22 Vorlagen haben der National- und der Ständerat zum Ende der Frühjahrssession parlamentarisch unter Dach und Fach gebracht. Darunter ist das aktualisierte Covid-19-Gesetz, das unter anderem die zusätzliche Unterstützung für von der Pandemie betroffene Unternehmen und Angestellte regelt.

Verabschiedet wurden an der Frühjahrsession des eidgenössischen Parlaments auch Gesetzesänderungen, mit denen die Risiken, die mit dem Einsatz von Pestiziden verbunden sind, reduziert werden sollen. Die meisten Entscheide unterstehen dem fakultativen Referendum. Gegen das Covid-19-Gesetz ist das bereits im Herbst lancierte Referendum zustande gekommen. Das Stimmvolk entscheidet am 13. Juni über die Vorlage. Auch in der abgelaufenen Session 2021 war die Corona-Krise allgegenwärtig.

Das Wichtigste für unsere Branche aus der Session:

Covid-Gesetz

Nach intensiven, teils gehässigen Debatten und grosser Uneinigkeit zwischen den Räten hat das Parlament bei der Revision des Covid-19-Gesetzes im letzten Moment doch noch eine Lösung gefunden. In der Einigungskonferenz setzte sich weitgehend der Ständerat durch – zur Freude des Bundesrats.

Zur Unterstützung von Härtefällen stehen etwas mehr als 10 Mrd. zur Verfügung.
Abgesagte Festivals, Messen und weitere Publikumsanlässe will das Parlament zusätzlich unterstützen. Laut Finanzminister Ueli Maurer umfasst das neue Unterstützungspaket Finanzhilfen im Umfang von rund 12 Mrd. CHF Das revidierte Gesetz ist bereits am Samstag, 20. März in Kraft getreten. Die dazugehörende Verordnung wird laut Maurer am 31. März vom Bundesrat verabschiedet.

Fair-Preis-Initiative

Beinahe im Schatten der Corona-Debatten hat das Parlament den Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative gutgeheissen. Der SBC erachtet die beschlossenen Gesetzesänderungen als ein wirkungsvolles Mittel im Kampf gegen überhöhte Preise in der Schweiz. Das Komitee, in dem der SBC vertreten ist, wird deshalb die Initiative bedingt zurückziehen.

Der SBC erachtet die beschlossenen Gesetzesänderungen als ein wirkungsvolles Mittel im Kampf gegen überhöhte Preise in der Schweiz.
Der Gegenvorschlag hat folgenden Inhalt: Wenn Unternehmen aus der Schweiz von einer Ware oder Dienstleistung eines bestimmten Anbieters abhängig sind, weil es keine zumutbare Ausweichmöglichkeit gibt, können sie sich nun an die Wettbewerbskommission wenden, falls der Lieferant seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzt. Das geänderte Kartellgesetz sieht Verbesserungen für abhängige Nachfrager und Lieferanten vor, die einem missbräuchlich marktmächtigen Abnehmer im In- oder Ausland gegenüberstehen. Überhöhte Preise und Produktionskosten können damit wirksam bekämpft werden. Zudem sieht der Gegenvorschlag ein Verbot von Geoblocking vor und ermöglicht endlich auch faire Preise im Online-Handel.

Arbeitsverträge

Der Ständerat hat eine Motion von Erich Ettlin (CVP/OW) zur Vorberatung an die Wirtschaftskommission überwiesen. Ettlin verlangt eine Änderung des Gesetzes über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG), um eine Rechtsunsicherheit im Bereich des Arbeitsrechts zu beheben und die Sozialpartnerschaft zu stärken. Diese drohe durch kantonale Gesetze und internationale Verträge zu erodieren.

Es handle sich dabei um ein sehr sensibles Thema, sagte Christian Levrat (SP/FR). Er beantragte daher, das Ganze im Detail in der Wirtschaftskommission zu beraten. Ettlin war einverstanden damit.

Die Allianz zur Stärkung der Sozialpartnerschaft, in welcher der SBC ebenfalls Mitglied ist, unterstützt diese Motion vollumfänglich. Einseitige kantonale Eingriffe, die einzelne lohnrelevante Bestimmungen der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (ave GAV) aushebeln, untergraben die Allgemeinverbindlicherklärungen des Bundesrates. Deshalb ist eine Klärung des Vorrangs unumgänglich. Darüber hinaus können kantonale Eingriffe die ave GAV als komplexe Gesamtpakete aus dem Gleichgewicht bringen und zu einer Fragmentierung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen führen.

Dies würde das Ende der Sozialpartnerschaft einläuten.
In der Folge werden Sozialpartner vermehrt auf GAV verzichten. Wenn nämlich jeder Kanton an lohnrelevanten Bestimmungen der ave GAV Hand anlegt, werden solche Vertragswerke obsolet. Zudem werden Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern immer öfter ergebnislos bleiben. Dies würde das Ende der Sozialpartnerschaft einläuten – mit schwerwiegenden Folgen für den Arbeitsmarkt und den sozialen Frieden in der Schweiz.

