Die Löcher, die sich in der AHV-Kasse zu öffnen beginnen, sind furchterregend. Wer rasche Korrekturen verweigert, handelt verantwortungslos. Am 25. September stimmt das Schweizer Volk über die Stabilisierung der AHV (AHV 21) ab. Die Reform beinhaltet eine Änderung des AHV-Gesetzes und einen Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. AHV steht für Altersvorsorge. Der Zentralvorstand des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbandes SBC sowie alle wichtigen Wirtschaftsorganisationen unterstützen diese Vorlage.  

«Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.» Dieses geflügelte Wort, das Karl Valentin zugeschrieben wird, gilt speziell auch für die AHV. So kann beispielsweise ein unerwarteter Beschäftigungseinbruch dazu führen, dass die Einnahmen aus den Lohnbeiträgen um einige hundert Millionen Franken tiefer ausfallen, was einen erwarteten Ertragsüberschuss rasch in ein Minus verwandeln kann.

Anlagemarkt ist volatil

Besonders schwierig zu prognostizieren sind die Anlageerträge. Und die fallen bei der AHV mit einem Kapitalstock von fast fünfzig Milliarden Franken ins Gewicht. So hat das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) noch im vergangenen Dezember Prognosen veröffentlicht, die fürs 2021 mit Kapitalerträgen von 774 Millionen Franken rechneten. Dank eines ausgesprochen erfreulichen Anlagejahres konnte effektiv ein Kapitalertrag um fast eine Milliarde Franken übertroffen werden. Das lässt die AHV-Rechnung natürlich kurzfristig deutlich besser aussehen. Doch Achtung: Die Märkte haben seither gedreht. Ein ordentlicher Teil des Kapitalgewinns 2021 dürfte in der Zwischenzeit schon wieder verloren sein.

Reine Schwarzmalerei?

Ist die AHV-Revision aufgrund des guten Rechnungsabschlusses 2021 obsolet geworden? Sind die prognostizierten Defizite reine Schwarzmalerei der Verwaltung und der bürgerlichen Politiker*innen? Lösen sich die Finanzierungsprobleme der AHV von selbst? Mitnichten! Kurzfristig gab es immer schon kleinere oder grössere Abweichungen von den prognostizierten AHV-Abschlüssen, und das wird so bleiben. Der langfristige Trend ist allerdings eindeutig. Er zwingt uns, rasch zu handeln. Wer das negiert und Reformen verweigert, handelt fahrlässig und setzt die Sicherheit unseres wichtigsten Sozialwerks leichtfertig aufs Spiel.

Gemäss BSV-Prognosen vom Mai dieses Jahres müssen wir spätestens ab 2029 mit negativen Betriebsergebnissen in Milliardenhöhe rechnen. Wie bereits erwähnt: Es handelt sich um Prognosen, die um einige hundert Millionen Franken nach unten oder nach oben vom effektiven Ergebnis abweichen können. Eines steht aber fest: Diese Ausgabenüberschüsse werden sich mit Sicherheit nicht mehr in Gewinne verwandeln.

Riesige Finanzierungslücken

Nach 2030 werden die Defizite weiter anwachsen. Und zwar exponentiell. Das wird zur Folge haben, dass bis etwa in fünfzehn Jahren der ganze Kapitalstock der AHV, der sich aktuell noch auf knapp 50 Milliarden Franken beläuft, restlos aufgebraucht sein wird. Eventuell reichen die AHV-Mittel bis 2040, eventuell aber auch nur bis 2034.

Erschreckende Aussichten! Doch die ganze Wahrheit sieht leider noch viel desaströser aus: Die UBS hat in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg im Breisgau jüngst errechnet, dass die gemäss geltendem Recht abgegebenen AHV-Rentenversprechen die künftigen Einnahmen um 900 Milliarden Franken übersteigen werden. Diese Finanzierungslücke entspricht rund 126 % des aktuellen Bruttoinlandprodukts oder dem achtzehnfachen Betrag der aktuellen jährlichen AHV-Einnahmen.

All diese Zahlen zeigen deutlich: Die AHV ist ein dringender Sanierungsfall. Mit der AHV 21 steht ein erster Sanierungsschritt an. Damit soll das Betriebsergebnis der AHV um gut 2 Milliarden Franken pro Jahr aufgebessert werden. Dies reicht aus, um die AHV-Finanzen bis etwa im Jahre 2030 im Lot zu halten. Danach braucht es weitere, noch griffigere Reformen. Die AHV 21 ist wichtig und unumgänglich. Aber eben auch unzureichend, weil sie die Finanzierungslücke der AHV von 900 Milliarden «bloss» auf 650 Milliarden Franken reduziert.

Unsere Rentner*innen sind uns lieb und wichtig! Daher müssen wir die AHV-Finanzen dringend sanieren und die künftigen Renten sichern. Aber auch unsere Jugend muss uns wichtig sein. Ihr dürfen keine hoch defizitäre Sozialwerke und keine ungedeckten AHV-Schecks in schwindelerregender Höhe hinterlassen werden. Ein Ja zur AHV 21 ist unumgänglich.

SBC

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