Die Zahl der Lernenden in unserer Branche ist nach wie vor rückläufig. Das Ergebnis der «panissimo»-Umfrage in den Kantonalverbänden zeigt ein durchzogenes Bild. Es gibt welche mit erheblichen Problemen, aber auch Lichtblicke.

Negativ-Rekord für unsere Branche auf dem Lehrstellenmarkt: 2016 starteten mit 995 Jugendlichen erstmals unter 1000 eine Lehre. Es sind dies 693 Lernende in der Produktion und 302 im Detailhandel. 2013 waren es noch 1313 Lernende (904 BKC, 409 DH).

Etwas Licht am Horizont

Die meisten Kantonsvertreter stellen einen langsamen, aber stetigen Rückgang bei den Zahlen der Lernenden und beim Lehrstellenangebot fest. Etwas Licht am Horizont herrscht teilweise im Detailhandel. Viele lobten zudem die Jugendlichen als oft motiviert und begeisterungsfähig. Nicht einfach ist die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs. Weniger positiv tönte es in Bezug auf die Berufsbildner. Da ist noch ziemlich viel Nachholbedarf vorhanden.

Die Ursachen

Im Kanton Luzern sieht man verschiedene Ursachen für den Rückgang der Zahl der Lernenden: «Wir sind mit den gleichen Problemen konfrontiert, wie praktisch alle handwerklichen Berufe. Bei unserem ist sicher auch die Nachtarbeit ein zusätzlicher Punkt, der nicht jedermann anspricht.» Zusätzlich erschwerend seien die ­geburtenschwachen Jahrgänge der momentanen Schulabgänger. Ein weiteres Problem sieht man schweizweit in den Filialisierungen und den damit weniger produzierenden Betrieben. «Sie bilden im Verhältnis aber nicht mehr Lernende aus», bedauert man beispielsweise im Kanton Freiburg. Zudem gibt es eine grosse Anzahl von Betrieben, die keine Lernenden mehr haben, weil man mit den vielen Auflagen nicht mehr einverstanden ist, die heute verlangt werden.

Auch Neuenburg klagt, dass immer weniger Plätze zur Verfügung stehen. Der Verband müsse junge Berufsleute unterstützen, die einen Betrieb eröffnen möchten, wird gefordert. Wenn man nichts unternehme, werde es nur noch die Grossunternehmen mit ihren Filialen geben, die nur sehr wenige Lernende ausbilden. «Es ist sehr kompliziert einen neuen Lehrstellenplatz zu finden», heisst es auf dem Waadtländer Kantonalverband. Viele Betriebe wollen sich nicht mehr für den Nachwuchs engagieren. In der Confiserie steht in der Waadt keine einzige Lehrstelle zur Verfügung.

Fachleute aus dem Ausland?

Im Kanton Schaffhausen bezeichnet man die Lage als prekär: «Die aktuelle Lehrstellensituation spitzt sich immer mehr zu, da es stets weniger Ausbildungsbetriebe gibt.»

Positiv tönt es aus der Ostschweiz (Glarus, St. Gallen, Appenzell Innerroden, Appenzell Ausserroden), was den Detailhandel anbelangt: «Grösstenteils ist das Lehrstellenangebot noch intakt.» Im Kanton Glarus ist die Nachfrage nach Lehrstellen in der Produktion grösser als das Angebot. Vor allem in der Gemeinde Glarus Süd hat es heute bereits keine Lehrstellen mehr. Es handelt sich flächenmässig um die grösste Gemeinde der Schweiz. «Wenn die Zahlen weiter so sinken, werden viele Betriebe in absehbarer Zeit Fachleute vom nahen Ausland holen müssen», prophezeit man im Bündnerland. Stabil geblieben ist in den letzten vier bis fünf Jahren die Zahl der Lernenden im Kanton Freiburg.

Positive Signale aus Genf

Erfreulich positive und zuversichtlich stimmende Signale gibt es aus dem Kanton Genf: «Die letzten Jahre hatten wir Lernende mit einem hohen Potenzial, was sehr ermutigend ist.» Gleichzeitig werden die Berufsbildner gemahnt, die Arbeitsplätze attraktiv zu gestalten und das Potenzial in der Branche zu wahren. Im Kanton Genf stellt man zudem ein Phänomen fest, das von keinem anderen genannt worden ist: Es hat mehr und mehr ältere Lernende im Alter zwischen 19 und 21 Jahre. Diese sind in der Regel sehr motiviert und gut ausgebildet.

