Pure Leidenschaft, eine hohe Qualität, ein grosses Engagement und die Verbundenheit mit der Region sind das Erfolgsrezept der letzten 50 Jahre von Meier-beck in Sta. Maria im Val Müstair. Die zweite Generation, Lucia Meier und Marco De Santis, hat nichts von dieser Passion verloren: «Wir werden unser Bestens geben und diesen Weg weiterverfolgen – wir bleiben nicht stehen!»

Fast sechs Stunden dauert die Reise vom Bäcker-Confiseurhaus in Bern nach Sta. Maria im pittoresken Val Müstair, nahe dem Südtirol. Hier betreiben Lucia Meier und Marco De Santis in zweiter Generation den Meier-beck mit Gastronomie und Lebensmittelladen.

35 LERNENDE AUSGEBILDET

Es war eine kleine Dorfbäckerei mit Lebensmittelladen und vier Angestellten, die das Ehepaar Verena (stammt aus dem Val Müstair) und Meinrad Meier (aus Emmen LU) damals 1973 im Bündner Touristendorf übernahmen. Sechs Jahre später erfolgte die erste Erweiterung, 1981 wurde das Café Fuschina angebaut und eröffnet. «Wir haben immer Vollgas gegeben», erklärt Verena Meier im Stübli des Cafés, wo wir mit Tochter Lucia, deren Lebenspartner Marco De Santis und Ehemann Meinrad auf ein halbes Jahrhundert Meier-beck zurückblicken. Sie musste alles unter einen Hut bringen: den Laden, das Café sowie die Betreuung der drei Kinder und den Haushalt. Meinrad Meier arbeitete in der Produktion, wirkte im Bündner Kantonalverband mit, vermittelte sein Wissen als Fachlehrer, nahm Prüfungen ab, gründete und leitete unter anderem die Jugendmusik Rom und spielt seit jeher Alphorn. 35 Lernende sind bei Meier-beck ausgebildet worden, mit Nadja Thöni auch eine Schweizermeisterin. Sie gewann den Titel Swissbaker Champion 2013 und arbeitet nach einem kurzen Abstecher wieder in ihrem ehemaligen Lehrbetrieb.

DIE SUCHE NACH EINER NACHFOLGE

Das Leben schien mit Vollgas weiterzugehen – bis der Prostatakrebs Meinrad Meier mit 62 Jahren zum Innehalten zwang. «Ich dachte, es gehe ewig so weiter …» Das Ehepaar Meier nahm die Nachfolgeplanung in Angriff. Von den drei Kindern war keines da, das den Betrieb übernehmen wollte. Sohn Remo hatte zwar die Lehre als Bäcker-Konditor absolviert und mit Bravour auch die Meisterprüfung Bäcker-Konditor bestanden, entschied sich jedoch seiner Leidenschaft, der Musik zu folgen, und liess sich zum Blech-Musikinstrumentenreparateur ausbilden. Die ältere Tochter Angela absolvierte die Ausbildung zur Handarbeitslehrerin. Meiers erstellten ein Inventar und ein Verkaufsdossier und waren im Frühjahr 2012 bereit für die Lancierung des Verkaufs des Unternehmens. «Wir wollten jedoch den Herbst abwarten, da der Frühling für einen Verkauf nicht optimal erschien», erinnert sich Verena Meier. Doch es kam alles anders – «zum Glück!».

Erste und zweite Generation vereint im Stübli des Cafés – man beachte die Jahrzahl 1670 … (v.l.): Marco De Santis, Lucia, Verena und Meinrad Meier.

