Das Ampelsystem für Lebensmittel – Nutri-Score – befindet sich im Moment auf dem Vormarsch. Sollen künftig Lebensmittel in gut und schlecht eingestuft werden? Aus Sicht des SBC ist dies der falsche Ansatz. Unter anderem stellt der Staat ganze Berufsgruppen an den Pranger.

Fakt ist: Es werden zu viel Zucker, Salz und ungesunde Fette konsumiert – und dies in steigendem Masse. Seit mehreren Jahren versuchen vehemente Verfechter von rigorosen Massnahmen, auf nationaler wie auch kantonaler Ebene über den Gesetzgeber dieser Tendenz Einhalt zu gebieten. Nach der Zuckersteuer steht nun die Nährwertkennzeichnung zur Diskussion.

Präventionsgesetz abgelehnt

Ein kurzer Rückblick: 2012 hat das Parlament das umstrittene Präventionsgesetz abgelehnt. Trotzdem gibt es im Zusammenhang mit der Ernährung immer wieder Vorstösse auf eidgenössischer wie auch auf kantonaler Ebene sowie Medienberichte und Bestrebungen von Behördenseite, die auf eine regulative Lösung abzielen. Bereits 2004 hat beispielsweise CVP-Nationalrätin Ruth Humbel in einem Postulat die Prüfung eines Ampelsystems gefordert. Der Nationalrat hat diesen Vorstoss im März 2009 zwar angenommen, seither ist jedoch nichts mehr passiert. Die Stiftung Konsumentenschutz und andere Konsumentenverbände machen sich ebenfalls für die Einführung von Nutri-Score stark. Ganze Berufsgruppen, so auch unsere gewerbliche Bäcker-Confiseur-Branche, würden damit allerdings an den Pranger gestellt. Für unsere KMU würde dies zudem einen erheblichen zusätzlichen administrativen Aufwand bedeuten. Der Schweizerische Gewerbeverband spricht denn auch von «einer gefährlichen Entwicklung für die KMU».

Wirksamkeit fraglich

Von verschiedenen Fachleuten wie auch vom SBC und von allen Verbänden im Lebensmittelbereich wird die Wirksamkeit solcher Massnahmen infrage gestellt. Ernährungsbedingte Krankheiten wie Übergewicht und Diabetes haben mehrere Ursachen, wie beispielsweise Bewegungsarmut, und müssen aus einer gesamtheitlichen Perspektive betrachtet werden.
Wichtige Schweizer Lebensmittelproduzenten und Vertreter des Detailhandels haben allerdings zwei Jahre nach der Grundsatzwillens-
äusserung «Erklärung von Mailand» konkrete Ziele zur Zuckerreduktion vereinbart. Der zugesetzte Zucker in Joghurts sollte bis Ende 2018 um weitere 2,5 % reduziert werden, in Frühstückscerealien um 5 %.
Der neuste Coup sind intensive Bestrebungen, ein Ampelsystem für Lebensmittel, den Nutri-Score, einzuführen. Beim multinationalen Getränke- und Lebensmittelkonzern Danone sowie bei Coca-Cola ist dieses System in der Schweiz bereits Tatsache. Nestlé und Aldi Suisse zeigen an der neuen Nährwertkennzeichnung Interesse. Noch 2010 scheiterte in der EU eine Lebensmittelampel am Widerstand der Industrie. Nun preschen die grossen internationalen Player vor und setzen damit Schweizer Händler und Produzenten unter Druck.

Lebensbedingungen ausschlaggebend

«Die Zunahme und Verbreitung von Übergewicht erklärt sich aus dem Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch bei einem Lebensstil mit zu wenig Bewegung und zu viel oder zu energiereicher Nahrung», stellt SBC-Direktor Urs Wellauer fest. Zudem haben auch Lebensbedingungen wie die Wohnsituation – beispielsweise genügend und ungefährlicher Aussenraum für Kinder – sowie die Verkehrsplanung und die Arbeitssituation einen Einfluss darauf.
Der Zentralverbands-Präsident der deutschen Bäcker, Michael Wippler, warnt im «Back.Business» vor den Konsequenzen: «ein geschmacksneutrales Einheitsbrot und der Verlust von Vielfalt und Abwechslung.» Statt Rezepturen zu diktieren und Verbrauchern vorzuschreiben, was sie essen dürfen, solle über eine gesunde Lebensweise aufgeklärt werden.

Thema im Schulunterricht

Der Bundesrat setzt – vorerst noch – auf freiwillige Massnahmen. Dies entspricht dem Willen der Be-völkerung: Gemäss einer Umfrage von gfs.bern sprachen sich zwei Drittel der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gegen eine Zuckersteuer aus. Sie wird lediglich von 30 % sehr oder eher befürwortet. Die Mehrheitsverhältnisse sind seit der Befragung 2014 konstant. Während interventionistische Vorstösse wie Steuern oder Verbote von einer Mehrheit der Stimmberechtigten nicht gutgeheissen werden, gibt es durchaus Massnahmen, die bei den Schweizerinnen und Schweizern auf Zustimmung stossen. Man wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft sowie mehr Präventions- und Bildungsmassnahmen zum Beispiel bei Schulunterricht.

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