Weniger belastbar

Der Detailhandel ist populärer geworden und das Lehrstellenangebot ist gestiegen, schreiben die Aargauer. Hier herrscht keine Lehrstellenknappheit. Allerdings sei es schwierig, geeignete und interessierte Jugendliche zu finden. «Im Detailhandel wird immer mehr verlangt», stellt man im Kanton Graubünden fest. Mittelmässige Sekundarschülerinnen hätten deshalb häufig Mühe. «Viele Lehrstellen können wegen zu schlechter Bewerbungen nicht vollständig besetzt werden», wird die allgemeine Situation im Kanton Zürich beschrieben. Viele sind immer weniger bereit, am Wochenende und an Feiertagen zu arbeiten. Zudem sind Junge heute weniger belastbar als früher, wird oft erwähnt. Auch im Kanton

Tessin ist, bedingt durch die Arbeitszeiten, die Situation bei den Bäckern und Confiseuren besorgniserregend.

Ernüchternd ist die Situation im Kanton Zürich. Genaue Zahlen, wie viele die Ausbildung abgebrochen haben, gibt es nicht. Man schätzt die Zahl auf 30 %. Der Kanton Zürich hat mit der Bildungsdirektion ein Pilotprojekt am Laufen, mit dem kritische Lehrverhältnisse frühzeitig erkannt werden und zwischen den Lernenden und Berufsbildnern vermittelt oder ein neuer Lehrort verschafft wird. So konnten 2016 rund zehn Lehrverhältnisse gerettet werden.

Motivierter Nachwuchs

Viel Lob für den Nachwuchs hat der Kantonalverband Bern–Solothurn: Die jungen Leute sind motiviert und bereit, Leistungen zu erbringen. «Es gibt viele junge Berufsleute, die ihren Beruf mit Stolz ausüben.» Wichtig sei es, mit Aktivitäten für den Nachwuchs zu werben. Der Kantonalverband Bern–Solothurn wirkt in dieser Beziehung beispielhaft. Denn es besteht ein Kampf um die Schulabgänger. «Es gibt viele interessierte und gute Jugendliche», so der Zürcher Kantonalverband. Als Beispiel nennt er die Präsenz an den Berufsbildungsmessen. «Wenn wir konsequent auf die guten Lernenden setzen und uns die Zeit nehmen, diese entsprechend auszubilden, werden wir eine positive Zukunft vor uns haben.»

Nach der Ausbildung

Eine Herausforderung ist die Phase nach der Lehre. Zu viele Lernende würden nach dem Qualifikationsverfahren (Lehrabschluss) den Beruf wechseln, schreibt beispielsweise der Thurgauer Kantonalverband. Manchmal haben die Lernenden ein falsches Bild von der Ausbildung aufgrund von ungenügendem Interesse, vermutet man in Aargauer Kantonalverband. Der Besuch der Berufsfachschule sowie der Arbeitseinsatz im Lehrbetrieb seien für einige zu viel und führten zu Lehrabbrüchen. In der Waadt hat es viele Wechsel und Lehrabbrüche das Jahr hindurch. Aber es gibt auch Lernende, die ihren ersten Lehrbetrieb verlassen und einen neuen gefunden haben. Einige hätten während einem Jahr dreimal den Lehrbetrieb gewechselt. Die Ursache sieht man bei den Berufsbildnern: «Sie befolgen nicht ihre Aufgaben. Denn der Inhalt der Ausbildung ist äusserst befriedigend. Die Ausbildungsdossiers sind ausgezeichnet. Aber 80 % der Berufsbildner benutzen sie nicht. 96 % der Kandidaten haben ihre Prüfung bestanden.»

Für die Mitglieder aus dem Appenzell ist klar: «Wir müssen uns gut verkaufen. Es muss von Beginn weg kommuniziert werden, was für einen wunderbaren, kreativen, vielfältigen und nie langweiligen Beruf wir haben. Unsere Branche muss sich besser verkaufen!»

Zahlen und Antworten pro Kanton: www.swissbaker.ch

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