Es ist Samstag, späterer Nachmittag. Auf der Suche nach einem frischen Brot entdecken wir an der Bernstrasse in Ostermundigen vor einem Bäckerei-Ladeneingang ein schmuckes Möbel mit verpacktem Brot und einer Geldbox. Eine ausgezeichnete Massnahme gegen Food-Waste, denke ich. Doch falsch. Am Telefon erfahre ich, dass es gar keinen Laden mehr gibt, dass alles anders ist …

Direkt vor der Backstube abholen

Bei Backbord können Kundinnen und Kunden ihre Ware bestellen und direkt vor der Backstube abholen. Für diejenigen, die dies nicht wollen oder können, ist der Brotkasten gedacht. «panissimo» wollte mehr erfahren und reiste nach Ostermundigen, zu Backbord, die früher Bäckerei Moser hiess.

Mit Lea Anliker und Beatrice Moser sitzen wir im ehemaligen Ladenlokal an einem grossen Tisch, der fürs Abpacken von Lieferungen und für den Märit dient oder für Weindegustationen von «urban und ich», die Sascha Pauli, der Ehemann von Beatrice Moser, organisiert.

Klar, sei aus dem Brotkasten auch schon gestohlen worden. Doch seit eine einfache Box mit einem Schlitz dort steht, scheint die Verlockung weniger gross zu sein. «Wir lassen uns nicht von ein paar bös­artigen Menschen steuern und in Schranken weisen», erklären Beatrice Moser, ihr Bruder und Bäckermeister Lorenz Moser und seine Ehefrau Lea Anliker bestimmt. Gemeinsam führen sie seit 2003 den Betrieb.

Regionalität ist zentral

Vor 14 Jahren wurden die Drei aktiv, setzten sich zusammen und übernahmen Haus und Betrieb. «Wir waren jung und unerfahren, kannten die Branche nicht», erinnert sich Lea Anliker an die Anfangszeiten. Aber eines war klar: Sie wollten ein kleines Sortiment führen, alles selber herstellen und regionale Bioprodukte verwenden. Die Regionalität und das Handwerk, nicht möglichst günstige Konditionen, sollen in Vordergrund stehen.

Zunehmende Konkurrenz

Der Start in unsere Branche gelang, obwohl es in der Berner Vorortsgemeinde bereits damals einige Bäckereien sowie Grossverteiler gab. Doch dann eröffneten auch noch in unmittelbarer Nähe zwei Tankstellenshops. Die Begegnungszone Bernstrasse wurde nicht realisiert, und von den Neubauten im Oberfeld in Ostermundigen kam nicht der erhoffte Kundenzuwachs.

Vor 40 Jahren war dies noch anders: Da hatte dieser Startort einen höheren Stellenwert, denn zu dieser Zeit war die Geschäftsvielfalt an der Hauptstrasse grösser und zog die Kundschaft an. In der Zwischenzeit haben diverse kleine Geschäfte den Standort Bernstrasse aufgeben müssen. Der Sonntagsverkauf ging wegen den neuen Tankstellenshops massiv zurück. Zudem gab es Familienzuwachs. Im Laden waren erhebliche Investitionen notwendig. Irgendwann stimmten für Backbord Aufwand und Ertrag nicht mehr. Also entschied man sich 2015, nach reiflicher Überlegungszeit, neue Wege zu beschreiten: Man schloss ein Jahr später den Laden definitiv.

Das wichtigste Geschäftsfeld von Backbord sind die Lieferungen. Sie machen etwa zwei Drittel aus. Zudem betreibt man einen Stand am Märit in der Münstergasse in der Berner Innenstadt sowie am Donnerstag vor dem «Löscher» beim Viktoriaplatz in Bern. Der Verkauf an der Bernstrasse ist marginal und stellt eine Dienstleistung für die ehemaligen Kunden dar. Die Produkte von Backbord sind teurer als die konventionell hergestellten. «Das heisst aber nicht, dass man sich unser Brot nicht leisten kann», halten die beiden Geschäftsfrauen fest, «man setzt einfach andere Prioritäten.» Es sei eine Frage der Philosophie.

Brot verbindet

Hat sich dieser Schritt gelohnt? Beide Berufs- und Familienfrauen bejahen die Frage ohne zu Zögern. Das Sorgenkind Laden sei weg. Die Lieferungen in Restaurants, der Verkauf am Märit – all das bereite Freude. Sie spüren die Aufgeschlossenheit, das Geschmacksinteresse und die Sensibilität der Kunden. «Brot verbindet», betont Beatrice Moser. Daraus schöpfe sie Kraft, «es lohnt sich und ich bin stolz auf unsere Produkte!» Diesen Stolz, diese Überzeugung ist spürbar, bei allen drei Unternehmern. Ein Businessplan existiert nicht, es hat ihn nie gegeben. «Wir haben viel aus dem Bauch entschieden», unterstreicht eine zufriedene Lea Anliker.

Neue Lösungen und Wege

Doch für alle ist klar: Mit einem Geschäft kann man nicht ruhen. Man muss immer neue Lösungen, neue Wege suchen. Wichtig sei, dass «wir auf unserem eigenen Weg bleiben und auf die Authentizität achten. Wir können es nicht allen recht machen. Es braucht einen breiten Rücken und ein Herzensgefühl», unterstreicht Beatrice Moser, und man müsse an das eigene «Projekt» glauben.

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