Im Frühjahr wurde Martin Schnyder von einer hochkarätigen Jury in den ehrenvollen Kreis der Kulinarischen Meriten aufgenommen – die verdiente Anerkennung für eine langjährige, erfolgreiche Berufslaufbahn. Für das Inhaberpaar Monika und Martin Schnyder steht nun ein weiteres Kapitel in der Geschichte der renommierten Confiserie Roggwiller in der St. Galler Innenstadt bevor.

Das Traditionsunternehmen Confiserie Roggwiller AG im Herzen der Stadt St. Gallen blickt auf eine über 105-jährige Geschichte zurück. Seit 1996 wird es von Monika und Martin Schnyder geleitet. Neben der Confiserie am Hauptsitz betreibt das Ehepaar gemeinsam mit seinem Team zwei Filialen sowie am Hauptsitz eine Confiserie mit einem stilvollen Tea-Room, wo man das Gefühl hat, die Zeit sei stehen geblieben. Bereits ist die nächste Generation im Startblock motiviert und versiert bereit.

14 Stunden täglich

Wir treffen Martin Schnyder und seine Tochter Vanessa im Café der Confiserie Roggwiller. Es sei dies erst das zweite Mal dieses Jahr, dass er hier an einem Tisch sitze, meint Martin Schnyder zu Beginn unseres Gesprächs mit einem verschmitzten Schmunzeln. Das erste Mal war’s mit einer Journalistin des Ostschweizer Tagblatts. «Hohe Auszeichnung für St. Galler: Martin Schnyder steht täglich 14 Stunden in seiner Confiserie», lautete der Titel des grossen Beitrags, der Anfang April erschienen ist. Steht er tatsächlich 7 x 14 Stunden in der Backstube? «Einen Tag mache ich frei, am Sonntag», sagt er lachend, «und in den Ferien kann ich ausgezeichnet abschalten.»

Nicht viel anders sieht es bei seiner Tochter Vanessa Schnyder aus. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Zwar ist sie zum Zeitpunkt unseres Besuchs schwanger, doch ihre Präsenzzeit im Betrieb ist hoch. Was die beiden ebenfalls gemeinsam haben, ist die grosse Leidenschaft für das Handwerk und die Produkte.

Vater Martin Schnyder und Tochter Vanessa teilen die Leidenschaft für die Confiserie.

Entsprechend gross ist das Engagement der Familienmitglieder in der Branche: Martin Schnyder amtet als Finanzchef des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbandes SBC. Vanessa Schnyder hat erfolgreich an mehreren internationalen Wettbewerben teilgenommen sowie als Coach Kandidatinnen betreut, so auch die Weltmeisterin 2022 in der Konditorei-Confiserie Juliana Thöny.

Eine Wall of Fame

Der Förderung des Branchennachwuchses liegt beiden sehr am Herzen. Kein Wunder, dass es bei der Treppe zur Produktion eine Wall of Fame gibt: Alle Lernenden und Mitarbeitenden sind dort mit Bild verewigt – ein Zeichen der Wertschätzung und des Stolzes. «Unsere Stärke ist die Ausbildung von Lernenden in den Berufen Konditor-Confiseur sowie Detailhandelsfachfrau. Jedes Jahr schliessen zwei bis drei Lernende in diesen beiden Berufen ab», steht auf der Roggwiller-Webseite geschrieben und weiter: «Die Weiterentwicklung unserer Lernenden und Mitarbeitenden liegt uns sehr am Herzen. Aus diesem Grund unterstützen wir ihre Teilnahmen an nationalen und internationalen Berufswettkämpfen mit ganz viel Herzblut. Auf ihre Erfolge sind wir ganz besonders stolz!»

Wie der Vater, so die Tochter: Vanessa Schnyder vor der Wall of Fame

Auch Vanessa Schnyder kann auf ein beachtliches Palmares zurückblicken, hat sie doch an den WorldSkills 2013 einen Medaillon for Excellence erhalten und am TV-Wettbewerb Master of Sweets den zweiten Platz erreicht.

