Noch sind es wenige Branchenbetriebe, die eine Postagentur führen. «panissimo» hat zwei Inhaber befragt: Walter Stadelmann (Bäckerei Merz, Luzern) und Reini Kobler (Rhybeck, Kriessern). Beide sind begeistert und rufen ihre Berufskolleginnen und -kollegen auf, dieses Angebot zu prüfen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Post zustande gekommen?

Reini Kobler: Die Post kontaktierte uns, da sie unsere Poststelle im Dorf schliessen wollte.

Walter Stadelmann: Vor fünf Jahren erfuhr ich, dass die Poststelle in der Altstadt geschlossen wird und die Post auf der Suche nach einem Agenturstandort ist. Wir befinden uns in der Fussgängerzone, und unser Laden ist mit 90 m2 relativ gross. Die Post-Verantwortlichen waren sehr freundlich. Es fanden zwei Vorgespräche, eine Standortanalyse und eine Befragung statt. Als ich zusagte, wusste ich also, worauf ich mich einliess. Wir haben nach der Zusage der Post den Laden mit Café neu gestaltet.

Hatten Sie zu Beginn Bedenken?

Reini Kobler: Ich stellte mir Fragen wie: Wie gross ist der Zeitaufwand? Was wird in einer Postagentur alles angeboten? Wie gross ist der Platzbedarf mit Postschalter und Paketablage? Gibt es zusätzliche Büroarbeit?

Walter Stadelmann: Klappt alles? Schaffen wir es? Dies fragte ich mich. Nach fünf Jahren Erfahrung kann ich bestätigen, dass alles relativ problemlos läuft. Die Lernenden profitieren beispielsweise von dieser zusätzlichen Dienstleistung. Es fördert die Selbstständigkeit. Wir hatten zu Beginn eine Woche lang eine Grundschulung mit der Post. Zudem klappt der Support ausgezeichnet.

Worauf gilt es zu achten?

Reini Kobler: Wie überall, sehr genaues Arbeiten mit klar strukturierten Abläufen.

Walter Stadelmann: Dass ein nicht zu hoher Geldbetrag in der Postkasse liegt. Man sollte den Bargeldverkehr so gering wie möglich halten. Wichtig ist auch, auf die Platzierung der Postagentur innerhalb des Ladens zu achten und dass der Verkauf der eigenen Produkte Vorrang hat. Schliesslich sind die Postkunden gezwungen auf die Post zu gehen, um beispielsweise ein Paket abzuholen.

Wie gross sind Zeitaufwand und Entschädigung?

Reini Kobler: Der Zeitaufwand ist sehr unterschiedlich, wie das Ladengeschäft heute so ist. Die Entschädigung hängt vom Umsatz ab, mit wenig Fehlern und pünktlicher Abgabe der Daten Ende Monat kann man sich einen finanziellen Bonus gutschreiben lassen.

Walter Stadelmann: Für mich stimmt die Entschädigung. Die Abgeltung der Post finanziert mir knapp eine 50 %-Stelle. Das ist für einen Kleinbetrieb eine unglaublich gute Sache.

Was hat Sie überrascht?

Reini Kobler: Positiv überrascht hat uns, dass unser Personal nach relativ kurzer Zeit das Postgeschäft recht gut im Griff hatte. Auch die zuständige Ansprechperson von der Post steht jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.

Walter Stadelmann: Die unkomplizierte Abwicklung des Geschäfts und dass es meine jungen Mitarbeiterinnen so gut machen.

Welche positiven Auswirkungen hat die Zusammenarbeit mit der Post?

Reini Kobler: Die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Dorfes müssen nicht ins Nachbardorf, um ihr Postgeschäft zu tätigen und vielleicht gerade auch den Einkauf zu machen. Im Gegenteil: So betritt etwa ein Kunde den Laden, der sonst nicht unbedingt zu uns kommen würde.

Walter Stadelmann: Ich habe rund 100 Personen mehr im Laden. Interessant sind für uns die Zalando-Kunden, welche ihre Postpakete bei uns abholen. Das gibt neue Kunden und Zusatzverkäufe. Ich verzeichnete früher am späten Nachmittag einen Umsatzeinbruch. Heute holen die Berufstätigen nach der Arbeit ihre Post ab. Auch die Altersdurchmischung ist besser. Es ist eine Bereicherung!

Welchen Rat geben Sie Branchenkolleginnen und –kollegen, die sich einen solchen Schritt überlegen?

Reini Kobler: Wir haben zurzeit noch alles im Dorf, sprich Bäckerei mit Lebensmitteln, Metzgerei, Molkerei und Bank. Das ist vor allem der Grund gewesen, die Postagentur zu übernehmen, damit alles im Dorf bleibt. Fällt einer weg, ist es für die anderen zunehmend schwieriger. Wir können es jedem empfehlen, diesen Schritt zu wagen. Verlieren kann man nicht.

Walter Stadelmann: Vor allem kleinere Betriebe, die Mühe haben, ermuntere ich, sich als Postagentur zu bewerben. Es wäre dumm gewesen, hätte ich nicht mitgemacht!

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