Chez Rüfi in Biel ist im vergangenen Herbst mit dem Projekt «Null Plastik» gestartet. Ab diesem Sommer will die in der Region renommierte Bäckerei-Confiserie-Café komplett auf Plastik-Verpackungen verzichten. «panissimo» wollte mehr erfahren und befragte Mitinhaber und Initiant Tom Rüfenacht.

Wann haben Sie mit der Planung «Null Plastik» gestartet?
Im August letzten Jahres haben wir mit der Planung begonnen. Der Start erfolgte dann im Oktober.

Was waren die Beweggründe für dieses Projekt?
Der steigende Abfallberg und die damit verbundene Umweltbelastung beschäftigen uns schon lange. Die Bevölkerung ist sensibilisiert. Mit dem Verzicht auf Plastik-Verpackungen leisten wir einen aktiven Beitrag. Im Weiteren achten wir beispielsweise darauf, dass wir möglichst wenig Food Waste produ­zieren.

Gab es bei der Einführung von «Null Plastik» Widerstände?
Natürlich gab es Widerstände. Jede Schweizerin und jeder Schweizer hat grundsätzlich Mühe damit, wenn sich in seinem Alltag etwas ändert. Es sind allerdings nur ein paar wenige, die sich negativ geäussert haben.

Was hatten Sie im Vorfeld für Bedenken?
Wir wussten nicht, wie die Kundschaft auf «Null Plastik» reagieren wird. Ob es Widerstand gibt. Oder wie das Handling mit der Depot­gebühr ist, beispielsweise bei den Take-away-Salaten.

Welche waren die grössten Herausforderungen?
Den Mut aufzubringen, in einem starken Kundenfranken-Segment Änderungen vorzunehmen.

Gibt es etwas, das Sie besonders überrascht hat?
Die sehr vielen positiven Reaktionen der Kundinnen und Kunden haben mich überrascht.

Wie war die Reaktion der Mitarbeitenden?
Zu Beginn hatten einige Mitarbeitende vor allem Respekt vor der Kommunikation. Diese Befürchtungen wurden jedoch rasch zerstreut. Wir verzeichnen ausserordentlich viele positive Feedbacks.

Wurden die Mitarbeitenden geschult?
Ja, wir haben eine kurze Schulung durchgeführt und haben Szenen durchgespielt, was man beispielsweise kritischen Kundinnen und Kunden entgegnen kann.

Wie wurden die Kundinnen und Kunden informiert?
Wir haben ein A4-Info-Blatt an der Verkaufstheke angebracht und unsere Kundinnen und Kunden mündlich orientiert.

Weshalb sollten andere Betriebe auf eine nachhaltige Verpackung achten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr spart eine Unmenge Geld! Zudem verzeichnet ihr eine Imagesteigerung … und es verleiht ein verdammt gutes Gewissen!

Können Sie uns ein paar Tipps für Betriebe nennen, die sich überlegen, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen?
Habt keine Angst vor Veränderungen! Ihr solltet jedoch den Jahresverbrauch an Take-away-Schalen zusammenrechnen. Wichtig sind auch die Instruktion der Mitarbeitenden und die Information der Kundinnen und Kunden. Dann läuft alles von selbst!

Hat «Null Plastik» auch Einfluss auf Ihren Privathaushalt?
Natürlich! Meine Ehefrau hat mich bereits vor Jahren «erzogen», immer einen Tüte bei mir zu haben, um die Einkäufe verstauen zu können. Unseren Kids haben wir den Röhrli-
Hype ausgetrieben. Wir haben 2018 nur für Trinkhalme 1500 Franken ausgegeben. Seit Anfang Jahr verzichten wir im Betrieb komplett auf die Röhrli. Wenn wir den Kindern und Eltern erklären, warum wir keine Röhrli mehr führen, stossen wir auf volles Verständnis und gar Zustimmung.

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Chez Rüfi in Biel

1895 eröffneten Emma und Fritz Rüfenacht in Biel ihre Bäckerei-Konditorei. Rund 20 Jahre später wurde die erste Bäckerei mit Café eingerichtet. 1993 übernahm die vierte Generation, die Brüder Christoph und Tom Rüfenacht, die Verantwortung für das Unternehmen. Die beiden gründeten die Chez Rüfi AG und beschäftigten damals 32 Mitarbeitende, heute sind es 54.

Ein nationales Netzwerk

Recircle ist ein nationales Netzwerk für Take-aways, die zur Abfallvermeidung die abwaschbaren Behälter mit Deckeln von Recircle verwenden, heisst es auf deren Webseite. Das neue Mehrweg­system wurde 2014 von der Projektgruppe gruenetatze.ch in der Stadt Bern erfolgreich getestet. Ermöglicht wurde der Versuch durch Finanzhilfen der Umwelttechnologieförderung des Bundesamtes für Umwelt. Dank Unterstützung der Klimastiftung Schweiz, der SVC Stiftung für das Unternehmertum, zahlreicher Städte und Gemeinden und einem langfristigen Darlehen des Vereins Innovationsfonds der Alternativen Bank Schweiz wurde es möglich, die Umsetzung von der Entwicklung bis zur Lancierung dieser Produkte voranzutreiben. Der Sitz von Recircle ist in Bern.

Lancierung von recircle

Die Initiative startete mit 24 Betrieben in fünf Kantonen.
Zu den Pionieren zählte unter anderem die Bio-Bäckerei ängelibeck in Köniz bei Bern. Ende 2018 waren es bereits rund 600 Betriebe, die mitmachten. Nun wird ein System für Coffee-to-go getestet.

So funktioniert Recircle

Als Kunde zahlt man 10 CHF Depot für die reBOX, in welcher das Essen mitgenommen wird. Diese kann bei jedem Recircle Partner zurückgegeben werden. Dieser wäscht die reBOX und bringt sie wieder in den Kreislauf. Oder: Der Kunde behält seine reBOX und benutzt sie immer wieder zuhause und unterwegs. Die Partner erkennt man an den Flaggen.
Recircle ist freiwillig und kann parallel zum Einweggeschirr verwendet werden.

Weitere Infos: www.recircle.ch

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