Woher nimmt Martin Schnyder die unermüdliche Motivation für den Nachwuchs? «Wenn du von jungen Menschen umgeben bist, verlierst du deine Leidenschaft nie. Auch nach all den Jahren würde ich meinen Beruf wieder wählen – ich würde wieder Konditor werden wollen.»

Herausragende Persönlichkeit

Sein jahrelanges, unermüdliches Engagement, sowohl für die Qualität bei den Produkten als auch beim Branchennachwuchs, ist honoriert worden: Im vergangenen April wurde Martin Schnyder im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin in Bern in den Kreis der Kulinarischen Meriten Schweiz aufgenommen. Weitere Würdenträger aus unserer Branche waren dieses Jahr Adrien und Guillaume Charlet (Boulangerie-Pâtisserie Charlet, Gryon/VD). Dem Pâtissier Lucien Moutarlier (Moutarlier les artisans du goût, Chexbres /VD) wurde der Titel «Kulinarisches Ehrenmeritum 2025» verliehen.

Bundesrat Guy Parmelin gratuliert Martin Schnyder zur Aufnahme in den Zirkel der Kulinarischen Meriten Schweiz.

Die Auszeichnung wird jährlich von einer hochkarätigen Jury an «herausragende Persönlichkeiten der Lebensmittelbranche, die sich durch ihre exzellente Arbeit, ihr Engagement für Qualität und Innovation sowie ihre nachhaltige Philosophie auszeichnen», vergeben. In der Laudatio wurden nicht nur die St. Galler Klostersiegel, die Pflastersteine oder der St. Galler Biber sowie die bewusste Verwendung von möglichst regionalen Zutaten hervorgehoben. Sondern ebenso die bereits erwähnte erfolgreiche Förderung der Lernenden. Es sei eine wahre «Freude am Guten», wurde das Roggwiller-Motto «Aus Freude am Guten» an den Feierlichkeiten zitiert. Für Tochter Vanessa Schnyder ist diese Auszeichnung keine Überraschung: «Für mich war‘s klar. Es wäre eine Enttäuschung, hätte er sie nicht gekriegt. Er hat es verdient!»

Die nächste Generation

Nun ist der nächste grosse Schritt der Veränderung eingeleitet worden, denn die zweite Generation steht in den Startlöchern: Seit November 2023 leitet Vanessa Schnyder die Produktion und ihr Ehemann Fabian Schnyder-Mauerhofer ist für den Verkauf verantwortlich. Damit wird die Roggwiller-Tradition fortgeführt. Denn die Confiserie bleibt unter der Leitung eines Ehepaars.

Einen Meter St. Galler Biber – Fabian Schnyder-Mauerhofer wird von einer Influencerin fotografiert.

Nachhaltigkeit

Die hohe Qualität der Rohstoffe und die Regionalität sind für beide Branchenleute ein Must. Seit Vanessa Schnyder die Leitung der Produktion übernommen hat, wird auf die Nachhaltigkeit noch ein stärkeres Augenmerk gelegt. Auf der Webseite ist ein klares Bekenntnis dazu zu lesen: «Wir setzen, wenn immer möglich, auf nachhaltig produzierte Rohstoffe.» So auch bei der Schokolade: «Unsere feinste Couverture mit 100 % Schweizer Milch und Zucker stammt von Carma, einem Schweizer Unternehmen, das auf verantwortungsvolle Kakaoproduktion setzt.» Doch auch in Bezug auf Qualität und Kundenbetreuung überzeuge das Unternehmen, hält Martin Schnyder fest.

