Wegen der grossen Geschäftslast führte der Nationalrat am 29. und 30. Oktober eine zweitägige Sondersession durch. Ein Schwerpunkt war die Regelung für die Geschäftsmieten während des Lockdowns. Ein weiteres Traktandum waren die Massnahmen zur Dämpfung der Gesundheitskosten.

Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) rief zu Beginn der Sondersession die Bevölkerung dazu auf, sich an die Verhaltensregeln zu halten. «Wir alle können helfen, die zweite Welle zu brechen», betonte sie. «Denn auch jetzt beherrschen wir die Werkzeuge, mit denen wir weiterhin mit diesem Virus leben können.» Die Sondersession des Nationalrats wurde mit zusätzlichen Schutzmassnahmen durchgeführt. Neben den bereits bestehenden, wie zum Beispiel den Plexiglasscheiben, galt im Bundeshaus für diese zwei Tage eine generelle Maskenpflicht. Nur wer an einem mit Plexiglas geschützten Platz sass, durfte die Maske ablegen.

Das Wichtigste für unsere Branche aus der Sondersession:

Einkaufstourismus bremsen

Der Nationalrat will den Einkaufs­tourismus bremsen. Er hat der Motion seiner Finanzkommission «Verbesserung der Steuergerechtigkeit im Warenfluss des kleinen Grenzverkehrs» mit 115 zu 54 Stimmen bei 10 Enthaltungen klar zugestimmt. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab. Die Motion verlangt den Mindestbetrag (zurzeit CHF 300.–) herabzusetzen, bis zu dem für Einkäufe im Ausland keine Mehrwertsteuer bezahlt werden muss. Der Vorstoss geht in den Zweitrat (Ständerat).
Der Nationalrat hat überraschenderweise – und gegen den Willen seiner Kommission und des Ständerates – in einer gemeinsamen Behandlung den beiden Standesinitiativen Folge gegeben (St. Gallen: «Keine Subventionierung des Einkaufstourismus» / Thurgau: «Beseitigung der Wertfreigrenze im Einkaufstourismus»).
Beide Initiativen wollen, dass sämtlichen Einfuhren im privaten Warenverkehr die Schweizer Mehrwertsteuer zu entrichten haben. Die zwei Vorstösse gehen jetzt in die Differenzbereinigung. Die Initiative wollen eine indirekte Subventionierung des Einkaufs-

«Der SBC begrüsstden Entscheid der grossen Kammer zugunsten von mehr Fairness im Wettbewerb und in der Steuerbelastung.»


tourismus stoppen. Der Einkaufs­tourismus ist auf mehreren Ebenen schädlich: Er unterläuft die strengen Produktionsbedingungen im Inland und erhöht den Preisdruck auf Schweizer Produkte mit Mehrwert. Zudem schwächt er die Wirtschaft und gefährdet Arbeits- sowie Ausbildungsplätze. Der Einkaufs­tourismus führt zu einer unnötigen Belastung der Umwelt durch den zusätzlichen Verkehr. Die Schweizer Bäcker-Confiseure begrüssen deshalb den Entscheid der grossen Kammer zugunsten von mehr Fairness im Wettbewerb und in der Steuerbelastung.

Geschäftsmieten

Der Nationalrat will Geschäftsmieter, die während des Corona-Lockdowns im Frühling schliessen mussten oder eingeschränkt waren, unterstützen. Er ist auf ein Gesetz für einen teilweisen Mieterlass mit 91 zu 89 Stimmen bei 4 Enthaltungen eingetreten. Die Fraktionen von SVP und FDP stimmten zwar geschlossen für Nichteintreten auf die Vorlage. Das Zünglein an der Waage spielte aber die gespaltene Mitte-Fraktion, die einige wenige Ja-Stimmen mehr abgab als Nein-Stimmen. Zusammen mit denjenigen der geschlossenen Linken sowie der Mehrheit der GLP ergab sich ein knappes Ja. Das Geschäftsmietengesetz sieht vor, dass Mieterinnen und Mieter sowie Pächterinnen und Pächter, die

«Eine Ablehnung des Geschäftsmietengesetzes in der Gesamtabstimmung ist aufgrund der Knappheit nicht ausgeschlossen.»

im Frühjahr von einer Schliessung oder starken Einschränkung betroffen waren, für die Zeit vom 17. März bis 21. Juni 2020 nur 40 % des Mietzinses bezahlen müssen. 60 %gehen zulasten der Vermieterinnen und Vermieter.

Kommission berät Details

Das Geschäft geht nun zurück an die Nationalratskommission, welche die Vorlage im Detail beraten muss. In der Wintersession gelangt das Geschäftsmietengesetz erneut an die grosse Kammer. In trockenen Tüchern ist es längst noch nicht: Eine Ablehnung in der Gesamtabstimmung ist aufgrund der Knappheit des Eintretensvotums nicht ausgeschlossen. Und auch im Ständerat wird der teilweise Mieterlass noch kontrovers diskutiert werden. SVP und FDP, welche die Vorlage auch dort ablehnen dürften, müssen rund einen Drittel der CVP-Ständerätinnen und -Ständeräte von einem Nein überzeugen, um eine Mehrheit zu haben. Der Hauseigentümerverband (HEV) reagierte enttäuscht und hofft auf eine Korrektur spätestens im Ständerat.

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