Das Schweizer Dreamteam Vanessa Schnyder (Confiserie Roggwiller, St. Gallen) und Patrick Beereuter (Confiserie Honold, Zürich) hat am Sonntagabend im Finale in der RTL-Sendung «Master of Sweets» den fabelhaften zweiten Platz erkämpft. «Panissimo» hat die beiden interviewt.

Herzliche Gratulation! Ich störe Sie beim Après-Ski. Wie geht es Ihnen?
Patrick Beereuter: Danke, es geht uns super! Wir sind erleichtert, dass alles vorbei ist!

Vanessa Schnyder: Wir waren gespannt, wie die Leute auf den zweiten Platz reagieren. Ein gewisser Druck war schon da. (Anmerkung der Redaktion: Die Sendung wurde während vier Wochen im August in Köln aufgezeichnet.)

Das war nicht einfach, dichtzuhalten …
VS: … ja, das stimmt. Eine gewisse Sicherheit hatten wir, RTL wollte alle Interviews, die wir gaben, gegenlesen.

Das Finale wurde gestern Abend ausgestrahlt. Wie sind die Reaktionen?
PB: Es haben viele mitgefiebert. Menschen, die mit unserem Beruf nichts zu tun haben. Mich nimmt wunder, wie viele Bewohner im kleinen Dorf, wo ich aufgewachsen bin, den Fernseher eingeschaltet hatten.

VS: Wir haben enorm viele Nachrichten über WhatsApp, Instagram und Facebook erhalten. Wir sind happy und total überwältigt von so viel Begeisterung!

PB: Vor allem die Feedbacks von unseren Berufskolleginnen und -kollegen haben uns sehr gefreut, eine enorme Wertschätzung unserer Leistung!

VS: Wir sind froh, dürfen wir nun über unsere Erlebnisse frei kommunizieren.

Sie haben zwar eine gemeinsame Wohnung, arbeiten aber in verschiedenen Städten. Wie haben Sie sich auf den Event vorbereitet?
VS: Wir konnten auf die Unterstützung von unseren Arbeitgebern, der Confiserie Roggwiller in St. Gallen und der Confiserie Honold in Zürich, zählen. An unseren freien Tagen und an den Feierabenden konnten wir uns dort vorbereiten.

PB. Wir haben immer 100% gearbeitet und haben in der Freizeit trainiert. Unser Vorteil war, dass wir zu Hause vieles besprechen konnten. So sind wir zügig vorangekommen.

Wie lange war die Vorbereitungszeit?
VS: Zwei Monate.

Das ist knapp …
VS: … ja, und es galt, acht Aufgaben vorzubereiten.

PB: Wir erstellten einen Plan und richteten uns nach den einzelnen Disziplinen aus, setzten Schwerpunkte. Unsere Kreation vom Finale zum Beispiel sahen wir zum ersten Mal vollständig am Tag X.

VS: Einige der Konkurrent/innen sind jeweils an den Wochenenden nach Hause gefahren, um zu üben. Wir blieben die vier Wochen in Köln und haben uns vor allem an den Wochenenden auf die mentale Vorbereitung, den Zeitplan und die allgemeine Organisation konzentriert.

PB: Wir waren von Montag bis Freitag im Einsatz und hatten an den Wochenenden drehfrei.

Acht Stunden hoch konzentriert zu arbeiten, ist sehr anstrengend. Haben Sie sich mental und körperlich darauf vorbereitet?
VS: Wir zogen die Mentalcoachin bei, die mich bereits im Vorfeld der Weltmeisterschaften betreut hat. (Anmerkung der Redaktion: WorldSkills 2014)

Wie konnten Sie abschalten?
VS: Ganz simpel: Indem wir nicht mehr über den Event sprachen.

PB: Das war die beste Medizin. Sobald jemand von uns den Wettbewerb erwähnte, musste er fünf Franken in die Kasse werfen.

VS und PB: Die Beziehung ist uns ganz wichtig, wichtiger als der Wettkampf.

VS: Aber auch bei unseren Eltern und Geschwistern konnten wir abschalten. Wir durften ja nichts erzählen, darum ging es immer um andere Themen. Das tat gut.

PB: Es kam auch vor, dass wir unseren Trainingsplan über den Haufen warfen. Wenn wir merkten, dass die Luft raus war. Dann trafen wir uns beispielsweise mit Kollegen.

Welche Gedanken gingen Ihnen während der Vorbereitungsarbeiten durch den Kopf?
PB: Wir wollten etwas kreieren, das die Leute noch nie gesehen haben.

VS: Es waren sehr spezielle Aufgaben, beispielsweise die Kreation eines Schoggi-Kleids. Das hat noch fast niemand gemacht. Uh, was kommt da auf uns zu, habe ich mir gedacht.

PB: Wir mussten Arbeiten machen, die es in unserem Berufsleben nicht gibt.

VS: Wir haben gemerkt, dass wir uns viel Freiraum bei der Kreation lassen müssen und die Kreativität ausleben wollen.

