Läderach chocolatier suisse hat 2020 einige wegweisende Vorhaben realisiert. Obwohl Negativ-Schlagzeilen in den nationalen und sozialen Medien und vor allem die Coronakrise einen erheblichen Dämpfer verursachten, gibt es zahlreiche Lichtblicke, so die Eröffnung des «House of Läderach» in Bilten (GL) Mitte November.

Nach einer kurzweiligen Führung durch das neu eröffnete «House of Läderach» trifft sich «panissimo» mit Läderach-CEO Johannes Läderach im voll besetzten Café. Serviert wird der neue Schokolade-Sommerdrink «Läderach Signature», produziert aus der Pulpe der Kakaofrucht. Das Getränk schmeckt erfrischend, eine Mischung aus Lychees und Grapefruit.

Fotogalerie «House of Läderach»…»

Am Freitag, 13. November wurde das «House of Läderach» eröffnet. Man sagt, Freitag und die Zahl 13 bringen Unglück. Hat Ihnen dieser Tag Glück oder Unglück gebracht?
Johannes Läderach (lacht): Bis jetzt hat uns das «House of Läderach» Glück gebracht. Die Besucherinnen und Besucher sind zahlreich und scheinen sich wohlzufühlen. Wir sind nicht abergläubisch, aber es ist sicher ein Datum, das wir uns gut merken können.

«House of Läderach» ersetzt das «Läderach Schoggi-Erlebnis» in Ennenda. Weshalb?
Letztes Jahr verzeichneten wir rund 130 000 Besucherinnen und Besucher in Bilten. Vor allem wenn Busse anreisten, wurde es sehr eng. Zudem äusserten Konsumentinnen und Konsumenten den Wunsch, das Angebot mit einem Café und mit mehr Kursmöglichkeiten zu ergänzen. Dies ist jetzt möglich: Man kann selber Truffes oder Hohlfiguren herstellen, mit unserem Weltmeister Elias Läderach zusammen Produkte degustieren. Man kann unsere Couverture-Produktion live sehen und unsere Manufaktur auf digitale und interaktive Art erleben. Die Besucher können in das Schokolade-Handwerk eintauchen.

Es wird die ganze Wertschöpfungs­kette aufgezeigt …
… ja das ist ein wichtiges Anliegen von Läderach. Läderach legt grossen Wert auf eine 100 %ige Rückverfolgbarkeit und die Nachhaltigkeit. Wir arbeiten mit 1462 Kakaobohnenbauern zusammen. Sie kriegen von uns durchschnittlich ein Drittel mehr vergütet als auf dem Markt üblich ist. So stehen den Farmern mehr finanzielle Mittel für Investitionen und ihre Mitarbeitenden in die Plantagen zur Verfügung. Weil wir von der Bohne her alles selbst herstellen und unsere Marke nur über eigene Filialen und Online-Shops vertreiben, können wir auch eine einmalige Frische entlang der Wertschöpfungskette garantieren.

«Bis jetzt hat uns das «House of Läderach» Glück gebracht.»
Dass wir so die Welt zwischen den Kakaobauern und den Konsumentinnen und Konsumenten verbinden dürfen, ist wunderbar.

Es gibt verschiedene Schokolade-Museen und -Erlebniswelten. Was unterscheidet «House of Läderach» von diesen?
Im Zentrum steht nicht das Museum oder die Ausstellung, sondern die Filiale und die Live-Produktion. Es ist der schönste und grösste Laden mit der weltweit längsten Frischschoggi-Theke. Uns war bei der Planung wichtig, die Frische und Handwerklichkeit hervorzuheben. Wir produzieren nicht industriell und verkaufen nicht über den Handel, sondern direkt über eigene Filialen sowie online. Deshalb müssen unsere Produkte keine 10-Monate-plus-Haltbarkeit aufweisen. Diesen Vorteil wollen wir hier aufzeigen.

