Der Tessiner Confiseur Paolo Loraschi (al Porto) amtete an den letzten SwissSkills in Bern als Jurymitglied. Er war als einziger Vertreter der italienischen Schweiz bei den Bäcker-Confiseuren im Einsatz. Wie waren seine diesjährigen Erfahrungen? Gab es Sprachbarrieren? Wie beurteilt er die Leistungen der Teilnehmenden? Die Antworten im Interview, das wir mit ihm am letzten SwissSkills-Tag geführt haben.
Paolo Loraschi, wie haben Sie die diesjährigen SwissSkills erlebt?
Wie immer, aber auf eine andere Art und Weise. Manche mögen denken, dass es immer dasselbe ist. Es ist das dritte Mal, dass ich an den SwissSkills in Bern dabei bin, aber es ist immer wieder eine neue Erfahrung: die eine betrifft den menschlichen Aspekt und die andere den beruflichen.
Welche neuen Erfahrungen haben Sie in diesem Jahr gemacht?
Die neuen Erfahrungen bestehen darin, in die Augen dieser Jungen zu blicken. Und das ist etwas, das mich immer wieder überrascht. Für mich ist das sehr wichtig. Ich achte zuerst auf die inneren Aspekte und dann auf die beruflichen. Während den SwissSkills sehe ich diese jungen Menschen und bereite anschliessend die Auserwählten mit dem Team auf die WorldSkills vor. Deshalb ist es für mich wichtig, das menschliche Profil zu verstehen, um interagieren zu können. Bislang habe ich hervorragende junge Menschen erleben dürfen.
Sie waren von frühmorgens bis spätabends auf den Beinen. Wo haben Sie Erholung gefunden?
Ich denke, die Erholung fand mehr mental als physisch statt. Da ich nicht mehr jung bin, beherrsche ich dies sehr gut. Vielleicht auch deshalb, weil ich nicht in meiner üblichen Funktion arbeite, wo ich normalerweise etwas mehr unter Druck stehe. Aber es ist eine andere Art von Stress. Hier gab es immer wieder eine Konzentration der Einsätze und ich konnte mich jeweils ausruhen.
Sie sind der einzige Tessiner unter Romands und Deutschschweizern. Wie war das für Sie?
Die Kantonsgrenzen fallen immer mehr, und wir leben die Einheit. Die Schweiz wählt ausgezeichnete Talente für die SwissSkills aus. Die Jungen, die am Wettbewerb teilnehmen, sind wirklich gut vorbereitet.
Sie sind ein schweizweit bekannter, erfahrener Confiseur. Was bringen Ihnen persönlich diese Wettbewerbe?
Ich lerne viel von diesen jungen Menschen. An diesem Wettbewerb habe ich einige Dinge entdeckt, die ich noch nie zuvor gesehen habe.
Nehmen Sie neue Ideen mit in den Tessin?
Zunächst möchte ich unseren die Dossiers mit den Rezepten zeigen, damit unsere sieben Lernenden (al Porto Tenero) verstehen können, was es bedeutet, sich auf ein solches Ereignis vorzubereiten – welche Opfer ihre Altersgenossen gebracht haben.
Welches waren die Höhepunkte an den SwissSkills?
Wenn jeweils die jungen Teilnehmenden um 18 Uhr eintrafen (Anm. am Vorabend zur Vorbereitung auf den Wettbewerb), sah ich die Spannung in ihren Augen. Dann sah ich sie am nächsten Morgen wieder.
Der springende Punkt ist das Unerwartete. Ich habe außergewöhnliche Reaktionen erlebt. Die Mädchen haben dabei sehr überraschend reagiert. Nach einer anfänglichen zweiminütigen Panik gelang es ihnen jeweils, sich wieder aufzurichten und die Arbeit fortzusetzen.
Die Teilnehmenden machen diese Erfahrung mit Freude und kehren unabhängig von der Platzierung bereichert zurück. Nicht jeder ist erfolgreich.
Gab es dieses Jahr auch weniger Positives?
Nein, aber in früheren Ausgaben habe ich erlebt, wie Kandidaten angesichts von Schwierigkeiten aufgegeben haben. Sie mussten erst überzeugt werden, ihre Meinung zu ändern. Wenn die Kandidaten scheitern und den Wettkampf verlassen, ist es nicht ihre Schuld, sondern unsere, dass wir es nicht geschafft haben, die Gelassenheit zu vermitteln, den Wettbewerb wieder aufzunehmen. Wenn sie bleiben und für mich weitermachen, ist das Ziel erreicht.
Welchen Ratschlag möchten Sie den Ausbildungsbetrieben geben?
Ich gebe immer zuerst mir selbst und dann anderen einen Ratschlag: Man muss an die jungen Menschen glauben und sich daran erinnern, dass auch wir mal jung waren. Die Jungen von heute haben einen Vorteil: Sie sind in der Lage, respektvoll mit Gleichaltrigen und Erwachsenen umzugehen. Das bringt sie meiner Meinung nach näher an die Arbeitswelt heran. Wir müssen an die jungen Menschen glauben, uns engagieren, und die Früchte werden sicher kommen.
Gibt es noch eine Frage, die Sie gerne gestellt haben möchten?
Nur wenige Menschen wissen, was es bedeutet, eine solche Veranstaltung zu organisieren. Für jede Branche und jeden Berufsverband gibt es Grenzen. Aber für unseren Bereich haben die Organisatoren alles Notwendige umgesetzt. Die jungen Besucherinnen und Besucher, die uns mit ihren Eltern besuchten, waren begeistert und fasziniert von unseren Berufen. Das Ziel wurde erreicht!
Interview: Sandra Fogato und Claudia Vernocchi