Covid-19 hat den Ladenbau verändert – teils mehr, teils weniger. Digitaler, flexibler, kontaktlos und «zum Mitnehmen» lauten die Trends. Die Profis aus der Branche wagen einen Blick in die Zukunft und verraten ihre Tipps für die Bäckereien-Confiserien.

«panissimo» lancierte eine E-Mail-Umfrage und stellte den Verantwortlichen aus der Landenbaubranche drei Fragen:

«Hat sich der Ladenbau seit Covid-19 verändert? Falls ja, wie?»

«Ein Blick in die Zukunft – welche Trends sehen Sie?»

«Welche Tipps geben Sie den Bäckereien-Confiserien mit auf den Weg?»

Aufgrund der Rückmeldungen kann folgendes Fazit gezogen werden: Der Ladenbau hat sich verändert – aus Sicht der einen mehr, für die anderen weniger. Die Zukunfts­trends gehen in Richtung flexible Installationen, Regionalität, Nachhaltigkeit, Selbstbedienung, Bargeldlos und Take-away – und trotzdem oder vor allem: individuelle Beratung.

Offen und «kontaktlos»

«Die Bauphasen verlängern sich, da wir Rücksicht darauf nehmen, nicht zu viele Handwerker zur gleichen Zeit auf dem Bau zu haben. Und die einen oder anderen Grossprojekte wurden etwas rausgezögert», äussert sich Anna Jung, Geschäftsführerin der Jung Laden- und Gastrobau GmbH in Muri bei Bern. Ansonsten stelle sie nicht allzu grosse Veränderungen fest.
«In der Ausführung hat sich in unseren Augen bisher wenig verändert, mit Ausnahme, dass als Temporärmassnahme Plexi- oder Glasspeischütze eingebaut werden», lautet die Antwort von Roland Walker, Mitinhaber der Beck Konzept AG in Buttisholz (LU).

Neben den Plexiglasscheiben sieht Gerold Längle, Leiter Planung und Konzepte bei der Grogg Baumanagement GmbH in Kappel (SO), die Veränderungen vor allem bei der Warenpräsentation: «Buffet, Selbstbedienungs-Bereich von unverpackten Backwaren usw.» Ausserdem sei das Thema Bezahlvorgang durch Covid-19 noch mehr in den Vordergrund gerückt. «Bargeldloses Bezahlen bzw. berührungslose Kartenzahlung werden noch wichtiger. Dazu arbeiten wir an Lösungen, damit die EC-Geräte möglichst elegant in die Theken integriert werden können», fährt Längle fort.

«Da die Personenanzahl im Innenraum beschränkt ist, verlagert sich das Geschehen in den Aussenbereich. Deswegen schaffen wir (…) die Verbindung von innen nach aussen. Ausserdem machen wir uns im Moment viele Gedanken, wie wir die Räume offen und ‹kontaktlos› gestalten können», beantwortet Michael Mayer, Geschäftsführer der AHA 360° GmbH in Gersthofen (D) die Frage. Dabei sei es wichtig, dass sich die Kunden trotz allem willkommen fühlten und gerne wiederkämen.

«Wir machen wir uns im Moment viele Gedanken, wie wir die Räume offen und ‹kontaktlos› gestalten können.»
Michael Mayer

Flexibel anpassbar

Wertbeständig sind gemäss Jürg Bräm, Geschäftsführer von Aichinger Schweiz in Winterthur (ZH), Konzepte und Shop-Einrichtungen, die sich flexibel an neue Gegebenheiten anpassen lassen, und solche, die weniger Personal benötigen und trotzdem funktionieren. Und er ergänzt: «Bei der Möblierung sind kleine Tische von Vorteil: Die lassen sich leicht auseinanderrücken und wieder zusammenstellen.» Intelligente digitale Lösungen würden ausserdem feststellen, wie viele Personen sich gerade im Laden aufhalten und eine Zutrittsampel schalten oder die Gäste kontaktlos mit einem QR-Code registrieren.
Sabine Steurer-Andersson von Schweitzer Ladenbau AG in Rebstein (SG) stellt ausserdem fest, dass die individuelle Beratung noch wichtiger geworden sei als vorher.

Steigendes Bewusstsein

Und die Zukunft? Welche Trends bahnen sich gemäss den Experten an? «Wir spüren ein immer grösser werdendes Bewusstsein für Regionalität, für Bodenständigkeit und für echtes Handwerk. Durch den Einsatz von nachhaltigen und langlebigen Materialien schaffen wir authentische Erlebnisse für die Kunden unserer Kunden», sagt Michael Mayer.

Bestehende Trends beschleunigt

Nach Markus Städler, Geschäftsführer der Ladenmacher AG in Hägendorf (SO), hat Covid-19 vor allem bereits bestehende Trends und Entwicklungen beschleunigt: «Selbstbedienungs- und Take-away-Konzepte, welche wir schon seit geraumer Zeit mit unseren Kunden besprechen, haben die Hochkonjunktur erreicht und fliessen aktuell praktisch in jedes neue Projekt ein. Dazu gehören auch digitale Zahlsysteme und Selbstzahlstationen», stellt er fest. Er geht davon aus, dass «das Erfolgskonzept der Zukunft eine Kombination sein wird aus einma­ligem Erlebnis, nachhaltigen und hochwertigen Produkten, persönlicher Interaktion und der Möglichkeit sich schnell, anonym und gesund zu verpflegen», so Städler weiter.
Gerold Längle von der Grogg Baumanagement GmbH sieht die Trends bei den Locations. «Standorte, die heute sogenannte 1A-Lagen sind (Fussgängerzonen, Innenstadtlagen und Einkaufscenter), werden weniger attraktiv und dafür andere Standorte, wie zum Beispiel Wohnquartiere, Durchgangsstrassen, Tankstellen usw. interessanter», ist Längle überzeugt.

