Jordi Morera, Weltbäcker 2017 und Mitglied des Club Richemont Spanien, wird am 21. und 22. Februar als Gastreferent in der Richemont Fachschule in Luzern einen Kurs durchführen mit dem Titel: «Die Brot- (R)evolution». Der renommierte Branchenmann aus Barcelona nahm vor einiger Zeit selbst am beliebten, exklusiven Wochenkurs für Mitglieder des Clubs Richemont Spanien in Luzern teil. Daniel Kühne, Fachlehrer Bäckerei & Feinbäckerei der Richemont Fachschule, hatte die Chance, dem Spanier ein paar Fragen zu stellen.
Jordi Morera, wie lautet der Name deiner Bäckerei und wo befindet sie sich?
L’Espiga d’Or und sie befindet sich in Vilanova i la Geltrú (Barcelona). Wir haben noch zwei weitere Geschäfte, die wir vor kurzem eröffnet haben. Das erste heisst Espícula und befindet sich in Andorra, das zweite ist Fleca Jordi Morera in Barcelona.
Wie lange gibt es die Bäckerei schon?
L’Espiga d’Or wurde 1888 in den engen Gassen des alten Viertels von Vilanova i la Geltrú gegründet. Die Bäckerei war auch unter dem Namen ihrer Besitzerin bekannt, meiner Urgrossmutter Genoveva, einer Frau mit Charakter und einer starken Persönlichkeit. Von ihr haben wir noch die Notizbücher mit den Aufträgen und den ausstehenden Rechnungen vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Die Backtradition in der Familie besteht schon seit Generationen.
Wie viele Mitarbeitende hast du?
In Vilanova sind wir fast 50 Mitarbeitende, und mit den beiden anderen Geschäften (Andorra und Barcelona) sind es fast 100.
Was ist deine Spezialität?
Handwerklich hergestellte Brote und Feingebäcke, viele davon aus biologischem Anbau und alle 100% natürlich, mit lokalen Mehlen, ohne chemische Zusätze und mit langer natürlicher Gärung.
Wie lange baust du schon dein eigenes Getreide an?
Wir bauen seit acht Jahren Getreide an, aber im letzten Jahr haben wir zum ersten Mal damit begonnen, dies in grösserem Umfang zu tun. Unser Ziel war es, im Rahmen eines Projektes, einen verlassenen Bauernhof in Vilanova wieder zu beleben und zu bebauen, nach den Parametern einer regenerativen und ökologischen Landwirtschaft.
Welche Sorten säst du?
Wir haben uns immer für alte Sorten entschieden, insbesondere für Dinkel und Halbhartweizen wie Kamut. In diesem Jahr probieren wir auch etliche andere autochthone Sorten aus, um herauszufinden, welche sich am besten für unser Land und das sich verändernde Klima eignen.
Welche Produkte stelltst du aus dem selbstangebauten Getreide her?
Abgesehen von den traditionellen Broten, wie dem für Vilanova typischen „Pan de Sombrero“, sind diese Mehle in allen unseren Broten mit einem mehr oder weniger großen Anteil enthalten, entweder im Sauerteig oder im Hauptteig, um allen unseren Produkten eine persönliche Note zu geben.
Welchen Prozentsatz des Jahresverbrauchs entfällt auf Getreide, welches du auf den eigenen Feldern anbaust?
Bis zu diesem Jahr stammten nur ein paar tausend Kilo Getreide von unseren eigenen Feldern, aber von den anderen Landwirten in der Gegend, mit denen wir zusammenarbeiten, sind es fast 50 %.
Was sind die beruflichen Herrausforderungen von dir?
Die Suche nach der Regelmässigkeit in unseren Broten, die so „wild“ sind, weil sie so natürlich und handwerklich hergestellt werden. Ich denke, dass ist die große Herausforderung für alle, die mit alten Getreidesorten und langen Triebführungen arbeiten. Wie mein Vater zu sagen pflegte: Brot zu backen ist einfach; gutes Brot zu backen ist schwieriger; aber was wirklich kompliziert ist, ist jeden Tag gutes Brot zu backen.
Was sind deine geschäftlichen Herrausforderungen?
Im Moment plane ich, mich auf meine aktuellen Projekte zu konzentrieren, insbesondere auf den bereits erwähnten Hof für regenerative Landwirtschaft.
Wie wichtig sind die sozialen Netzwerke für dich?
Sie sind ein grundlegendes Instrument, um die Kultur des guten Brotes zu verbreiten. Es reicht oft nicht aus, ein gutes Produkt herzustellen, man muss es auch bekannt machen und den Verbrauchern erklären, damit sie es zu schätzen wissen. Noch nie hatten wir es so leicht wie jetzt, dank den sozialen Medien.
Auf welchen Medien bist du am aktivsten?
Zweifelsohne Instagram und in geringerem Masse auch Facebook.
Was sind deine Herausforderungen für die Zukunft?
Ich will mich auf das Erreichte konzentrieren und weiter verbessern. Den Wertschöpfungskreis weiter verkleinern, bezogen auf die Distanz, indem wir uns auch mit dem Anbau befassen. So wie es der Weinbau schon seit Jahrzenten wieder macht.
Über den Richemont Club Spanien und die Beziehung zu Richemont Luzern
Der Richemont Club Spanien wurde im Jahre 1993 gegründet und hat unterdessen 80 Mitglieder. Als Jorge Pastor den Club präsidierte, initiierte er im Jahr 2011 den 1. Kurs in der Fachschule Richemont, der zwei Tage dauerte. Das Thema war damals Dinkel- und Roggenbrote. Weil Jorge Pastor längere Zeit in Deutschland arbeitete, sprach er bestens Deutsch und so konnte er den Kurs simultan ins Spanische übersetzen. Dieser 1. Kurs fand grossen Anklang und es entstand der Wunsch, einen Bäckerei – Wochenkurs exklusiv für den Richemont Club Spanien durchzuführen. Im Jahre 2012 fand der erste Wochenkurs statt. Das Thema war « Brote mit verschieden Vorteigen und Triebführungen». Ebenso wurde den spanischen Berufsleuten auch die Schweizer Bäckerei nähergebracht. Da es mehr Interessenten als Plätze für diesen Kurs gab, wurde der Kurs im nächsten Jahr wiederholt. Es sprach sich in Spanien unter den Bäckern herum, dass dieser Kurs sehr spannend und lehrreich ist und so wird er jährlich angeboten und jeweils mit 12 -18 Teilnehmern. Das Angebot entwickelte sich zu einem wichtigen Bestandteil des Jahresprogramms, sowohl beim Club Richemont Spanien als auch in der Fachschule Richemont. Im November 2022 wurde er nun nach einem Jahr Unterbruch wegen der Pandemie zum neunten Mal durchgeführt. Der Kurs hat sich in dieser Zeit auch weiterentwickelt, so wurde das Thema Sauerteig immer wichtiger und die Teilnehmer sind nicht nur aus Spanien, sondern auch aus Mittel- und Südamerika. In den zehn Jahren haben gegen 150 Bäcker diesen Kurs besucht, unter anderem auch Jordi Morera. Er selbst bezeichnet diesen Kurs als Meilenstein auf dem Weg zum Weltbäcker 2017 und ebenso im heutigen schwierigen Geschäftsumfeld, um als Bäcker bestehen zu können.
Autor: Daniel Kühne, Fachlehrer Bäckerei & Feinbäckerei, Richemont Fachschule