Und dann hat Läderach auch einen amtierenden Weltmeister…
Ja, stimmt. Für meinen Bruder Elias haben wir speziell einen «Master-Raum» eingerichtet. Da ist das Sieger-Schaustück von den World Chocolate Masters 2018 in Paris, das er nachgebildet hat, zu bewundern. Es sind aber ebenfalls Preise zu sehen, die unser Grossvater und Firmengründer gewonnen hat. Dieser Raum steht auch für Kurse zur Verfügung.

Wann hat Läderach mit der Planung begonnen?
Das war vor rund zweieinhalb Jahren. Die Baueingabe war im Dezember 2018. Der Spatenstich war im Mai 2019.

Auf wie viel belaufen sich die Investitionen?
Auf 20 Millionen Franken.

Haben sich die Investitionen gelohnt?
Ja. Aber wir werden noch sehr viel Schokolade verkaufen müssen, bis wir sie abbezahlt haben (lacht). Als Familienunternehmen denken wir aber langfristig.

Die Corona-Pandemie macht Läderach nun einen Strich durch die Rechnung, oder?
Die Pandemie macht uns dieses Jahr zumindest sehr zu schaffen. Wir verlieren rund einen Drittel Umsatz im Vergleich zu 2019. Die Situation präsentiert sich allerdings sehr unterschiedlich: In Einkaufszentren und in den ländlichen Filialen verzeichnen wir praktisch keine Umsatzeinbussen. Viel verlieren wir jedoch in den Grossstädten sowie in den Tourismus­orten, Bahnhöfen und Flughäfen.
Aber ich wäre unruhiger, wenn ich das Gefühl hätte, unsere Produkte kämen bei den Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr an. Die Einkaufszentren beweisen das Gegenteil. Deshalb braucht es Geduld und einen langen Atem. Wir sind zuversichtlich!

Die Corona-Situation ist nicht der einzige Wermutstropfen für Läderach im 2020. Mehrmals stand Ihr Unternehmen negativ in den Schlagzeilen. Der Vorwurf: Homophobie. Sind Sie tatsächlich homophob?
Nein, natürlich nicht! Es gibt überhaupt keinen konkreten Vorwurf. Es gibt auch keine einzige solche Aussage von uns.

Wie geht die Privatperson Johannes Läderach mit Homosexuellen um?
Ganz normal. Nochmals: Geschafft haben wir es dann, wenn wir die Homosexualität nicht mehr thematisieren, weder in die eine noch in die andere Richtung. Natürlich ist jeder bei uns willkommen, sonst würden Homosexuelle nicht bei uns arbeiten, einige auch in verantwortungsvoller Stellung.

Bei Läderach geht es um Schokolade, um Menschen, um rund 1000 Mitarbeitende mit den verschiedensten Religionen und ja, auch mit allen sexuellen Orientierungen. Uns vereint die Freude an der Schokolade – und darum geht es.

«Bei Läderach geht es um Schokolade, um Menschen … Uns vereint die Freude an der Schokolade – und darum geht es.»
Es wurde weiter heftig kritisiert, dass Ihr Vater, Jürg Läderach, Kassier im Verein «Marsch fürs Läbe» ist, welcher die Abtreibung vehement ablehnt. In einem späteren Interview haben Sie die Medienberichte relativiert. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern Ihre Haltung nochmals transparent darlegen?
Es gibt einen wunderschönen Satz in der Bundesverfassung: «Im Bestreben, ihre Vielfalt in Einheit zu leben». Genau so muss es in unserem Unternehmen sein, aber auch in unserer Gesellschaft. Eine Vielfalt an Meinungen ist wichtig!
Wir ermutigen alle unsere Mitarbeitenden zu dem zu stehen, was sie bewegt. Wir nehmen uns dieses Recht auch als Unternehmer in Anspruch, uns zu dem zu äussern, was uns wichtig ist, achten aber darauf, Berufliches und Privates zu trennen und die Bekanntheit der Marke Läderach nicht als Hebel zu benutzen.