ERSTER KONTAKT MIT NUSSTORTE – FAST «DURCHGEDREHT»

Tochter Lucia absolvierte eine Lehre als Instrumentenverkäuferin, anschliessend machte sie eine Zusatzlehre als Kleintierpflegerin. Ihr heutiger Lebenspartner Marco De Santis lernte zuerst Verkäufer, dann Fliesenleger und besuchte danach die Schule für Gestaltung in Bern. Aber das Kochen, seine grosse Leidenschaft, liess ihn nicht los: 1992 eröffnete er in Luzern ein Pizza-Take-away-Geschäft. Anschliessend sammelte er Erfahrungen in verschiedenen Hotels und Restaurants, «zum Teil Topadressen», ergänzt der Branchenmann. Eigentlich wollte er in die Tourismusbranche einsteigen. Auf der spanischen Ferieninsel Ibiza wurden seine Pläne durchkreuzt: Er traf Lucia Meier. Sie hatte gerade ihre zweite Ausbildung als Kleintierpflegerin abgeschlossen.

Bei seinem ersten Kontakt mit der Nusstorte von Meier-beck «bin ich fast durchgedreht, sie war sooo fein!». Lucia Meier und Marco De Santis planten, in Luzern einen kleinen Laden zu eröffnen. Doch dann kam die Frage auf, ob sie beide nicht «nach oben» kommen wollten. Lucia Meier ging voraus und sondierte die Lage. Nach einem halben Jahr Testzeit war es klar: Es gefiel ihr «und die Liebe war immer noch da», meint sie mit einem Schmunzeln. Sie liessen die Leuchtenstadt hinter sich und begannen ihr neues Abenteuer im Val Müstair – und es gefalle ihnen immer noch, erklären beide bestimmt.

Die Branchenneulinge wurden von Meinrad und Verena Meier sowie den Mitarbeiter/innen sorgfältig eingeführt. 2012 wurde eine AG gegründet und es fand die offizielle Übergabe statt, verbunden mit einem grossen Fest. Klar sei ihnen das Loslassen nicht leicht gefallen, berichten die Eltern. Klar gab es Diskussionen. «Schliesslich haben sie alles aufgebaut. Der Betrieb war quasi ihr viertes Kind», ergänzt Lucia Meier. Aber genau diese Gespräche seien wichtig gewesen. «Wir sind stolz auf das, was meine Eltern aufgebaut haben.» Meier-beck und vor allem die Nusstorte ist schweizweit ein Begriff. Genauso erfreut äussern sich Verena und Meinrad über den Betrieb, wie er heute geführt wird.

BIO SUISSE PRODUKT DES JAHRES

Was hat sich seither verändert? Einige Rezepte seien etwas verfeinert worden. Bereits Vater Meier legte Wert auf lokale Rohstoffe. Dies sei nun noch erweitert worden und Meier-beck wirbt mit Bio und lokal. «Wir produzieren Nischenprodukte, welche die Grossen nicht anbieten können», unterstreicht Marco De Santis. Die Rohstoffe stammen, wenn möglich aus der Region, sind Bio und die Produkte sind palmölfrei. «Wir kennen jeden Bio-Produzenten persönlich.» Für den Bio Suisse Knospe-Zucker musste Lucia Meier jahrelang kämpfen. Denn zuerst hiess es beim Produzenten, dass dieser für einen Grossverteiler reserviert sei – «David gegen Goliath». Sie wehrte sich und hatte Erfolg. 2022 wurde die Bio-Nusstorte mit Baumnüssen aus Malans (GR) zum «Bio Suisse Produkt des Jahres» ausgezeichnet und war Bio-Knospe Gourmet-Gewinnerin 2022.

Neuste Kreation ist die vegane Nusstorte. Seit rund 30 Jahren werden zudem glutenfreie Produkte hergestellt. Meier-beck ist ausserdem Mitglied bei Slow Food. Diese weltweite Bewegung hat zum Ziel, lokale Esskulturen zu fördern und die Allgemeinheit für Ernährung und Geschmack zu sensibilisieren. Die Mitglieder von Slow Food verknüpfen den Genuss hochwertiger Lebensmittel mit dem Engagement für ein ökologisch und sozial verantwortliches Lebensmittelsystem. So steht unter diesem Label das Roggenbrot, die Roggenbrot Chips, das Roggen Paniermehl und die Roggen Croutons.

