Good News von der Qualitätstagung Weizen, die am 21. November in Bern stattgefunden hat: Die diesjährige Weizenernte ist gut und weist eine gewisse Stabilität auf, wobei weiterhin ein leichter allgemeiner Rückgang der Proteinmenge verzeichnet wird. Für die Bäckerei-Confiserie-Branche fällt das Fazit der Analysen der Richemont Fachschule positiv aus.

Die Protein- und Feuchtglutengehalte liegen unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Mehle weisen eine mittelmässige Wasseraufnahme auf. Die Teige zeigen eine tiefere Knetresistenz als der Fünfjahresdurchschnitt. Die Glutenstruktur und die Backvolumen bleiben auf einem ähnlichen Niveau wie im Jahr 2022. Dies zeigen die gewichteten Ergebnisse der Erntequalitätserhebung von swiss granum.

Sébastien Knecht, Leiter Richemont Fachschule in Yverdon-les-Bains und Stephanie Bräunlich, Sommerweizenzüchterin und Leiterin Qualitätslabor Agroscope.

Inländische Versorgung gewährleistet

Der Frühling 2023 war nass und bedeckt, mit Ausnahme des Monats Juni. Im Sommer erfasste die Schweiz eine Hitzewelle. Die Niederschlagsmengen lagen unter dem Durchschnitt, vor allem in der Romandie. Mit 383’357 Tonnen liegt die gesamte backfähige Brotgetreidemenge um 9 % unter derjenigen der Ernte 2022 und 5 % unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. «Die inländische Versorgung bleibt gewährleistet», betonte Thomas Weisflog, stellvertretender Direktor von swiss granum. Der Weizenanteil erreicht dieses Jahr 59.6 % für die Klasse Top und nimmt somit weiter zulasten der Klassen I (27.0 %) und II (12.7 %) zu. Die Dinkelmenge war im Vergleich zu 2022 höher.

Schwache Protein- und Feuchtglutengehalte

Das Jahr 2023 weist bei Mahlweizen, Gerste und Triticale das tiefste Deoxynivalenol-Belastungsniveau seit der Einführung des Monitorings auf. Im Bereich der Qualität zeigen die Weizen dieses Jahr gute Hektolitergewichte, leicht unter denjenigen der Ernte 2022. Die Protein- und Feuchtglutengehalte sowie die Zelenywerte sind jedoch schwach. Sie liegen unter den Resultaten von 2022 und den Durchschnitten der letzten fünf Jahre.  

Neben seinen Erläuterungen zur Erntequalität äusserte sich Weisflug auch zur Herkunftsdeklarationspflicht für Brot- und Feinbackwaren im Offenverkauf. Mit der Marke «Schweizer Brot» stehe den Marktpartnern ein Instrument zur Umsetzung dieser Vorgaben zur Verfügung. (Siehe Artikel Delegiertenversammlung swiss granum)

Weizenqualität

Sébastien Knecht, Leiter der Richemont Fachschule in Yverdon-les-Bains (VD), hat an der Qualitätstagung Weizen die Resultate der Back-Laboranalysen mit dem diesjährigen Getreide, die zusammen mit Agroscope gemacht worden sind, präsentiert. «2023 ist ein gutes Jahr für die Ernten und Brotherstellung», unterstrich Knecht. Allerdings müsse weiterhin ein leichter allgemeiner Rückgang der Proteinmenge verzeichnet werden. Die Ernte war bezüglich der Enzymaktivität normal. «Das ist gut», so der Referent, «weil dies die Arbeit erleichtert und weniger Korrekturen durch den Müller und/oder den Bäcker notwendig sind.» Die Mühlen müssten die Entwicklung der Mischungen 2023 wie üblich verfolgen.

