Die Themen Nachhaltigkeit und soziales Engagement werden in der Bio-Bäckerei Neuhof in Schlieren (ZH) grossgeschrieben. «panissimo» unterhielt sich mit Geschäftsführerin Priska Furrer über den Nachwuchs, das Handwerk, die Bio-Produkte, … und die Partnerschaft mit Too Good To Go. Die Aktion gegen Food Waste komme bei den Kundinnen und Kunden sehr gut an.

Die Geschichte der Bio-Bäckerei begann im Restaurant Neuhof, einer «Kulturbeiz» im ländlichen Bachs (ZH). Der damalige Geschäftsführer Patrick Honauer setzte voll auf Bio und schuf damit einen der ersten Bio-Gastronomiebetriebe in der Schweiz. Seit 1998 werden im Restaurant Neuhof, in Zusammenarbeit mit axisBildung, junge Menschen mit individuellem Förderbedarf ausgebildet. Die Ausbildung wird von der Invalidenversicherung oder der Jugendanwaltschaft unterstützt.

Zuerst wurden nur Lernende in der Küche und im Service ausgebildet, später auch Bäckerinnen und Bäcker. Dafür wurde der ehemalige Stall in eine Bäckerei-Konditorei umgebaut.

2015 wurde das Restaurant als Ausbildungsbetrieb geschlossen und die Bäckerei losgelöst weiter­geführt werden – Benjamin Korb übernahm die Leitung des Betriebs. Als 2019 die Bäckerei Tschannen zum Verkauf stand, ergriff der junge Branchenmann die Chance und verlegte die Bäckerei an die Kesslerstrasse in Schlieren (ZH).

Die Lernenden in den ersten Arbeitsmarkt begleiten

Da sich Benjamin Korb dafür entschied, in seinen Familienbetrieb in Deutschland zurückzukehren, übernahm Priska Furrer im April dieses Jahres das Ruder. Die Zürcher Unterländerin ist gelernte Floristin. Sie arbeitete im Strafvollzug mit Gefangenen, wo sie sich zur Fachfrau im Justizvollzug weiterbildete. Zuletzt hat sie ihr Studium als Sozialpädagogin erfolgreich abgeschlossen. Seit 2011 ist Priska Furrer für axisBildung tätig und seit 2014 begleitet sie die Lernenden der Bäckerei Neuhof. Nun hat sie eine Doppelrolle: Geschäftsführerin und Sozialpädagogin. Um beide «Jobs» unter einen Hut zu bringen, müsse sie manchmal einen Spagat zwischen der sozialpädagogischen Begleitung und den Anforderungen der Arbeitswelt machen. «Die Zusammenarbeit mit den Lernenden ist spannend, aber auch anspruchsvoll, und es erfordert Geduld. Die Jugendlichen sind in die gesamten Produktionsprozesse eingebunden», erklärt Furrer. «Unser Ziel ist, die Lernenden in den ersten Arbeitsmarkt zu begleiten.» Neben den sieben Lernenden sind drei Mitarbeitende in der Bäckerei, zwei in der Konditorei und drei an der Verkaufsfront beschäftigt.

Handwerk und grosses Wissen

Wie es der Name schon sagt, werden in der Bäckerei-Konditorei ausschliesslich Bio-Produkte hergestellt. Die Rohstoffe stammen von regionalen und lokalen Produzenten sowie von Bio-Grossverteilern. «Wir haben 15 verschiedene Mehlsorten und mischen die Teige jeden Tag neu. Hier ist Handwerk und grosses Wissen gefragt», unterstreicht Priska Furrer. «Die Bio-Vorgaben sind streng und die Produkte werden regelmässig überprüft», erklärt sie. Alternative Rohstoffe in Knospe- oder Bio-Qualität zu suchen, die es nicht mehr gibt, gestaltet sich schwierig, da meist das ganze Rezept abgeändert werden muss. «Wir mussten uns den Raum schaffen.» Die Produkte werden auch in den Bachsermärt-Filialen, über Farmy.ch und in verschiedenen Bio- oder Unverpackt-Läden verkauft.

«Das Handwerk ist wichtig. Denn es ist unsere Chance, uns als Fachgeschäft von den Grossverteilern abzuheben.»

Neue Stammkundinnen und -kunden gewonnen

«Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt?», wollte «panissimo» von Priska Furrer wissen. «Es ist immer gut gelaufen. Wir haben von der Pandemie profitiert, hatten keine Einschränkungen – und glücklicherweise auch keine Krankheitsfälle», lautet ihre Antwort. Ein Grund: Die Produkte konnten fortwährend an die verschiedenen (Online-)Detailhändler geliefert werden. Und: «Dank der Homeoffice-Pflicht haben wir neue Stammkundinnen und -kunden gewonnen. Ein Teil wird sicherlich wieder wegfallen, aber einige werden uns auch erhalten bleiben», freut sich Furrer. Doch die Pandemie hatte nicht nur positive Seiten. «Zu sehen, wie kleinere Geschäfte schliessen mussten, war traurig. Zudem war die viele Arbeit mit den Pandemievorgaben zeitweise eine grosse Belastung für das Team. Ob die Arbeitsauslastung weiter anhält, wissen wir nicht.» Zur Bäckerei Neuhof gehört ein kleines Café. Dieses ist seit längerer Zeit geschlossen. Vorgesehen ist, dieses mit der Konditorei und dem Verkaufsladen zu renovieren.

Ein weiterer Nachhaltigkeits-Schritt

Vor zwei Jahren hat die Bäckerei Neuhof einen weiteren Nachhaltigkeits-Schritt vorgenommen: Eine Partnerschaft mit Too Good To Go. «Wir haben uns dazu entschieden, weil das Thema Nachhaltigkeit bei einem Bio-Betrieb dazugehört und dieses Angebot daher bestens zu uns passt», zeigt die Zürcher Berufsfrau auf. «Bei den Kundinnen und Kunden kommt es sehr gut an und wird geschätzt», freut sie sich. «Wir bieten pro Tag zwei Über­raschungspäckli an. Bei Bedarf können wir mit der Zahl variieren. Diese können ganz einfach in der App von Too Good To Go hinterlegt werden», hebt die Geschäftsführerin hervor und ergänzt: «Mehr müssen wir nicht machen. Die restliche Arbeit wird uns von Too Good To Go abgenommen.» Es funktioniere sehr gut mit der Abholung und passiere selten, dass eine Kundin oder ein Kunde nicht auftauche. Das Interesse, die Nachfrage sei vorhanden und die Überraschungspäckli würden immer Anklang finden. «Ich bin zufrieden und kann es nur weiterempfehlen, Partnerin von Too Good To Go zu werden», betont Priska Furrer.

Handwerk, Berufsstolz, Nachwuchs

«Das Handwerk ist wichtig. Denn es ist unsere Chance, uns als Fachgeschäft von den Grossverteilern abzuheben. Es braucht uns und wir dürfen Stolz auf unsere Arbeit sein», lautet die abschliessende Botschaft an ihre Branchenkolleginnen und -kollegen. Und: «Wir müssen den Nachwuchs unbedingt fördern und Lernende ausbilden, denn sie sind unsere Zukunft!»

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