Das Dorf Sta. Maria zählt nur gerade 300 Einwohnerinnen und Einwohner, das ganze Val Müstair 1400. Zwar hat es Tourist/innen, die bei Meier-beck ihre Einkäufe tätigen, sowie Hotels, Restaurants und Einheimische, doch letztere würden ihre Ware zum grossen Teil von Grosshändlern und aus dem naheliegenden Auslandbeziehen. Von Region und dem Tourismus alleine könnte Meier-beck nicht leben. Was gut laufe, sei der Lebensmittelladen. Dieser und die Bäckerei-Café würden beide befruchtend wirken. Bis vor zwei Jahren war das Geschäft im Sommersieben Tage die Woche offen, ebenso die Küche. Doch der Personalmangel zwingt auch Meier-beck zu Massnahmen: Am Sonntag bleiben Bäckerei, Lebensmittellanden und die Küche geschlossen.

80 % der Spezialitäten werden in die ganze Schweiz verschickt, manchmal auch ins Ausland. Zu den Abnehmern zählen vor allem Reformhäuser sowie Bio- und Spezialitätenläden. Bis vor kurzem konnte auch an einen Grossverteiler geliefert werden. Doch als dieser den Preis zu drücken begann, hätten sie sich entschieden, so Lucia Meier, auf eine Zusammenarbeit zu verzichten. «Wir Kleinen können da nichts ausrichten. Die Macht der Grossverteiler – das muss in der Politik unbedingt angepackt werden», darüber waren sich alle vier am Tisch einig

Für Lucia Meier und Marco De Santis steht die Qualität vor der Quantität. Die beiden werden weiterhin ein grosses Gewicht auf die Nachhaltigkeit legen und die Innovation fördern. «Wir probieren viel und gerne aus», hebt Marco De Santis hervor. Trends sind ihnen nicht so wichtig. Viel mehr legen sie Wert darauf, dass sie hinter ihren Produkten stehen können, und dass die Leidenschaft weiterbrennt. Genau diese spürt man während dem ganzen Gespräch am Tisch, bei Jung und Alt.

TEAM TEIL DES ERFOLGS

Diese Passion sei auch bei den Mitarbeitenden vorhanden. In das Personalmanagement würden sie viel Zeit investieren, hält Marco De Santis fest. Meier-beck kann denn auch auf langjährige Teammitglieder zählen. Letztes Jahr ging ein Mitarbeiter, welcher der erste Lernende war,in Pension. «Selbstverständlich spielen unsere Mitarbeiter/innen eine entscheidende Rolle für unseren Erfolg. Wir möchten uns von Herzen bei unserem herausragenden Team für ihre hervorragende Arbeit, ihren unermüdlichen Einsatz und ihr Engagement für die Meier-beck AG bedanken. Ihr Beitrag ist von unschätzbarem Wert und wir schätzen ihre harte Arbeit und Hingabe sehr», auf diese Ergänzung im Artikel legt die Familie Meier grossen wert. Denn genau darauf basiere ein erheblicher Teil des Erfolgs

Welches sind die Ziele? «Wir wollen zusammen gesund 100 Jahre alt werden», lautet die spontane Antwort von Meinrad Meier mit liebevollem Blick auf seine Ehefrau. «Wir geben unser Bestes, überzeugen mit Qualität und Nachhaltigkeit, Regionalität, mit unserer Zusammenarbeit mit den Rohstoffproduzent/innen und wir wollen mit unseren tollen Produkten weiterhin begeistern», antworten Lucia Meier und Marco De Santis. «Wir müssen die Ohren immer hoffen halten.» Sie würden viele Workshops besuchen, um sich informieren und inspirieren zu lassen. Mit Blick auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage meinen die beiden: «Es wird schwierig bleiben, sicher nicht einfacher werden.» Fest steht: dass Meier-beck AG ihrer Linie treu bleiben wird.

Claudia Vernocchi

Impressionen Meier-beck AG in der Bildergalerie

meierbeck.ch

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