Die Tiefpreisdebatte ums 99-Rappen-Brot zeigte erneut, worauf unsere Branche baut: handwerkliche Qualität, lokale Verankerung und starke Netzwerke. 2025 prägten neue Deklarationspflichten, politische Weichenstellungen und Initiativen für den Nachwuchs ein Jahr voller Herausforderungen – und Chancen.
99 Rappen: Dieser Betrag rückte die Bäckerei-Confiserie-Branche vor rund zwei Monaten ins mediale Rampenlicht. Ein Discounter kündigte an, das Pfünderli Halbweissbrot neu für unter einen Franken anzubieten – und Schweizer Grossverteiler zogen nach. Für unsere Branche bot dies die Gelegenheit, uns in der öffentlich geführten Debatte auf unsere Stärken zu besinnen, die unsere Produkte von denjenigen der Supermärkte abheben, und die es rechtfertigen, sich aus dem Tiefpreis-Kampf herauszuhalten: die handwerkliche Arbeit, die persönliche Bedienung, die lokale Verankerung, die Arbeits- und Lehrstellen vieler Fachkräfte – und allem voran: die hohe Qualität.
Für ihr Qualitätsversprechen brauchen Bäckereien-Confiserien verlässliche Rahmenbedingungen.
Damit die gewerblichen Bäckereien und Confiserien weiterhin ein Qualitätsversprechen statt eines Preisversprechens geben können, sind entsprechende politische Rahmenbedingungen unabdingbar. Obwohl November und Dezember für uns in der Bäckerei-Confiserie-Branche die intensivsten Monate sind, bietet sich die aktuelle, besinnliche Vorweih-nachtszeit an, um Bilanz zu ziehen über die für unsere Branche relevanten Entwicklungen auf politischer Ebene im zu Ende gehenden Jahr.
Deklarationspflicht
Aus den zahlreichen und vielfältigen Themen, in denen der Verband engagiert ist, hat sich bei demjenigen der Lebensmitteldeklaration die für die Kundschaft augenfälligste Änderung ereignet: Am 31. Januar 2025 endete die Übergangsfrist für die Betriebe, um das Produktionsland von Brot und Feinbackwaren im Offenverkauf schriftlich anzugeben. Zwar ist es eine Pflicht, dennoch ist die auf Papier oder Bildschirm gut sichtbar angebrachte Information zur Schweizer Herkunft eine Möglichkeit zur Kommunikation eines positiven Alleinstellungsmerkmals im Vergleich zu Importen.
Eine parlamentarische Forderung, die eindeutige Deklaration des Herkunftslandes auf Lebensmittel auszuweiten, die im Ausland hergestellt oder zubereitet wurden, ist hingegen derzeit erfreulicherweise sistiert. Der SBC hatte die Behörden über die Herausforderungen, die sich bei der Umsetzung stellen würden, proaktiv informiert. Unsere Bemühungen und die geführten Gespräche mit den entsprechenden Anspruchsgruppen zahlen sich auch hinsichtlich des Themas der Umweltkennzeichnung auf Lebensmittel aus: Der Bundesrat will hierzu die Entwicklungen in der EU abwarten und sieht aktuell keinen Handlungsbedarf für eine nationale Regelung. Auch die Europäische Kommission ist zurückhaltend in Bezug auf die Einführung von weiteren Informationspflichten bei Nahrungsmitteln: Trotz eines entsprechenden Auftrags aus dem Jahr 2022 scheinen die Pläne für eine verpflichtende, EU-weite Kennzeichnung mit dem Nutri-Score fallengelassen worden zu sein, wie im März 2025 bekannt wurde.

Foto: SBC
Wichtiges Netzwerk
Politische Erfolge feiert man in der konsensorientierten Schweiz nicht im Alleingang, dafür braucht es die beständige Pflege von Netzwerken und Partnerschaften. Weil wir im produzierenden Handel tätig sind, ist die Themenvielfalt unserer Branche sehr breit: Mehrwertsteuerfragen, Berufsbildungsaspekte, Landwirtschafts- und Energiethemen, um bloss einige zu nennen. Da erfordert es, dass wir die Bereiche, die wir allein bearbeiten können, oder im Gegensatz dazu, für deren Bearbeitung wir Allianzpartner benötigen, gezielt auswählen. Die Schlagkraft, die sich durch den permanenten Austausch des SBC mit anderen Verbänden – oder dem Einsitz in deren Führungsgremien – ergibt, zeigte sich in den vergangenen Monaten beispielsweise anhand der Kampagne «Ja zum Vorrang von Mindestlöhnen in ave GAV»: Gemeinsam mit 27 anderen Branchen- und Wirtschaftsverbänden empfehlen wir, dem Vorrang von Mindestlöhnen in allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen zuzustimmen.