Monika Schnyder mit dem berühmten, kunstvoll verzierten Roggwiller-Biber

Vegane Produkte

Neustes «Kind» ist das Thurgauer Bio-Soja – ein Input von Tochter Vanessa Schnyder. Dieses wird im traditionellen Café seit Kurzem serviert, was bei der Kundschaft gut ankomme, so Vanessa Schnyder. Das ist nicht das einzige vegane Angebot: Das Birchermüesli mit Hafermilch und Mandel-joghurt ist 100 % vegan. Es wird nicht als solches angeschrieben, damit nicht-vegane Konsument/innen nicht abgeschreckt werden. Den Selbsttest der Journalistin hat das Birchermüesli zu 100 % bestanden. Hätte sie es nicht gewusst, sie hätte es nicht bemerkt …

Seit Januar ist zudem das Hauptgeschäft in der St. Galler Innenstadt Teil des Nachhaltigkeitsprogramms Swisstainable. «Mit unserer Teilnahme verpflichten wir uns zu einer kontinuierlichen nachhaltigen Unternehmensentwicklung, verfolgen Massnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit und leisten somit einen konkreten Beitrag für einen nachhaltigen Schweizer Tourismus», erklärt Vanessa Schnyder. Die Idee hatte ihre Schwester Andrea Schnyder, die bei Roggwiller für das Marketing und die Projekte verantwortlich ist.

Ein weiterer Meilenstein

Bald erfolgt ein weiterer, grosser Meilenstein: Der Laden in der St. Galler Innenstadt wird im 2026 umgebaut. Zu diesem Zeitpunkt wird auch die Unternehmensleitung vollständig an die nächste Generation übergehen. Stehen weitere Veränderungen an? «Wir gehen Schritt für Schritt vor. Wir passen uns der Zeit an, aber wir wollen zuerst analysieren», lautet Vanessa Schnyders pragmatische Antwort. Und was liegt Martin Schnyder im Hinblick auf Roggwiller besonders am Herzen? «Dass die Qualität weiterhin stimmt. Aber da habe ich keine Angst.»


Martin Schnyder

Martin Schnyder hat die Lebensmittelbranche sozusagen im Blut. Seine Eltern betrieben ein Restaurant in der Innerschweiz. Er und seine Geschwister mussten beim Abwaschen, Rüsten und anderen Arbeiten tatkräftig mitanpacken, während seine Schulkolleg/innen ihre Freizeit geniessen konnten («Das mussten meine Töchter nie machen!»). Doch dies hat die Begeisterung für Lebensmittel keineswegs getrübt – im Gegenteil. Martin Schnyder wusste schon früh, welchen Beruf er ergreifen wollte: Konditor.

Der Funke sprang über, als er während der Schulzeit eine Bäckerei besuchte und dort selbst einen Zopf flechten durfte. Nach seiner Ausbildung zum Konditor-Confiseur in Sursee (LU) absolvierte Martin Schnyder die Meisterprüfung in Uzwil (SG). Berufserfahrungen sammelte er in Lausanne (VD), Zug und Schwyz, bevor es ihn wieder zurück in die Ostschweiz zog. Er habe jeweils spasseshalber gesagt, er werde eines Tages die Confiserie Roggwiller übernehmen, bis tatsächlich der damalige Besitzer Claude Bauhofer bei ihm anrief und fragte, ob er dazu bereit sei.

1996 übernahmen Monika und Martin Schnyder das Geschäft. «Ich musste innerhalb von 14 Monaten alles lernen», erinnert er sich. Damals seien die Kundinnen und Kunden nicht informiert worden, was zu unnötigen Gerüchten führte. In den Köpfen der Leute schwebte eine grosse Veränderung bei der Confiserie Roggwiller vor, was in keiner Weise stimmte. «Das will ich nicht wiederholen», betont Martin Schnyder. Deshalb sei seine Tochter Vanessa Schnyder Schritt für Schritt ins Unternehmen eingeführt worden, offen, transparent und mit einem Plan. Der Prozess wurde durch einen externen Coach begleitet.


Vanessa Schnyder

Bereits als Kind half Vanessa Schnyder in der Confiserie mit – alles freiwillig, wie sie im Gespräch betont. So habe sie ihr Sackgeld aufbessern können. Sie und ihre beiden Schwestern hätten sich gerne im Geschäft aufgehalten. «Oft spielten wir <Verkäuferlis>».