Kampf gegen Brot- und Backwarenimporte

Das Parlament führt für Brot und Backwaren eine Deklarationspflicht ein: Das Produktionsland soll an einem für Kundinnen und Kunden gut sichtbaren Platz angegeben werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss angenommen. Der Bundesrat ist ebenfalls damit einverstanden. Er kann sich damit an die Anpassung der Gesetze machen. Nicht deklariert werden sollen Pizzas und Paniermehl, dafür aber beispielsweise Aufbackbrötchen und Sandwiches. Die Branchenverbände unterstützen die Motion (siehe ausführlicher Bericht in der «panissimo»-Ausgabe vom 19. März).

Das Produktionsland soll an einem für Kundinnen und Kunden gut sichtbaren Platz angegeben werden.

Landwirtschaft I

Das Parlament will mit neuen Vorschriften die Risiken, die mit dem Einsatz von Pestiziden verbunden sind, reduzieren. Vorgeschrieben wird neu, dass die Gefahren für Flüsse und Seen, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser reduziert werden sollen. Drei Monate vor der Abstimmung über die Trinkwasser- und die Pestizidverbotsinitiativen haben die Räte ihre Vorlage bereinigt, mit einem Vorschlag der Einigungskonferenz. Diese hatte beim letzten umstrittenen Punkt die Version des Ständerats beantragt. Gestrichen wurde, dass die Kantone verpflichtet werden, bis 2035 zusätzliche Zuströmbereiche von Grundwasserfassungen zu bezeichnen.

Berufsbildung

Die Transparenz bei der Verwendung von Bundesmitteln im Bildungsbereich soll verbessert werden. Der Nationalrat hat zwei entsprechende Kommissions-Vorstösse einstimmig akzeptiert. Analysiert werden soll insbesondere, wie sich zusätzliche Bundesgelder auf die Kostenbeteiligung der Kantone auswirken. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen die geforderte Gesamtschau über die Entwicklung der Mittel und der Lastenverteilung in den Bereichen zu erstellen, die gemeinsam verantwortet werden. Einen verbindlichen Auftrag für eine bessere Steuerung und Planbarkeit der Berufsbildungsfinanzierung durch die Kantone lehnte die Landesregierung aber ab. Dies sei grundsätzlich gewährleistet.

Landwirtschaft II

Die Räte haben Entscheide über die Zukunft der Landwirtschaft vertagt. Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat die Agrarpolitik 2022+ auf Eis gelegt. Der Nationalrat folgte der Mehrheit seiner Wirtschaftskommission (WAK-N) und dem Ständerat. Die Diskussion über gesetzliche Grundlagen zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik soll erst stattfinden, nachdem der Bundesrat eine Auslegeordnung dazu vorgelegt hat. Die Vorlage, in deren Zentrum eine ökologischere Landwirtschaft steht, dürfte sich um Jahre verzögern. Eine Minderheit von SP, Grünen, GLP und einigen Mitgliedern der FDP-Fraktion hätte die Vorlage beraten wollen.

Verpackungen

Der Nationalrat will, dass tiefgekühlte Lebensmittel künftig auch unverpackt an die Konsumentinnen und Konsumenten verkauft werden dürfen. Er hat dazu stillschweigend eine Motion angenommen. Die Motion ist begründet mit einer Verkleinerung des Ressourcenverschleisses. Auch bei unverpackten Tiefkühlprodukten soll aber auf Aufbewahrungs- und Verwendungsbedingungen hingewiesen werden – nämlich direkt am Verkaufspunkt, wie bei Broten oder Fleisch. Der Bundesrat ist mit der Motion einverstanden. Diese geht an den Ständerat.

Schwerverkehrsabgabe

Lieferwagen, die für den gewerbsmässigen Gütertransport eingesetzt werden, sollen in das Abgabesystem der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) integriert werden. Dieser Meinung ist der Ständerat. Er hat einer Motion mit diesem Anliegen oppositionslos zugestimmt. Der Bundesrat teile das Anliegen, sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga. Auch angesichts des wachsenden Online-Handels sei eine Abgabe für Lieferwagen begrüssenswert. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Altersvorsorge

Der Ständerat hat die AHV-Revision gutgeheissen. Frauen müssen nach seinem Willen ein Jahr länger arbeiten, bis sie ihre Rente beziehen können. Denn die Vorlage bringt für Frauen das Rentenalter 65. Der Ständerat hiess die Änderungen des AHV-Gesetzes gut. Für die Frauen der Übergangs-Jahrgänge, die nach dem Inkrafttreten der Reform zuerst pensioniert werden, beschloss der Rat Ausgleichsmassnahmen. Abgelehnt hat der Ständerat einen Antrag seiner Sozialkommission (SGK-S), der die Rente für Ehepaare hätte aufstocken wollen.

Finanziert werden soll die AHV-Reform mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diese will der Ständerat weniger stark erhöhen als der Bundesrat. Zum Normalsatz will er 0,3 Prozentpunkte schlagen, zum reduzierten Satz und zum Sondersatz für die Hotellerie je 0,1 Prozentpunkte. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Markenschutz

Schweizer Produzenten können geografische Angaben zu ihren Produkten international künftig einfacher schützen lassen – zum Beispiel „Zuger Kirschtorte“, „Bündnerfleisch“ oder „Tête de Moine“. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat dem Beitritt zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens einstimmig zugestimmt. Damit können bei Schweizer Produkten die geografischen Angaben einfacher und in mehreren Staaten gleichzeitig geschützt werden. Heute müssen Schweizer Produzenten für den Schutz ihrer geografischen Angaben in jedem Staat einen separaten Antrag stellen.

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