In Chur wird wieder Schokolade hergestellt. Am 6. März eröffnete Merz seine Schokoladenmanufaktur – ein Projekt mit den bedeutenden «Zutaten» Handwerk, Nachhaltigkeit, Qualität und Leidenschaft.

Die Idee, hauseigene Schokolade herzustellen, schlummerte schon einige Zeit im Kopf von Roni Merz. Vor rund zwei Jahren wurde sie konkret, erinnert sich Roni Merz, Mitinhaber des Unternehmens Merz in Chur im Gespräch mit «panissimo». Denn: Die industriell und halbindustriell hergestellte Schokolade sei in den letzten Jahren qualitativ besser geworden, so dass es immer schwieriger werde, sich als mittelgrosse Confiserie in diesem Markt zu behaupten. «Wir wurden immer stärker an den Rand gedrängt», begründet Merz den Entscheid, den Schritt zu wagen.
Mit der Schokoladenmanufaktur hat sich das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. «Nun haben wir ein Produkt, das unseren Firmencharakter widerspiegelt und 100 % Handwerk ist. Zudem ist es mit Ausnahme der Kakaobohne und dem Rohrohrzucker aus regionalen Rohstoffen hergestellt.»

Von 1893 bis 1997

Was nur wenige wissen: Der Bündner Hauptort schrieb bereits Schokoladengeschichte – bis 1997. Ab 1893 wurde in der Schokoladenfabrik Grison produziert, 1961 wurde diese von Lindt & Sprüngli übernommen. Doch mit der Schliessung des Werks vor 22 Jahren verschwand der Schokoladenduft aus der Stadt.

Die Herausforderungen

Roni Merz und sein Team wollten diese Schokoladentradition in Chur neu aufleben lassen. Also packten sie das Projekt vor rund zwei Jahren an. Es galt primär, die Grundkenntnisse zu erweitern und Antworten auf Fragen zu finden wie «Woher beziehen wir unsere Rohstoffe?» oder «Wie funktioniert der Kakaoimport?». Die grösste Herausforderung für Merz war, die optimalen Rohstoffe zu finden, die nach den Standards des fairen und biologischen Landbaus gepflanzt und geerntet werden sowie qualitativ hochwertig sind.
Nach eingehenden Recherchen entschieden sich die Verantwortlichen für Kakaobohnen von Beat Wiederkehrs Yacoa S.R.L. aus der Dominikanischen Republik und für Rohrohrzucker aus der paraguayischen Mühle La Felsiana. Die Maschinen stammen aus Italien, dort wurden die Churer Schokoladenpioniere auch beraten und geschult.

Chocolate Master

Ein nächster Task war, einen verantwortlichen Fachmann für die Produktion zu finden. Roni Merz musste nicht lange suchen: Michel Ebnöther, mit welchem er bereits zusammengearbeitet hat, war der richtige Mann – «ein Perfektionist, ein Tüftler, der sich auch mit Maschinen gut auskennt». Der Schwyzer Bäcker-Konditor begleitete das Projekt praktisch von den Anfängen an, seit April 2020 als fest angestellter Chocolate Master. Er bereut diesen Schritt nicht und antwortet mit Begeisterung auf die Frage, was ihm besonders an seiner Arbeit gefällt: «Der gesamte Prozess. Es macht Spass, Neues, Innovatives anzupacken und zu spüren, dass die Familie Merz voll dahintersteht!»

Fruchtig und Vanille / Caramel

Rund 18 Tonnen Schokolade sollen künftig bei Merz pro Jahr produziert werden. Ein grosser Teil ist für den Eigenbedarf vorgesehen, der Rest für die Gastronomie und Hotellerie. Die Versuchsreihe mit der Schokolade startete vor rund einem Jahr. «In den letzten Monaten haben wir fast täglich Schokolade degustiert», erklärt Roni Merz mit einem Schmunzeln. Es werden vier Grundsorten angeboten: weisse und eine Milchschokolade sowie zwei dunkle mit 52 % und 70 % Kakaoanteil. Die Kakaobohne verfügt über einen ausgeprägt fruchtigen Geschmack. Diese Säure ist bei der dunklen Schokolade markant spürbar – das Markenzeichen der Merz-Schokolade. Hingegen weist die Milchschokolade ein Aromabouquet aus Vanille und Caramel auf und ist säurefrei.
Neben der Produktion und dem Geschmack war die Preiskalkulation ebenfalls ein Diskussionspunkt. Wie viel soll ein Kilogramm Schokolade kosten? «Was nützt uns die beste Schoggi der Welt, wenn niemand den hohen Preis dafür bezahlen kann?!» Roni Merz und sein Team beschlossen, das Kilogramm zwischen 20 und 25 CHF zu verkaufen.

Ein neuer Trend?

Die Investition für die neue Schokoladenproduktion war relativ bescheiden: 140 000 CHF kostete gemäss Merz die Anschaffung der notwendigen Geräte. «Ich traue die Herstellung einer eigenen Schokolade vielen Betrieben in unserer Branche zu. Es ist keine Rieseninvestition», erklärt Roni Merz, der sich einen neuen Trend erhofft, ähnlich wie bei den Bierbrauern.

Produktion im Schaufenster

Nach und nach soll die Produkte­linie von Merz mit der hauseigenen Schokolade hergestellt werden. Noch gibt es das eine oder andere zu justieren, so will Michel Ebnöther unter anderem den Arbeitsprozess optimieren.
Zurzeit steht die Schokoladenproduktion noch im Untergeschoss des Merz-Mutterhauses an der Bahnhofstrasse in Chur. Hier befand sich bis vor zehn Jahren die Produktion. Im Sommer 2021 soll die Manufaktur in die Verkaufsfiliale integriert werden. «Wir wollen dieses wunderbare Handwerk für alle sichtbar machen», betont Roni Merz.

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