Trotzdem entschied sich Vanessa Schnyder zunächst für einen anderen beruflichen Weg. «Ich war gut in Mathematik und Geometrie», erinnert sie sich. Deshalb begann sie eine Lehre als Hochbauzeichnerin, bis ihr nach anderthalb Jahren bewusst wurde, dass die Confiserie doch das Richtige für sie ist. Sie brach die Ausbildung ab, überbrückte die Zeit mit einem Aushilfsjob in der Confiserie Roggwiller, erledigte den Abwasch und packte ab. Mit dem verdienten Geld finanzierte sie sich einen Sprachaufenthalt in England, bevor sie mit ihrer Lehre zur Konditor-Confiseurin bei Roggwiller startete.

Weitere Berufserfahrungen sammelte sie in der Confiserie Honold in Küssnacht und bei Speck in Zug. Seit rund einem Jahr ist Vanessa Schnyder fest im Roggwiller-Team tätig und seit Juni ist sie glückliche Mamma eines Jungen.

Erfolgreich ist Vanessa Schnyder nicht nur in ihrem Job, sondern auch an den Berufswettkämpfen unterwegs. Zudem tritt sie seit 2021 als Ambassadeurin von Carma auf. Was sie an ihrem Vater besonders schätzt? «Dass er mit so viel Herz und Leidenschaft das Geschäft führt und mir das Vertrauen schenkt», sagt sie ohne zu zögern.  


Kurz gefragt

Kaffee  oder Tee?
Vanessa Schnyder (VS): Tee
Martin Schnyder (MS): Kaffee

Milchschokolade oder dunkle Schokolade?
VS: Milchschokolade
MS: Dunkle

Salzig oder süss?
VS: Süss
MS: Beides ohne Ende

Butterzopf oder Vollkornbrot?
VS: Vollkornbrot
MS: Butterzopf

Lieblingsprodukt Bäckerei?
VS: frischer Brioche direkt aus dem Ofen
MS: Biber

Lieblingsprodukt Konditorei?
VS: Savarin
MS: Schokoladenbretzel und Schinkengipfel

Lieblingsprodukt Confiserie?
VS: Alles
MS: Pralinés in verschiedenster Ausführung

Meer oder Berge?
VS: Beides
MS: Meer

Stadt oder Land?
VS: Stadt mit Ausgleich auf dem Land
MS: Unter der Woche die Stadt, am Wochenende das Land

Pop oder Klassik?
VS: Pop
MS: Alle Musikrichtungen ausser Hardrock und Hip Hop

Velofahren oder Joggen?
VS: Joggen, Wandern, Velofahren, Hauptsache Bewegung.
MS: Joggen


Geschichte von Roggwiller,
Multergasse 17, St. Gallen

1826 hiess das Haus «Zum Sternen» mit Wirt Ulrich Kunkler

1837 kaufte es der Wirt und Metzger Johann-Kasper Glinz

1854 wurde es ein Konditorei-Haus, gekauft von Herrn Heitz. Er verkaufte es Herrn Appel weiter.

1913 erwarb F. Kuhn die Liegenschaft und eröffnete das Café

1941 Kauf durch Anni und Hermann Roggwiller, die heutigen Namensgeber

1971 Confiserie und Cafe werden von Margrith und Claude Bauhofer unter dem Namen Roggwiller weitergeführt.

1977 Eröffnung der Filiale beim Bahnhof St. Gallen

1982 Der Pachtvertrag wird durch einen Kaufvertrag abgelöst.

1996 Monika und Martin Schnyder übernehmen die Confiserie Roggwiller.

2006 Neubau der Filiale beim Bahnhof an anderem Standort

2008 Eröffnung der Filiale in der Brühltorpassage in St. Gallen

2015 Umwandlung der Einzelfirma in die Confiserie Roggwiller AG

Confiserie Roggwiller

Text und Fotos: Claudia Vernocchi



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