Es wurde zum Boykott von Läderach aufgerufen. Die Swiss hat die Zusammenarbeit mit Läderach gekündigt. Welche finanziellen Auswirkungen hatte dieser Boykott?
Eine Messung ist schwierig. Es kann allerdings nicht allzu einschneidend gewesen sein. Anfang März brach die Pandemie aus. Zu diesem Zeitpunkt lagen wir in der Schweiz noch 6 % über dem Vorjahr und als Gruppe 14 %.

Wie haben die Mitarbeitenden auf diese Medienschelte reagiert?
Gerade in dieser Zeit haben sich die homosexuellen Mitarbeitenden bei uns persönlich gemeldet. Es gibt rührende Geschichten, beispielsweise von einem Mitarbeitenden in einer Grossstadt, der mir sagte: «So ein Quatsch. Ich gehe nun in die Schwulenbars, trommle meine Kollegen zusammen und ich fordere sie auf, wieder bei Läderach Schokolade kaufen zu gehen, weil ich euch ganz anders erlebe als ihr dargestellt werdet.» Eine andere Filialleiterin hat mir eine liebe E-Mail geschrieben. Sie sei lesbisch und sie fühle sich wohl in unserer Unternehmenskultur, als Mensch und Frau wertgeschätzt. Wir durften ihr Testimonial auf unserer Webseite veröffentlichen.

Läderach musste wegen der Corona-Krise Mitarbeitende entlassen. Ende Mai folgte die nächste Medienschelte. Es hiess, Läderach habe keinen Sozialplan …
… Entlassungen aussprechen – das ist etwas vom Schlimmsten, was ein Unternehmer machen muss. Die letzten betriebsbedingten Kündigungen in der Schweiz erfolgten in den 1990er-Jahren durch meinen Grossvater. Doch im Frühjahr waren wir plötzlich einen Drittel im Minus. Wir waren gezwungen, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, damit wir das Gesamtunternehmen möglichst heil durch diese Krise führen können. Für die Härtefälle haben wir gezielte individuelle Sozialmassnahmen bereitgestellt. Der Grossteil der Betroffenen hat wieder eine Anstellung und ist mit uns in Kontakt geblieben.

Als die Welle mit negativen Medienberichten und Posts in den sozialen Medien über Läderach schwappte, unternahmen Sie zuerst nichts und schwiegen mehrheitlich. Rückblickend, was würden Sie anders machen?
Ich glaube, wir würden früher, proaktiver kommunizieren. Die Missverständnisse ausräumen und dann aber auch darüber berichten, was bei uns gut läuft, das Positive hervorheben: Die direkten Beziehungen zu unseren Kakaobauern beispielsweise. Oder dass unsere Mitarbeitenden aus 47 verschiedenen Nationen stammen. Oder den 60 %igen Frauenanteil in unserer Führung. Oder dass wir in diesem Jahr rund ein Dutzend Filialeröffnungen hatten.

Sie erwähnten es soeben. 2020 hatte Läderach zahlreiche Highlights …
Wir haben versucht, trotz allem die Lage positiv zu betrachten und sie als Chance zu nutzen. Einerseits haben wir viel in unseren Online-Shop investiert. Damit wir auf eine weitere Welle oder einen Lockdown besser vorbereitet sind.

Was heisst viel investiert?
Wir haben die Webseite neu aufgesetzt, aber auch die Prozesse von der Bestellung bis zum Rüsten optimiert, damit wir effizienter und in grösseren Mengen liefern können. Wir haben vieles digitalisiert. Das Virtual-Tasting in den USA ist ein Beispiel: Der Kunde kann ein Degustationsset kaufen und an einem virtuellen Kurs mit meinem Bruder Elias teilnehmen.