Flexible Einrichtungen und Raumkonzepte

Jürg Brähm von Aichinger sieht drei klare Megatrends: «Digitalisierung: von der Angebotssteuerung über die Bestellung und Ausgabe bis zur Bezahlung. Zweitens: modulare Einrichtungen und flexible Raumkonzepte. Drittens: Gastronomisierung mit To-go-Angebote.»
«So oft, so viel und so funktional wie möglich draussen verkaufen, konsumieren und gesellig sein, das wird auch den Ladenbau prägen», ist Anna Jung von der Jung Laden- und Gastrobau GmbH der Meinung.

«So oft, so viel und so funktional wie möglich draussen verkaufen, konsumieren und gesellig sein, das wird auch den Ladenbau prägen.»
Anna Jung

Und Sabine Steurer-Andersson von Schweitzer Ladenbau unterstreicht: «Man achtet nun bei der Beratung und Planung viel mehr auf umsetzbare Massnahmen für Sicherheitsabstände, Hygienemassnahmen und leicht umrüstbare Systeme sowie flexible Lösungen, um schnell sämtlichen Vorschriften gerecht zu werden.»
Roland Walker von der Firma Beck Konzept hingegen ist nicht der Ansicht, dass Covid-19 neue Trends setzen wird – jedenfalls im Moment noch nicht. «Wie die Situation im kommenden Frühjahr aussehen wird, kann heute noch nicht abgeschätzt werden.»

Tipps der Experten

Erfolgreiche Betriebe verstehen es, die Ware perfekt zu präsentieren. Das geht nur mit dem richtigen Licht. Raumgestaltung und Lichtplanung kommen bei AHA 360° aus einer Hand. Nur so können wir unseren Kunden Lichtkonzepte anbieten, die optimal auf die Ware abgestimmt sind. Ziel ist es, Menschen-Magnete zu schaffen, die mit hochwertigen Materialien zum Verweilen einladen. Das wird sich auch durch Covid-19 nicht ändern.
Michael Mayer, AHA 360° GmbH

Gehen Sie mit voller Kraft an den Markt. Nutzen Sie die Gunst der Veränderung, um neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu begeistern. Erzählen Sie Ihre Geschichte. Sagen Sie den Kunden, dass die saisonalen Zwetschgen in Ihrem wunderbaren Zwetschenkuchen vom lokalen Bauern aus lokaler nachhaltiger Schweizer Produktion sind. Nutzen Sie auch die digitalen Medien, um Ihre Geschichte zu erzählen. Investieren Sie in die Qualität Ihrer Produkte und in Ihre Unternehmenskultur. Und bitte lassen Sie uns zusammen Ihre Verkaufspunkte zu Erlebnisoasen gestalten, welche die Kunden in Ihrem Herzen berühren und sie jeden Tag mit Freude wiederkommen lassen.
Markus Städler, Ladenmacher AG

Bleiben sie optimistisch und passen sie Ihr Konzept den neuen Anforderungen an. Nutzen sie die Chancen, den gerade die kleinen und mittelständischen Betriebe werden unserer Meinung nach langfristig aus dieser Krise profitieren. Überdenken sie Ihre bisherigen Betriebs­ausrichtungen und Angebote und haben sie den Mut diese zu verändern bzw. zu hinterfragen. Sie können viel schneller reagieren und Themen umsetzen als dies ein Grossverteiler kann.
Gerold Längle, Grogg Baumanagement GmbH

Der Kunde möchte Handwerk erleben und das gute Gefühl haben, mehr Qualität als beim Backshop oder im Lebensmittelmarkt zu erhalten. Ein Teighumidor, regelmässiges Ladenbacken oder gar, wenn räumlich möglich, eine «Gläserne Backstube» vermitteln dies erlebbar.
Jürg Bräm, Aichinger Schweiz

Ruhig Blut bewahren, die anstehenden Projekte vorantreiben und kurzfristig entscheiden, welche baulichen Temporär-Massnahmen gegebenenfalls eingesetzt werden müssen.
Roland Walker, Beck Konzept

Sich dieser Situation stellen, Möglichkeiten ausreizen, nicht zurückhalten, volle Pulle voraus und sich den heutigen Gegebenheiten anpassen, mit gutem Beispiel voran, innovativ und mutig sein!
Anna Jung, Jung Laden- und Gastrobau GmbH

Man tut gut daran, sich professionell beraten zu lassen. Wir können schnell reagieren und individuelle Lösungen anbieten, da sämtliche Möbel, sowie die Kühlung, aus einer Hand und eigener Produktion kommen. Wir bieten z. B. auch neu entwickelte Lösungen für Selbstbedienung an, die in dieser Zeit mehr denn je gefragt sind.
Sabine Steurer, Schweitzer Ladenbau AG

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