Nach monatelangem Gipfeliverteilen, Strahlen vom Wahlplakat und Auftreten an Podien war nun Zahltag. Die Schweizer haben bei den eidgenössischen Wahlen deutlich grüner und damit auch linker gewählt als 2015. Die Grünen und die GLP sind die grossen Sieger der Nationalratswahlen. Die Verlierer sind SVP, SP, FDP und BDP, während die CVP stabil bleibt.

Für unsere Branche dürfen wir festhalten, dass einige uns wohlgesinnte und von uns empfohlene Kandidatinnen und Kandidaten wiedergewählt wurden. Von den Bisherigen haben erfreulicherweise die meisten Kandidierenden auf unserer Wahl­empfehlung die Wiederwahl erfolgreich geschafft. Namentlich gratulieren wir Lorenz Hess (BDP, BE), Hansjörg Knecht (SVP, AG), Nadja Pieren (SVP, BE), Christian Wasserfallen (FDP, BE), David Zuberbühler (SVP, AI), Mike Egger (SVP, SG), Céline Amaudruz (SVP, GE), und Diana Gutjahr (SVP, TG) zur Wiederwahl in den Nationalrat. Im Ständerat steht in 14 Kantonen noch ein zweiter Wahlgang bevor.

Enttäuschende Branchenbilanz

Leider müssen wir auch festhalten, dass eine beachtliche Anzahl uns nahestehender Parlamentarier abgewählt wurde: Peter Schillinger (FDP, LU), Felix Müri (SVP, LU), Peter Brand (SVP, GR), Manfred Bühler (SVP, BE) und Laurent Wehrli (FDP, VD) schafften die Volkshürde nicht mehr. Mit einem Schlag hat auch der Schweizerische Gewerbeverband seinen Einfluss im Bundeshaus verloren, mit drei ab­gewählten Exponenten: Präsident Jean-François Rime (SVP, FR), Direktor Hans-Ulrich Bigler (FDP, ZH) und Vorstandsmitglied Hans­jörg Brunner (FDP, TG).
Die Gesamtliste mit den Wahlresultaten für unsere Branche

Verschiebungen dieser Grössenordnung bei den Parteistärken sieht die Schweiz selten. Zwar war den grünen Parteien ein Zuwachs prognostiziert worden. Aber es erstaunt, wie stark vor allem die am linken Rand politisierenden Grünen dazugewinnen. Sie sind neu vor der CVP die viertstärkste Kraft im Nationalrat. Auch die Grünliberalen profitieren von der «Klimawahl». Grün hat in allen Schattierungen Konjunktur: ob tiefrot wie bei den Grünen oder links-bürgerlich wie bei den Grünliberalen. Kumulierte Zugewinne in dieser Grössenordnung

«Dringende Reformen können nicht durch ideologisierte und dogmatisierte Grabenkämpfe gelöst werden.»

sind in der Schweiz aussergewöhnlich. Wie sehr der Greta-Effekt die Parteienlandschaft dauerhaft verändert, wird sich zeigen. Die SVP hat zwar verloren, bleibt aber die klar wählerstärkste Partei. Agieren die bürgerlichen Parteien jedoch künftig geschlossener als bisher, könnten sie die Schwäche kompensieren.

Die Mitteparteien werden allerdings in der nächsten Legislatur die Schlüsselrolle spielen. CVP und GLP werden entscheiden, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Die nächste Legislatur wird stärker geprägt sein von wechselnden Koalitionen anstatt fixen Blöcken. Die Grünen sind traditionell die Juniorpartner der SP, haben nun aber an Gewicht gewonnen. Die beiden Parteien haben aber ebenso wenig eine Mehrheit im Nationalrat wie SVP und FDP. Ob allerdings die Konkordanz wieder zur Grundhaltung wird, die im politischen Handeln Konsequenzen haben muss, ist fraglich. Dringende Reformen, die anstehen, können aber nicht durch ideologisierte und dogmatisierte Grabenkämpfe gelöst werden. Weder die Linke noch die Rechte ist allein mehrheitsfähig. Die Chance für unser Land besteht darin, dass die Stunde für die Brückenbauer und Pragmatiker schlägt. Vielleicht würden wir aber erst merken, wie gut doch das Kon­kordanzsystem für unser Land ist, wenn die Schweiz zu einer Mehrheitsregierung wechseln würde.

Es muss in der neuen Legislatur gelingen, dass nicht nur der Kampf gegen den Klimawandel forciert wird, sondern es auch bei anderen Themen – der Sicherung des Rentensystems, dem Wachstum der Gesundheitskosten und den Beziehungen mit der EU – vorwärtsgeht. Gefragt sind jetzt tragfähige Lösungen, die das Gewerbe nicht unnötig belasten werden.

Fazit

Was heisst der grüne Erfolg nun für uns alle? Sind sich die Wähler bewusst, dass grüne Politik Auswirkungen auf ihr eigenes Leben hat und Massnahmen zur Einschränkung von Konsum und Mobilität folgen werden? Sind sie wirklich bereit zu verzichten, mehr zu zahlen, ihr Leben zu verändern, wenn es um konkrete Massnahmen gegen den Klimawandel geht? Gelingt es den Grünen, ihren Wahlsieg in eine mehrheitsfähige Politik umzumünzen? Oder wird ein anderer Hype die nächsten Wahlen prägen und neue Wahlgewinner schaffen?
Die Rahmenbedingungen sind mit der neuen Zusammensetzung des Parlaments für die Legislatur 2019 – 2023 für unsere Branche herausfordernder geworden. Es drohen weitere staatliche Regulierungen, die unsere Unternehmen noch mehr belasten werden. Regulierungsflut und neue Steuern bringen die Schweiz aber nicht weiter.

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