Teige mit einer guten Struktur

Die Backqualität des Schweizer Weizens sei 2023 allgemein zufriedenstellend. «Die Teige weisen eine gute Struktur auf und sind ausgeglichen, mit einer leichten Tendenz, eher elastisch als dehnbar zu sein», erklärte der Branchenmann aus der Romandie. «Wir bewerten sie jedoch als ausgeglichen am Ende des Knetens und während der Fermentation.» Die Sorte Arina, die das tiefste Verhältnis aufweise, sei auch die schwächste Sorte bezüglich des Gleichgewichtes von Elastizität/Dehnbarkeit zu Beginn der Fermentation und während der Verarbeitung. Die Zugabe von Hilfsstoffen zur Stimulierung des Glutens (Acerola, Ascorbinsäure) oder der Elastizität der Teige sollte, gemäss Knecht, nicht nötig sein; in geringerem Ausmass für Teigführungen in Fermentation mit Kältetechnologie.

Zusatz von Malzprodukten nicht nötig

Mit der Lagerung der Getreide und der ordentlichen Oxidation, die sich daraus ergibt, tendiert das Gluten dazu, sich natürlich zu festigen, und die Verwendung von Zusatzstoffen zur Stimulierung des Glutens muss begrenzt bleiben. Angesichts der normalen Enzymaktivität sei es nicht notwendig, systematisch Malzprodukte hinzuzufügen, stellte Sébastien Knecht fest. Ein gezieltes Hinzufügen von aktivem Gerstenmalz (Malzmehl oder Flüssigmalz) oder von aktiven Enzymkomplexen sei in besonderen Fällen oder je nach Backrezept vorzuziehen.

Keine Anpassung für Teigruhezeiten

Gemäss den Backtests der Richemont Fachschule und von Agroscope müssen die Stockgar- und Teigruhezeiten nicht angepasst werden. Allerdings sollten Produzenten, die eine kurze Gärzeit haben, wie im Jahr 2022 versuchen, diese zu verlängern. Die Knetzeiten sollten wie bei der vorangehenden Ernte belassen werden.

«Das Hauptziel ist, ein gut, aber nicht zu stark gekneteter Teig zu erhalten, da die Toleranz nicht höher als 2022 ist», erklärte Sébastien Knecht. Aktuell empfiehlt die Richemont Fachschule keine zusätzliche Anpassung der Fermentations- und/oder der Backparameter.

Aktuelle Analyseresultate der Mehle abwarten

Für Mehlmischungen ohne Korrektur in der Mühle schlägt die Richemont Fachschule eine leichte Erhöhung der Backtemperatur vor. Sébastien Knecht betonte, dass es sich um allgemeine Tendenzen der nicht behandelten Mehle der Ernte 2023 handelt. Die Koeffizienten und aktuellen Analyseresultate der Mehle müssten bekannt sein, bevor Korrekturen vorgenommen werden. Die zweite Verarbeitungsstufe in Form der Müllereien passe die Mischungen und Korrekturen kontinuierlich an, um die Produzenten zufriedenzustellen und eine regelmässige Qualität aufrechtzuerhalten. «Wir empfehlen ihnen, eine gute Kommunikation mit den Mühlen zu pflegen und ihren Empfehlungen in den nächsten Monaten zu folgen», hielt Sébastien Knecht abschliessend fest.

Stephanie Bräunlich, Sommerweizenzüchterin und Leiterin des Qualitätslabors Agroscope, berichtete über den Test der Weizensorten, es waren dies: Runal (Top), CH Nara (Top), Montalbano (Top), Arina (Klasse 1), Forel (Klasse 1), Hanswin (Klasse 1) und Spontan (Klasse 2). Trotz der längeren Trockenphase von Mitte Mai bis Mitte Juni sei ein gutes durchschnittliches Hektolitergewicht erreicht, berichtete Bräunlich. Es sei mit 82.9 kg/hl leicht höher als im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2022 und um 2.3 kg/hl geringer als 2022. Dieses Jahr gab es keine Fallzahlwerte unter dem Grenzwert von 220 Sekunden. «Somit mussten keine Proben ausgeschlossen werden», stellte die Referentin fest.