Covid-19-Kredite
Obwohl die Covid-19-Pandemie mittlerweile schon fast sechs Jahre her ist, ist auch sie ein Thema, das die Betriebe teilweise bis heute beschäftigt – aufgrund der Amortisation der Covid-19-Kredite. Der SBC und zahlreiche weitere Verbände stellten deshalb im Frühjahr 2025, als der Bundesrat die Zinsen für diese Kredite zwar senkte, jedoch nicht auf das ursprüngliche Niveau von 0 bzw. 0,5 Prozent zurücksetzte, klar, dass sie den Druck in diese Richtung aufrechterhalten wollen.
Parlamentarische Gruppe
Wenn es jedoch um Anliegen geht, die ausschliesslich für die Bäckerei-Confiserie-Branche relevant sind, oder die für die grossen Verbände eine geringere Priorität haben, gilt es, sich darauf zu besinnen, welch immensen Wert es – zusätzlich zu den beschriebenen Allianzen – hat, via die eigene Parlamentarischen Gruppe «Brot und Confiserie» Anliegen aus der Branche ohne Umwege ins Bundeshaus tragen zu können. Denn im Parlament sitzen keine Bäckerinnen und Confiseure. Hingegen ergibt sich aus der langjährigen, vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der parlamentarischen Gruppe eine uns zugutekommende Nähe und Verbindlichkeit zu den Branchenthemen. Die parlamentarische Gruppe dient somit auch als Investition in das langfristige Netzwerk des SBC ins Bundeshaus – und als effiziente Türöffnerin und Wegbereiterin für diverse Lobbying-Massnahmen.
Die Pflege von Netzwerken und das Engagement für praxisnahe Lösungen, stärken die Zukunftsfähigkeit unserer Branche.
Reduktion administrativer Aufwand
Nicht nur in der Vorweihnachtszeit, sondern auch wenn wir Dreikönigs-kuchen backen, Osterhasen giessen oder im Sommer Erdbeertörtli kreieren – parallel dazu ist die administrative Last für die Betriebe unablässig hoch. Der SBC ist sich dessen bewusst und engagiert sich dafür, dass, wo immer möglich, der bürokratische Aufwand reduziert wird.
Nachwuchskampagne
Der Verband setzte sich auch im Jahr 2025 intensiv dafür, dass sich junge Menschen für die Berufe Bäcker/in-Konditor/in-Confiseur/in sowie Detailhandelsfachfrau oder Detailhandelsfachmann begeistern und eine entsprechende Berufslehre beginnen. Bereits 2021 wurde zur Gewinnung von Lernenden die Kampagne «Forme Deine Zukunft» lanciert, die vom SBC und der Richemont Fachschule SBC Stiftung umgesetzt wird. Die Nachwuchskampagne hebt die besonders positiven Aspekte dieser Berufe in motivierender Weise hervor, indem sie beispielsweise dazu animiert, «Morgenretter/in» zu werden. Die Website der Kampagne wird laufend mit News sowie Porträts von Lernenden ergänzt, die in Videos praxisnah Einblick in ihren spannenden Beruf geben.
SkillsCity
Unsere faszinierenden Berufe sind seit 2025 auch in SkillsCity – einer virtuellen Berufswahl-Anwendung mit Spielelementen – erlebbar. In dieser digitalen Stadt werden Jugendlichen berufsbezogene Inhalte und Aufgaben interaktiv und spielerisch vermittelt. In der realen Welt waren die SwissSkills 2025 ein absolutes Highlight für unsere Branchen. Die SwissSkills sind das Sprungbrett für internationale Berufswettkämpfe, ein Leistungsnachweis für die Zukunft und ein beeindruckendes Schaufenster für unsere Berufe!
Strategie 2030
Im November hat der Zentralvorstand die Strategie 2030 verabschiedet. Sie wurde in einem mehrstufigen Prozess erarbeitet, wobei sämtliche strategischen Ebenen sowie die Geschäftsleitung des Verbandes einbezogen waren. So ist sichergestellt, dass die neue Strategie mit ihren Zielen und Massnahmen breit abgestützt ist und ihre Umsetzung in den kommenden Jahren mitgetragen wird. Die Geschäftsstelle hat nun mit der Umsetzung begonnen. So wird beispielsweise die Teilstrategie Kommunikation aktiv angegangen und umgesetzt.
Dieser Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr zeigt, dass die Bäckerei-Confiserie-Branche vor vielfältigen Herausforderungen steht – von politischen Rahmenbedingungen, die sich ändern, über neue Deklarationspflichten – und inwiefern sie diesen beispielsweise in Form von branchenübergreifenden Allianzen und der Förderung des Berufs-nachwuchses begegnet. Die konsequente Ausrichtung auf gewerbliche Qualität und auf politischer Ebene die Pflege von Netzwerken und das Engagement für praxisnahe Lösungen, stärken die Zukunftsfähigkeit unserer Branche. Nicht nur in der besinnlichen Weihnachtszeit wird deutlich, wie wertvoll Zusammenhalt, Innovationskraft und die Leiden-schaft für unser Handwerk sind. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien frohe Festtage, Momente der Ruhe und einen genussvollen Start ins neue Jahr.
Urs Wellauer-Boschung, Direktor SBC
Foto: Franzisca Ellenberger