Die Suche nach den besten Bäckereien Frankreichs brachte für der Food-Fotograf Jörg Lehmann Überraschungen mit sich. Denn: Es gab nicht nur Brot zu entdecken.

Weshalb Brot? Der im Erdgeschoss zugezogene Bäcker in Chinatown, Paris, öffnete mir die Augen nicht nur für die nachmittägliche Patisserie, sondern auch für das artisanale Brot. Mit dem deutschen Brot und meiner norddeutschen Kultur bin ich aufgewachsen. In meinen Jahren in Paris gingen mir dann so einige neue kulinarische Fenster auf. Während in Deutschland die Landschaft der Bäckereien immer mehr verödete, spriessten in Paris die Läden wie Pilze aus dem Boden. Das Brot wurde zu einer Staatsaffäre, und mit dem Erlass von 1993 durfte das «Baguette de tradition francaise» nur in Bäckereien verkauft werden, wo es auch produziert wird. Mit diesem wunderbaren Trick schützt der Staat seine gewerblichen Bäcker und zumindest einen kleinen Teilt der französischen Backtradition.
Für mich war klar: Die täglichen zwei Croissants au beurre sind ab sofort Pflicht, wie auch das Baguette zum Essen. Das Glück definierte sich hier sehr klar und entschieden!

Dem Sauerteig huldigen

Auf dieser Grundlage und wegen der Tatsache, dass ich meinem Lieblingsbäcker «intra muros» nach seinem Umzug folgte, um weiterhin seine Gourmandise geniessen zu können, ging ich in ganz Frankreich auf die Suche nach vergleichbaren Betrieben. Die Suche machte mich zwar nicht zu einer Brotinstanz, brachte aber durchaus Überraschungen mit sich. Denn: Es gab nicht nur Brot zu entdecken! Hinter jedem Ofen steht ein Bäcker oder (leider zu selten) eine Bäckerin.
Ob mit dem Kragen des Meilleur ouvrirer de France (MOF) oder ohne, es gibt sie noch, die mutigen Jungen und Alten, die dem Sauerteig huldigen und dem Teig die Zeit geben. Vor allem als ich mich bewusst auf die Suche nach leckerer Kruste und Krume machte, traf ich Verrückte, die stolz mit Mehl hantieren und denen der Beruf eine «Ähre» ist. Frankreichs Bäcker haben in den vergangenen Jahren Grosses geleistet und müssen sich nicht auf Baguettes und Weissbrote reduzieren lassen. In vielen Bäckereien liegen sie, die grossen Brotlaibe, wohlriechend und mit einer knackigen Kruste. Und der Sauerteig ist in aller Munde und allen Öfen.

Die Geschichte des Brotes

Vor fünf Jahren kam der Gedanken zu einem Buch auf, um die Geschichte des Brotes in Europa zu erzählen. Parallel dazu machte sich der bekannte amerikanische Bäcker Dan Leader aus Woodstock dieselben Gedanken. Durch eine beidseitige freundschaftliche Verbindung mit Jean-Philippe de Tonnac aus Paris wurde aus der Idee Wirklichkeit. In den USA feiern wir damit grossen Erfolg.
Das Buch «Living Bread» ist eine Referenz für Fachleute sowie engagierte Hobbybäcker. Es erzählt die durchaus ungewöhnliche Geschichte eines jungen amerikanischen Kochs, der zum Star der Biobäckerszene in New York wurde, als in Europa zu diesem Thema noch wenig Interessantes beigesteuert werden konnte.

Die unzähligen Reisen, verbunden mit Jahren in Hotels und Restaurants, führten den deutsche Food-Fotografen Jörg Lehmann automatisch in die Welt der Küchen und Weinkeller. Vor acht Jahren verlegte er ein Studio von Paris nach Berlin. Sein besonderes Augenmerk: das Thema Brot. Daraus sind nicht nur vier Bücher und über 80 Fotoprojekte entstanden, er bespielt auch den Insta­gram-Kanal @thebreadtourist.

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