg (AG). Unter anderem wird aus Biertreber, der beim Brauen anfällt, ein neues Fleischersatzprodukt hergestellt.

Brotversorgung in der Ukraine

Nach seinem emotionalen Auftritt an der VDB-Frühlingstagung wurde der Berliner Bäcker Florian Domberger per Video zugeschaltet. Er betreibt mobile Bäckereien in Deutschlands Hauptstadt und engagiert sich in diversen Projekten in der Ukraine, um beispielsweise die Brotversorgung in Frontnähe zu gewährleisten. Neben Gerätschaften und Material benötigen die von ihm unterstützten Organisationen vor allem Geld, um die Mitarbeitenden entlöhnen zu können. VDB-Vorstandsmitglied Konrad Mändli informierte, dass der Vorstand einen Betrag von CHF 3000 gesprochen habe. Zudem werde die VDB bei Bedarf weiterhin Material und Gerätschaften liefern.

Mit Disziplin und Eigenverantwortung

Zum Schluss schilderte Heinz Frei, einer der erfolgreichsten Spitzensportler der Schweiz, seine beeindruckende Geschichte, nachdem er im Alter von 20 Jahren durch einen tragischen Sportunfall querschnittgelähmt wurde. «Ich wusste, dass ich jetzt mein Leben mit Disziplin und Eigenverantwortung in meine eigenen Hände nehmen will», erklärte der heute 65-Jährige. Seit diesem Entschluss halte die Entdeckungsreise mit seinem Körper so vieles bereit. Die Freude an der Bewegung und all die Emotionen würden ihn noch heute motivieren. «Ich bin dankbar, was mir das Leben geschenkt hat!»

Die Tagungsteilnehmenden folgten trotz der Fülle von Informationen, die sie den ganzen Tag erhalten hatten, aufmerksam den Erzählungen von Heinz Frei, einige äusserten sich beeindruckt von seinem Lebensweg. Er habe selten an einer VDB-Tagung so viel Zuversicht und Freude erlebt wie bei Heinz Frei, meinte Präsident Michael Kleinert denn auch zum Abschluss der Tagung.

Die nächste Tagung findet am 21./22. März 2024 an der Richemont Fachschule in Luzern statt. Thema wird der Sauerteig sein. Kleinert verriet, dass es sensorische Highlights geben wird.

Claudia Vernocchi

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