Im bernischen Rohrbach, nahe der Luzerner Kantonsgrenze, hat es niemand eilig. Besonders in der inklusiven Bio-Bäckerei Bim Donner, die ganz bewusst anders als der Rest der Branche tickt. Warum das so ist, weiss Produktionsleiterin Leonie Tschui: «Zehn unserer 13 Arbeitsplätze sind integrativer Natur.»
«Eine integrative Bäckerei, von der träumte ich rund 15 Jahre», erklärt Stephan Weber, Geschäftsführer der Stiftung WBM aus dem benachbarten Madiswil. 2020 geht dieser Wunsch in Erfüllung: Die inklusive Bio-Bäckerei Bim Donner heizt im August als Projekt der Stiftung erstmals die Öfen ein.
Kontakt für Inklusion
Der Standort in Rohrbach mit dem neuen Arbeitsumfeld sollte dabei mehr bezwecken, als die Rohrbacherinnen und Rohrbacher mit frischen Backwaren zu versorgen. «Wir wollten ein breiteres Angebot an integrativen Arbeitsplätzen mit sinnstiftenden Tätigkeiten anbieten», erzählt der Geschäftsführer. Die Backstube mit Übergang ins Café unterstütze dies: «Es soll eine bewusste Auseinandersetzung zwischen der Kundschaft und unseren Mitarbeitenden stattfinden. Denn das ist in meinen Augen wahrhaftige Inklusion», führt er weiter aus. Diese Wechselwirkung führe zu einem spannenden Ambiente: «Die besondere und etwas andere Atmosphäre aus der Backstube färbt auf das Bistro ab, deren Gäste rufen gerne Komplimente über den Tresen.»
Breite Starthilfe aus der Branche
Mit der Eröffnung erhielt das Dorf Rohrbach nach langer Zeit wieder eine eigene Bäckerei. «Daran mussten sich die Einwohner erst gewöhnen», meint Produktionsleiterin Leonie Tschui. Mittlerweile komme auch regelmässig Kundschaft aus dem Kanton Luzern, freut sich die Chefbäckerin.
Der Initiant des Projektes stand mit der Lancierung ebenfalls einer neuen Situation gegenüber: Stephan Weber hat, neben der «haushaltsüblichen» Erfahrung kein Know-how über das Bäckerei-Konditoreigewerbe. «Die Branche und deren Betriebe wie auch der Regionalverband Bäcker-Confiseure Bern-Solothurn standen uns von Anfang an sehr wohlwollend gegenüber», merkt der Geschäftsführer erfreut an. «Wir konnten einen Grossteil der Ausstattung einer anderen Bäckerei übernehmen, erhielten viel Fachwissen vermittelt und bekamen sogar Rezepturen angeboten.»
Die Rettung der Kaffeerösterei Grossenbacher
Auch das Kaffeerösten in der Backstube beruht auf einer Zusammenarbeit. «2020 wollte die Betreiberin der Kaffeerösterei Grossenbacher in Huttwil ihr Handwerk weitergeben», erzählt Leonie Tschui. Die Verantwortlichen der Bäckerei «Bim Donner» meldeten sich bei der Betreiberin Silvia Grossenbacher und hatten Glück: «Sie vertraute uns nicht nur den Trommelröster, sondern auch ihre Expertise dazu an.» Zwei Mitarbeitende wurden durch die Kaffeerösterin in ihr Metier eingeweiht. Aus diesem Grund wird am Montag – einem der Ruhetage in der Bäckerei – Kaffee produziert. Auf der Website und im Laden stehen vier verschiedene Sorten zur Auswahl.
Wohnen, Arbeiten und leben bei WBM
Die Stiftung WBM, mit Sitz in Madiswil (BE), begleitet seit 50 Jahren Menschen mit Beeinträchtigungen in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und der Arbeitsintegration. Zusammen mit der Bäckerei Bim Donner beschäftigt die Stiftung in der mechanischen Fertigung, Montage, Verpackung, Hotellerie rund 220 Personen. Zum Hauptsitz gehört auch ein Wohnhaus, das 25 Bewohner/innen ein selbstbestimmtes und individuelles Lebensumfeld ermöglicht.
Der Beweis für das Handwerk
Vor zwei Jahren übernahm die gelernte Konditorin-Confiseurin Leonie Tschui die Produktionsleitung und verantwortet seither das 13-köpfige Team. Eine besondere Aufgabe, da es sich mehrheitlich um integrative Arbeitsplätze handelt. «Ich bin eine geduldige Person und wollte etwas daraus machen», erklärt sie ihren Wechsel. Auf das Erreichen der eigenen Qualitätsvorstellungen habe sie bei Stellenantritt ihr erstes Augenmerk gerichtet – und hat es weiterhin. «Wir haben keine Arbeitsteilung, bei uns machen alle alles. Das macht es zur Herausforderung, die Qualität konstant zu halten.» Trotzdem gehören Abweichungen dazu, fügt sie schmunzelnd an. «Die Kundschaft kommt deswegen zu uns: Die optischen Abweichungen sind der Beweis für unser Handwerk.»
Genügend Zeit für Teig, Kaffee und Mitarbeitende
Die schmale Angebotspalette gefalle den Mitarbeitenden, welche «die Routine schätzen», meint die Produktionsleiterin. Langweilig wird es für jene, die mehr wollen, jedoch nicht: Der Monatshit bietet Abwechslung im Arbeitsalltag. «Beim Ausprobieren können jene, die Lust haben, ihre Grenzen austesten. Alle bringen sich im Rahmen ihrer persönlichen Ressourcen voll ein, damit erzielt die Bäckerei grosse
Erfolge bei den Mitarbeitenden.»
«Bim Donner geben wir allem genügend Zeit, sich zu entfalten», rundet Stephan Weber das Gespräch ab. «Die lange Triebführung, die intensive Röstung der Kaffeebohnen und für die Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung einen gut strukturierten Arbeitsablauf: Das passt alles zueinander und färbt auf die Kundschaft ab, die unseren Laden betritt», ergänzt die Produktionsleiterin.
Instagram-Kanal
@BimDonner
Diego Schwerzmann