«Wir versuchen, unseren Touristenkunden in ihre Heimat zu folgen.»
Wir haben in neue Filialen investiert: In Wien haben wir unsere ersten zwei Chocolaterien eröffnet. In London gibt es nun zwei Filialen. In Middle East werden wir bald eine weitere Filiale einweihen sowie am 5. Dezember in der Fifth Avenue in New York dann unsere 100. Filiale eröffnen dürfen. Wir glauben an die Zukunft und investieren weiter! Die neuen Filialen im Ausland konnten einen Teil des Umsatzrückgangs in der Schweiz kompensieren. Wir sind froh, haben wir diese Investitionen gewagt!

Auf Produkteseite haben wir u. a. Schoko-Popcorn erfolgreich lanciert. Was ist das Ziel der neuen Schoko-Popcorns?
Erstens schmecken sie gut und zweitens passen sie ausgezeichnet zu unserer Marke und unserer Frische-Positionierung. Schoko-Popcorn ist jung, ist anders, ist frech und preislich für den Kunden interessant. Wir arbeiten mit dem ersten Schweizer Popcorn-Bauern aus dem Rheintal zusammen. Es ist eine Erfolgsgeschichte. Wir mussten trotz Corona in diesem Bereich zwischenzeitlich dreischichtig produzieren.

In China hat Läderach ebenfalls einen Online-Shop eröffnet …
Wir versuchen, unseren Touristenkunden in ihre Heimat zu folgen. In den USA haben wir Filialen eröffnet, weil die Amerikaner eine Hauptgruppe in unserem Online-Shop sind. Ähnlich verhält es sich mit den Chinesen. Sie lieben unsere Schokolade und haben uns durch die Tourismusreisen nach Luzern, Interlaken, Zermatt usw. kennengelernt. Weil in China online so wichtig ist, starteten wir nicht mit einer Filiale, sondern mit einem Online-Shop. Mein jüngster Bruder David, unser E-Commerce-Verantwortlicher, hat ein kleines Team in Schanghai, bestehend aus drei chinesischen Mitarbeitenden, aufgebaut. Der Start war sehr vielversprechend!

Gab es keine Hindernisse?
Es gab viele: Zollprobleme, Schwierigkeiten bei der Firmengründung … Doch mit der entsprechenden Manpower, guter Beratung und viel trial and error war es möglich, diese zu überwinden.

Läderach war jahrelang Schokolade-Lieferant unserer gewerblichen Bäckereien-Confiserien. Nun konzentriert sich Läderach sehr stark auf das B2C. Hat sich Läderach aus der Branche verabschiedet?
Nein, und es tut mir leid, wenn dies so wahrgenommen wird. Was stimmt, ist, dass wir im Sortiment Reduktionen vornehmen mussten, zum Beispiel bei gewissen saisonalen Produkten. Zudem haben wir uns als Gesamtunternehmen entschieden, nicht länger Konfekt zu produzieren, sondern ganz auf Schokolade zu setzen. Wir haben aber weiterhin ein grosses Angebot an Pralinen, Truffes, Saisonspezialitäten und natürlich unsere Halbfabrikate wie die Aufleger und Hohlkugeln. Vor drei Jahren haben wir zudem in eine neue Schalenanlage mit Coldstamp-Verfahren investiert und können so Schokoladenschalen exakter als zuvor produzieren.

Welche Pläne gibt es für 2021?
Wir planen wie jedes Jahr wieder eine bis zwei grössere Innovationen. Die Kapazitätsplanung wird uns zudem sehr beschäftigen. Wenn Corona vorbei ist, kann es sein, dass auch der Umsatz wieder sehr stark anwachsen wird. Darauf wollen wir vorbereitet sein, sei es mit Prozessoptimierung oder mit zusätzlichen Geräten. Vorgesehen sind ebenfalls neue Filialen in den Ländern, welche wir in diesem und im letzten Jahr erschlossen haben. In der Schweiz werden wir kaum mehr neue Filialen schaffen, damit wir unseren Anspruch exklusiv zu sein auch beibehalten können.

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