Proteingehalt und Feuchtgluten

Der durchschnittliche Proteingehalt ist dieses Jahr mit 12.7% leicht tiefer als im letzten Jahr (13.6%) und im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 2018-2022 (13.3%), was daraufhin deute, dass die Bedingungen keine effiziente Stickstoffaufnahme ermöglichten, erläuterte Bräunlich. Die Sorte mit dem tiefsten Proteingehalt ist Hanswin (11.8%) und jene mit dem höchsten Proteingehalt sind CH Nara und Montalbano (13.4%). Der durchschnittliche Feuchtglutengehalt (gemessen bei 0 Minuten) liegt bei 28.0% und ist damit um 1.3% geringer als im Mittel der Jahre 2018-2022. Für Runal wurde der höchste Feuchtglutengehalt (31.3%) gemessen gefolgt von Arina (30.3%) und Montalbano (29.5%). Forel hat den geringsten Gehalt an Feuchtgluten mit 24.4%.

Zeleny und rheologische Analysen

Bereits letztes Jahr wurde bei ähnlichen klimatischen Bedingungen ein tiefer durchschnittlicher Zelenywert der Getreidemuster (56.2 ml) gemessen. Mit den diesjährigen 50.2 ml ist der Zeleny noch tiefer und weit unter dem Mittel der Jahre 2018-2022 (63 ml). Dennoch liessen sich auf den Extensogrammen hohe Werte für die Teigenergie und die Verhältniszahl (Dehnwiderstand/Dehnbarkeit) ablesen. Die durchschnittliche Teigenergie ist mit 151 cm2 ähnlich hoch wie in den letzten beiden Jahren. Die mittlere Verhältniszahl liegt bei 2.8 und ist damit um 0.4 höher als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Daraus lässt sich auf eine verkürzte Glutenstruktur schliessen.

Die grössten Verhältniszahlen wurden für Spontan (3.2), Forel (2.9) und Montalbano (2.9) gemessen. Am niedrigsten ist jene von Arina (2.0). Die Kapazität zur Wasseraufnahme befindet sich mit 58.8% sehr nahe am Durchschnitt der Jahre 2018-2022. Die Sorten Runal (62.9%), Forel (60.2%) und Arina (60.2%) haben die höchste Wasseraufnahme. Hanswin hingegen hat die geringste Wasseraufnahme (56.1%). Die Knetresistenz erreicht mit 5.3 min einen leicht tieferen Wert als im Durchschnitt der letzten Jahre. Der Konsistenzabfall ist mit 53 FE leicht tiefer (-7 FE) als in den Jahren 2018-2022 und somit ist der Teig weniger empfindlich gegenüber Überknetung.

Fallzahl und Werte des Amylogramm

Ähnlich wie im Vorjahr sind die Fallzahlen der Getreidemuster mit 370 s auf einem gesunden Niveau. Alle Sorten weisen im Durchschnitt eine Fallzahl von über 300 s auf, wobei Hanswin wie im letzten Jahr die tiefsten Fallzahlen hat. Das Verkleisterungsmaximum (1572 AE) und die Temperaturen beim Verkleisterungsmaximum (91.6°C) sind höher als der Durchschnitt der Jahre 2018-2022 (1039 AE und 86.3°C). Diese Resultate würden auf eine sehr geringe Enzymaktivität schliessen, betonte Stephanie Bräunlich.

Neue Ackerkulturen

Der zweite Teil der Qualitätstagung Weizen stand unter dem Titel: Neue Ackerkulturen für die menschliche Ernährung – Potentiale und Herausforderungen für Produktion und Verarbeitung. Verschiedene Anbieter von Fleischalternativprodukten traten auf, so auch Rahel Emmenegger, stellvertretende Geschäftsführerin des Schweizerischen Getreideproduzentenverbandes (SGPV). Sie zeigte auf, dass, trotz Präsenz in den Medien, der Anbau von neuen Ackerkulturen wie beispielsweise Braugerste, Mais, Hirse, Quinoa, Eiweisserbsen, Kichererbsen und Linsen eher verhalten. Zusammen mit der Arbeitsgruppe Nischenkulturen von swiss granum wurden erste Übernahmeempfehlungen ausgearbeitet, die aber je nach Abnehmenden  und späterer Verwendung stark variieren können, stellte Rahel Emmenegger fest.  

Die nächste Qualitätstagung Weizen findet am 19. November 2024 statt.

com/cv

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