Vor eineinhalb Jahren übernahm der einstige Berufsmusiker Christian Peters die traditionsreiche Holzofenbäckerei Müller in der Solothurner Altstadt. Er liebt es, auf althergebrachte handwerkliche Art zu arbeiten.

Sieben Jahre lang suchten Richard und Ruth Felder einen geeigneten Nachfolger für ihre Holzofenbäckerei Müller in Solothurns Altstadt – weil es in der Schweiz harzte auch in Deutschland und Österreich. Vergebens. Für die Räumlichkeiten gab es zwar Interessenten, aber nicht für eine Bäckerei, die mit einem alten Holzofen arbeitet. Ende Oktober 2017 konnten Felders den Betrieb doch noch übergeben: an einen früheren Konzertsaxophonisten und eine ehemalige Schauspielerin. Ein Glücksfall, wie sich zeigen sollte.

Eindrückliche Lebensläufe
Die zwei neuen Inhaber sind heute je 55-jährig. Der in Berlin geborene Deutsche Christian Peters brach ein Biologiestudium ab, um seine Leidenschaft zur Musik zum Beruf zu machen. Nach dem Musikstudium wurde er Konzert­saxophonist. Er war Mitglieder mehrerer bekannter Orchester, spielte klassische und experimentelle Musik. Das half ihm, im Kopf flexibel zu bleiben, betont er.
Seine Schweizer Ehefrau Katrin Ae­bischer Peters ist studierte Primarlehrerin, wechselte aber bald zur Schauspielerei. Fast drei Jahrzehnte waren die beiden künstlerisch unterwegs. Doch mit zunehmendem Alter wurde es schwieriger, genügend Engagements zu bekommen. Sie waren den Launen ihrer Vorgesetzten ausgeliefert, und jüngere Leute kamen nach. Christian Peters verlor mit 50 Jahren unter einem neuen Chefdirigenten eines der zwei festen Engagements in einem Orchester, seine Frau hatte kein fixes Engagement mehr. Wenig motivierten Kindern Musikunterricht zu geben war wenig verlockend. Da fiel der Entscheid zur Neuorientierung.
Katrin Aebischer Peters wurde eine Stelle als Lehrerin in Bern angeboten, die eine wirtschaftliche Basis für die Zukunft bot. So zog das Ehepaar in die Schweiz. Christian Peters liebt das Kochen und Backen. Doch mit 50 Jahren den Kochberuf zu erlernen erwies sich als schwierig. Er bekam aber kurzfristig eine Lehrstelle in der Bäckerei Hert (heute: Rolli) in Wangen an der Aare. Dort konnte er für einen Lernenden recht selbstständig arbeiten, was dem lebenserfahrenen Peters entgegenkam. Er ist dankbar, dass es in der Schweiz – auch dank Richemont – eine Top-Ausbildung gibt und dass er viel persönliche Unterstützung bekam, etwa in der Berufsschule Langen­thal und durch Fritz Nyffenegger vom Ämme-Beck in Alchenflüh (BE), bei dem er unter anderem seine Kenntnisse in der Konditorei erweitern konnte.

Gelungene Betriebsübergabe
Trotzdem war Peters Realist genug um einzusehen, dass er nach bestandener Lehre noch ein Anfänger war. Doch die Möglichkeit, eine Bäckerei zu übernehmen, die sonst geschlossen worden wäre, spornte ihn an. Die hohe Motivation und erhaltene Unterstützung waren wichtig fürs Gelingen. Er wurde sich mit Felders einig und übernahm kurz nach Lehrabschluss die Holzofenbäckerei Müller. Das erfahrene Personal – je sechs Personen in Produktion und Verkauf – konnte bis auf eine Verkäuferin, die wegen drohender Schliessung schon eine neue Stelle hatte, übernommen werden. Richard Felder arbeitete noch rund ein Jahr im Betrieb und führte seinen Nachfolger in alle Arbeiten ein. Das war besonders wichtig beim Umgang mit dem Holzofen, der einiges Fingerspitzengefühl erfordert. Felders strebten nicht den maximalen Profit an, sondern waren erfreut, dass ihr Lebenswerk weitergeführt wird. Darum übergaben sie die Firma zu Konditionen, die deren Fortführung erlauben. Die Vertrauensbasis war von Beginn weg da, und beide Seiten waren damit zufrieden.
Nach der Betriebsübergabe riet die «Solothurner Zeitung» 2018 im Artikel «32 Dinge, die man in Solothurn unbedingt machen muss»: «… in der Bäckerei Müller ein dunkel gebackenes, knuspriges und noch warmes Holz­ofenbrot kaufen – und augenblicklich verzehren.» Als Begründung schrieb die Ver­fasserin Maria Brehmer: «Traditionelles Bäcker-Handwerk in seiner reinsten Form: Solothurnerinnen und Solothurner stehen für diese Köstlichkeit am Samstag gerne auch bis auf die Gasse hinaus an.»

Echt traditionelles Handwerk
Ein Grossteil der Backstubeneinrichtung stammt aus den 1970er Jahren. Der Holzbackofen der «Basler Backofenfabrik Tschann» ist ein System aus den 1920er-Jahren und der letzte seiner Art in der Schweiz. Seine Temperatur darf aus­ser in den zwei jährlichen Betriebsferien, die der Hafner zur Jahres­revision nutzt, nicht unter 100 °C abfallen. So wird auch am freien Sonntag und Montag Holz nach­gelegt. Zum Feuern werden v. a. Briketts aus gepressten Holzspänen eingesetzt, die eine höhere Energiedichte haben als Holz. Pro Jahr werden rund 40 Tonnen verfeuert. 90 % der Produkte werden im Holzofen gebacken, einige Konditoreiwaren in einem elektrischen Konditoreiofen.
Zur Einrichtung passen auch die Produkte: Der Schwerpunkt der Bäckerei liegt bei den Broten. Diese werden mit Brüh- oder Kochstück, Vorteig oder einem der fünf Sauer­teige produziert – vier davon hat Peters selbst gezogen, auch solche mit Roggen und Dinkel. Die Rezepte für die beliebten Ruch- und Halbweissbrote wurden vom Vorgänger übernommen. Das Spezialbrotsortiment hat Peters erneuert.

Die Fortsetzung des Artikels finden Sie in der «panissimo»-Ausgabe Nr. 11 vom 31. Mai 2019.

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