Wo liessen Sie sich inspirieren?
PB: Wir holten viele Ideen in unserer Freizeit, beim Spazieren in der Natur, beim Wandern in den Bergen und im Tessin.

Welche Aufgabe hat Ihnen am meisten Kopfzerbrechen bereitet?
VS: Die Frozen-Aufgabe. Wir wussten nicht, wie dies funktionieren soll.

PB: Es hatte zu viele ungewisse Komponenten. Wir konnten uns nur punktuell darauf vorbereiten.

Patrick Beereuter, Sie haben in der Finalsendung gesagt, dass Eisschnitzen vielleicht Ihr neues Hobby werden könnte. Wie steht es mit diesen Plänen?
PB: Daraus ist noch nichts geworden. Zu Hause ist dies etwas schwierig. Doch ich hatte mega Spass! Das war für mich eine Premiere. Ich habe noch nie so etwas gemacht. Vanessa und ich waren im Vorfeld bei einem Eiskünstler, und wir konnten dort üben.

VS: Ich konnte beim Eiskünstler ebenfalls mit dem Pickel arbeiten. Dies war absolut toll.

Sie hatten das Zeitmanagement im Griff …
PB: … ja, wir sind jedes Mal rechtzeitig fertig geworden.

VS: Wir hatten ein gutes Zeitgefühl. Und auch die Organisation hatten wir im Griff. Wir haben ab und zu die Köpfe zusammengesteckt und geprüft, was noch zu tun ist.

PB: Hatten wir Zeitreserven, improvisierten wir und kreierten noch was Zusätzliches.

VS: Ja, wir haben gelernt zu improvisieren.

Im Finale gab es zusätzlich keine Uhr …
PB:Das war sehr speziell. Die Uhr ist im Wettkampf ein sehr wichtiges Instrument. Auch bei anderen Disziplinen haben sie uns die Uhr weggenommen. Da sind alle Teams überrascht worden. Wir waren am Anfang geschockt. Aber wir wussten, was zu tun war.

VS:Wir mussten uns auf unser Zeitmanagement verlassen.

PB: Zum Schluss haben wir jeweils noch etwas gepokert. Teilweise mussten wir Abstriche machen.

Sie haben Leistungen wie Spitzensportler/innen erbracht. Wie haben Sie sich ernährt?
PB (lacht): Wir mussten viel Süsses probieren!

VS: Wir haben uns nicht speziell ernährt. Nach einer Woche hatten wir genug vom Zmorge im Hotel, denn wir bekamen immer das Gleiche, und es ist halt nicht das Gleiche wie zu Hause.

Hoffentlich gab es gutes Brot?!
VS: Es geht.

PB: War ich nervös, brachte ich nicht viel runter.

VS: Am Abend gingen wir jeweils mit den Teams essen und tauschten die Erlebnisse aus. Das war sehr schön!

Haben Sie unter Lampenfieber gelitten?
PB: In der Nacht nach dem Dreh der ersten Sendung habe ich viel geträumt, so viel, wie wohl noch nie in meinem Leben. Ich musste eine Menge verarbeiten …

VS: Wir wussten nicht, was auf uns zukommt, wir hatten keine Erfahrung. Ab der zweiten Sendung waren wir entspannter. Es war spannend, bei den Aufzeichnungen alles zu beobachten.

Was haben Sie gegen das Lampenfieber unternommen?
VS: Die Atmung ist wichtig. Wir haben vor dem Dreh mit den Teams geredet. Im Übrigen: Eine gewisse Anspannung braucht es, sonst kann man nicht die nötige Leistung erbringen.

Haben Sie noch Kontakt zu den anderen Wettkampfteilnehmenden?
VS: Ja. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe. Während der Sendungen haben wir eifrig miteinander kommuniziert. Wir haben es sehr gut untereinander.

Welches war die grösste Herausforderung?
PB: Das Eis. Wir mussten den Eisblock hin und her schieben – und zwar mit dem Gabelstapler raus aus dem Tiefkühler zu uns an den Arbeitsplatz und wieder zurück.

VS: Die ganze Infrastruktur war eine Herausforderung. Beim Arbeitsplatz hatte es nur einen kleinen Haushaltskühlschrank. Wir mussten grosse Distanzen laufen.

Was hat Sie am meisten überrascht?
PB: Als wir von der Jury alle drei Bonuspunkte (dritte Sendung) erhielten. Es war schwierig, die Erwartungen jedes einzelnen Jurymitglieds zu erfüllen. Jeder hatte seine eigenen Vorstellungen vom idealen Produkt.

Sie mussten unter Hochdruck, mit grösster Konzentration und Exaktheit arbeiten. Dabei wurden Sie regelmässig von den Jurymitgliedern, vom Moderator und von den Kamerateams gestört. Wie war es für Sie, unter ständiger Beobachtung und mit Unterbrechungen zu arbeiten?
PB: Am Anfang war es sehr schwierig. Oft kamen sie zum Zeitpunkt, wo gerade etwas schiefgelaufen war und wo du dich wieder etwas sammeln musstest. Aber wir haben uns von Sendung zu Sendung besser darauf eingestimmt.

