Der Aktionsplan gegen Food Waste, ein Blick in die Zukunft, diverse Projekte wie die Veredelung von Suppenfleisch sowie die Wahlen in den Vorstand standen an der 8. Generalversammlung der Vereinigung United Against Waste UAW in Bern auf der Traktandenliste.

Steigende Mitgliederzahlen (aktuell 184), ein neuer Teilnehmerrekord an der Generalversammlung (130 Personen) sowie zukunftsweisende Projekte – das Fazit von Präsident Silvan Pfister an der von Aufbruchstimmung geprägten UAW-GV fiel positiv aus.

In Zentrum stand der Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung, der im vergangenen April vom Bundesrat verabschiedet und am 12. Mai von 28 Unternehmen und Organisationen gemeinsam mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga unterzeichnet worden war. Susanne Blank, Abteilungschefin Ökonomie und Innovation im Bundesamt für Umwelt (BAFU), zeigte sich erfreut über diesen wichtigen Meilenstein. Doch nun gehe es an die Umsetzung dieser freiwilligen, branchenübergreifenden Vereinbarung. Zudem will der Bund noch mehr Unternehmen und Organisationen zum Unterzeichnen motivieren.

Halbierung der Lebensmittelverluste

Ein Ziel des Aktionsplanes ist u.a. die Halbierung der Menge der vermeidbaren Lebensmittelverluste in der Schweiz bis 2030 gegenüber 2017. Der Aktionsplan umfasst Massnahmen von 2022 bis 2025. Die Befürchtung, dass diese Vereinbarung zahlreiche Trittbrettfahrer von Nicht-Mitgliedern anlocken werde, konnte Blank nicht ausräumen. Die Bundesverwaltung könne nicht exklusiv mit den UAW-Mitgliedern zusammenarbeiten. Die Organisation werde in den Arbeitsgruppen weiterhin eine wichtige Rolle übernehmen. Auf die Frage, ob die Ziele bis 2030 erreicht werden können, äusserte sich Blank vorsichtig und gestand ein, dass es sich um «ein sehr ambitioniertes Ziel handelt». Sie hoffe, dass «wir einen langen Atem haben werden». Blank zeigte in ihrem Referat ebenfalls auf, dass die Schweiz mit diesem Thema nicht alleine unterwegs ist und nannte als Beispiel das Projekt «Farm to fork» auf europäischer Ebene.  

Haltbarkeitsdaten

Giovanna Spielmann-Prada, Dozentin Lebensmittelmikrobiologie und Hygiene an der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften), referierte zum Thema Haltbarkeitsdaten. Sie zeigte Lösungswege auf, wie abgelaufenen Lebensmitteln eine zweite Chance gegeben werden kann. Die Umsetzung liege bei den Produzenten, betonte sie. Sie würden entscheiden, ob bei einem Produkt das Verbraucherdatum oder die Mindesthaltbarkeit steht.

Projekt in Luzern

Alexander Pabst, Berater Food Service, Foodways Consulting GmbH, stellte u.a. regionale Gastronomieprojekte vor, so eines, das gemeinsam mit der Kanton Luzern realisiert wird. Es ist u.a. geplant, mit Partnern die Mindesthaltbarkeit den Konsument*innen auf verschiedenen Ebenen näher zu bringen, informierte Johanna Otto, Fachspezialistin Abfallbewirtschaftung im Kanton Luzern.

Normierte Kartoffeln

In der anschliessenden Paneldiskussion stellte Urs Reinhard, Präsident von swisspatat, die Frage, ob überall eine Langzeit-Verfügbarkeit gewährleistet werden müsse. Er kritisierte auch die normierten Grössen der Kartoffeln und dass nur geringfügig schadhaftes Gemüse nicht in den Handel gelange. «Man muss sagen können, es muss nicht immer 100 % sein, es darf mal auch 95 % sein.»  

Bei Coop sei nur die Hälfte der Verkaufsstellen an «Tischlein deck dich» angeschlossen, da beispielsweise in Tälern diese Institution nicht vertreten sei, erklärte Guido Fuchs, zuständig für Nachhaltigkeit/Wirtschaftspolitik bei Coop. Hier bestehe ein grosses Optimierungspotenzial, ebenso beim Food Waste von Brot.

Zu günstige Lebensmittel

Ein Punkt, der ebenfalls diskutiert wurde, war die Kommunikation mit den Konsument*innen. Der Ball wurde hin- und hergeschoben, vom Bund zum Handel, vom Handel zur Schule. Urs Reinhard meinte abschliessend, dass die Lebensmittel zu günstig seien. Gleichzeitig wies er auf das Dilemma mit der Hochpreisinsel Schweiz hin und dem damit verbundenen Einkaufstourismus.

Eine Teilnehmende schlug zum Schluss vor, diese aktuelle Power zu nutzen und eine orchestrierte Konsument*innenkampagne zu starten.

Das Comeback des Suppenhuhns

Ein innovatives Projekt präsentierte der Jungunternehmer Tobias Oberer. Er ist Inhaber von Comestibles- und Gourmet-Service Fritz Gertsch AG in Thun und nannte ernüchternde Fakten: Von den rund 2,5 Mio. Legehennen werden ca. 50 % weggeworfen bzw. werden als Biogas verwendet, die andere Hälfte gelangt in den Lebensmittelkanal. «Das kann nicht sein, dass hochwertiges Fleisch weggeworfen wird!», sagte er sich und überlegte, wie man das Suppenhuhn wieder attraktiver machen kann. Nämlich, indem man es so weit veredelt, dass es die Konsument*innen ohne lange Kochzeit geniessen können. Aktuell bietet das Unternehmen Fleischkäse, Hackbraten, Bratwürste und Hamburger aus Suppenhuhnfleisch an. In der Testphase befinden sich Brätchügeli, Nuggets und Chipolata. Der Erfolg gibt Tobias Oberer recht. Bei seinen Kund*innen komme das neue Angebot gut an und auch die Medien sind auf ihn aufmerksam geworden.

Der UAW-Vorstand

Der UAW-Vorstand sieht wie folgt aus:

Präsident, Silvan Pfister (bisher, Geschäftsentwicklung Verkauf Gastronomie Pistor AG),  Julia Baumann (neu, Department Manager Sustainability Lidl Schweiz), Michelle Keusch (neu, Wirtschaftspolitik GastroSuisse),  Christian Müller (neu, Governmental Agriculture & Sustainability Affairs Nestlé Suisse S.A.), Rechnungsrevisor Peter Wicki  (neu, Geschäftsführer Solfina), Olga Steiger (bisher, Leiterin Nachhaltigkeitsmanagement ZFV-Unternehmungen),  Marcel Coray (neu, Bereichsleiter Hotellerie & Service Kantonsspital Graubünden), Rechnungsrevisorin Sophie Bosshart (neu, Fachspezialistin Nachhaltigkeit Transgourmet Schweiz AG), Nadia Meier (bisher, Country Managing Director Unilever Food Solutions Schweiz), Janine Bolliger (bisher, Fachspezialistin Business Development und Bildung HotellerieSuisse). Die Geschäftsstelle wird von Markus Huschel geleitet.

Der anschliessende Stehlunch bestand aus Produkten von der Essbar und Schweizer Tafel sowie Fleischpasteten aus Suppenfleisch von Comestibles- und Gourmet-Service Fritz Gertsch AG.

united-against-waste.ch

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