VS: In der ersten Sendung wussten wir auch nicht genau, was wir erzählen sollen.

PB: Zuletzt habe ich die Anwesenheit der Kamera gar nicht mehr bemerkt.

VS: Ja, zum Teil haben wir sogar mit dem Kameramann zusammengearbeitet und ihn auf eine spannende Szene hingewiesen.

Wie haben Sie die Jury erlebt?
VS: Wir haben die drei Jurymitglieder nicht oft gesehen. Wir hätten uns gerne mehr mit ihnen ausgetauscht. Sie haben gute Feedbacks gegeben.

PB: Wir haben jeweils versucht, die Inputs in den nächsten Sendungen umzusetzen, um möglichst die Erwartungen der Jury zu erfüllen und so viele Punkte wie möglich zu holen.

Eines der Jurymitglieder, Matthias Mittermaier, wird dieses Jahr an der Richemont Fachschule in Luzern dozieren …
VS: Wir hatten bereits einen Kurs von Matthias Mittermaier besucht, er war für uns kein Unbekannter.

Wie erlebten Sie den Moderator Daniel Hartwich?
PB: Auch ihn haben wir nicht oft gesehen. Er hat Witz. So, wie man ihn in der Sendung erlebt, so ist er auch hinter der Kamera.

Sie mussten sich im Team auf Hochdeutsch unterhalten. Im Gegensatz zu Ihren Mitkonkurrent/innen ist dies nicht Ihre Muttersprache. Wie erlebten Sie diese Erschwernis?
PB (lacht): Am Anfang war es schwierig. Wir mussten uns zusammenreissen.

VS: Doch je länger wir dabei waren, desto besser ging es. Sobald wir das Studio betraten, sprachen wir Hochdeutsch miteinander.

PB: Zuletzt begann ich, mit Vanessa sogar im Hotelzimmer Hochdeutsch zu sprechen …

Währenddem anderen Kandidat/innen ab und zu ein Fluchwort entwischte oder sie nervös wurden, lief es bei Ihnen mehrheitlich harmonisch ab, und Sie haben viel zusammen gelacht. Gab es hitzige Wortgefechte?
PB: Die hat es gegeben, aber nicht wie bei den andern. Es war eher ein Schreckensmoment, beispielsweise als ich «sweet love» falsch geschrieben hatte. Wenn Vanessa etwas falsch macht, sage ich nichts, dies war meine Strategie.

VS: Wenn bei mir die Anspannung gross ist, kann es schon vorkommen, dass mein Mund schneller ist als der Kopf.

Als Fernsehzuschauerin hatte ich den Eindruck, dass Sie sich gut ergänzen. Patrick Beereuter, wo liegen die Stärken von Vanessa Schnyder?
PB: Vanessa geht nach ihrem Plan vor, bleibt in hektischen Situationen ruhig und fokussiert und führt dabei sehr konzentriert aus.

Vanessa Schnyder, und welches sind die Stärken von Patrick Beereuter?
VS: Patrick ist ein sehr kreativer Mensch. Er findet für jedes Problem eine Lösung. Es ist sehr angenehm, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir verstehen uns ohne Worte, eine Stärke, die uns verbindet.

In der Finalsendung mussten Sie für ein Model ein Schokoladenkleid kreieren. Sind Sie modisch interessiert?
VS: Es geht. Zu fast 90% tragen wir Konditorkleider. (lacht) Das ist ein wenig übertrieben. Es war spannend, sich mit dem Thema Mode auseinanderzusetzen. Modeschöpfer sind ebenfalls Künstler.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
VS: Ich bereite mich für die Meisterprüfung vor und bin froh, wenn ich sie in anderthalb Jahren machen kann.

PB: Ich will etwas machen, das mich weiterbringt. Beispielsweise eine Weiterbildung in Personalführung. Ich will immer wieder Neues ausprobieren.

VS: Wichtig ist, dass wir unseren Beruf ausüben können!

Ist ein eigener Betrieb ein Thema?
VS: Das ist bei mir auf jeden Fall ein wichtiges Thema. (Anmerkung der Redaktion: Vanessa Schnyders Eltern besitzen die Confiserie Roggwiller in St. Gallen.)

Welche Tipps haben Sie für unsere jungen Nachwuchsleute?
VS: Nehmt an Wettbewerben teil, so könnt ihr unvergessliche Erfahrungen sammeln. Ihr erfahrt viel über euch selbst und über euren Beruf und lernt viele interessante Persönlichkeiten kennen!

PB: Probiert Neues aus, das macht euren Beruf zusätzlich spannend! Auch Erfahrungen in der Küche als Patissier kann ich sehr empfehlen.

VS: Wir haben einen absoluten Traumjob!

Im November findet das Finale des World Chocolate Masters in Paris statt. Vor vier Jahren haben Sie sich dort kennengelernt. Schokolade verbindet …
VS: Ja, das stimmt. (lacht) Und sie hat uns noch mehr zusammengeschweisst.

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