Im August erfolgt in den meisten Kantonen der Schweiz für viele Jugendliche der Start in einen neuen, wichtigen Lebensabschnitt: Der Beginn der Berufslehre. In dieser Panissimo-Ausgabe geben zwei junge und erfahrene Branchenfrauen wertvolle Tipps an Berufsbildner/innen und Lernende.
Es sind ein paar Jahre verstrichen, seit Antonia Eichenberger 2018 als Detailhandelsfachfrau und Uthaya Gerber-Umaparan 2014 als Konditor-Confiseurin ihre Berufslehre mit Erfolg abgeschlossen haben. Seither haben sie sich kontinuierlich weitergebildet und Uthaya Gerber-Umaparan hat unter anderem an den WorldSkills 2017 teilgenommen.

Die beiden stehen nun mitten im Berufsleben und tragen Verantwortung. Für Panissimo haben sie sich Zeit genommen, um Tipps für einen gelungenen Start in die Lehre für alle Beteiligten sowie für eine wertschätzende Zusammenarbeit zwischen den Generationen weiterzugeben.
Für Lernende: Gelassenheit und Mitdenken
«Alles ist neu – gib dir Zeit! Aber: Schreib dir die Abläufe und Tipps gut auf, das hilft beim Einleben», rät Uthaya Gerber-Umaparan den Lernenden und Antonia Eichenberger gibt folgenden Rat weiter: «Mitdenken, Arbeitsabläufe auch mal hinterfragen und mit einer positiven Einstellung dabei sein – das macht viel aus.» Nachfolgend die wichtigsten Tipps in Stichworten:
- Kein langer Arbeitsweg. Ein Zimmer in der Nähe des Betriebs mieten
- und so einrichten, dass man sich wohlfühlt und gut einleben kann.
- Vieles ist neu. Es braucht alles seine Zeit, gib dir diese Zeit. Mache
- jedoch viele Notizen, um dir das Arbeiten zu erleichtern.
- Nachfragen, wenn etwas unklar ist.
- Am Anfang der Lehrzeit schön und exakt arbeiten, erst später das
- Arbeitstempo verbessern.
- Mitdenken und Fragen stellen. Arbeitsabläufe auch mal hinterfragen.
- Positive Einstellung für den Beruf und die Branche.
- Viele eigene Inputs einbringen, beispielsweise bei Social Media
- (TikTok),Trends etc.
- Neues in einem eigenen «Büechli» aufschreiben.

Uthaya Gerber-Umaparan
- Seit Februar 2024 Produktionsleiterin in der Backmanufaktur Eichenberger, Langnau
- 2011-2014 Lehre zur Konditorin-Confiseurin beim Chrigu Beck, Burgdorf (BE)
- 2014 Teilnahme an den SwissSkills in Bern
- 2015-2016 Zusatzlehre zur Bäcker-Konditorin bei der Backmanufaktur Eichenberger, Langnau (BE)
- Arbeitsstelle an der Richemont Fachschule in Luzern mit Vorbereitung für die Teilnahme an den WorldsSkills
- 2017 Teilnahme WorldSkills in Abu Dhabi (UAE), Gewinn eines Diploms
- Arbeitsstelle in der Confiserie Eichenberger, Bern
- Ausbildung zur Berufsbildnerin und Prüfungsexpertin
- Vorbereitungskurs mit Abschluss der Berufsprüfung als Chef Konditor-Confiseurin
- Seit Februar 2024 Produktionsleiterin in der Backmanufaktur Eichenberger, Langnau
«Die neue Lehre im Detailhandel (Verkauf 2022+) ist glücklicherweise so aufgebaut, dass schon ein sehr hohes praktisches Hintergrundwissen in der Berufsschule mitgegeben wird», erklärt Antonia Eichenberger. «Nutzt diese Inputs – auch von den anderen Branchen – und probiert das Gelernte direkt in euren Betrieben aus! So bleibt es spannend und ihr generiert auch für eure Kund/innen, Arbeitskolleg/innen und natürlich für euch selbst immer wieder neue Einkaufs- und/oder Berufserlebnisse.»

Für Berufsbildner/innen: Verantwortung und Vertrauen fördern
«Wichtig ist: Wir sind Vorbilder – und zwar nicht nur die Berufsbildner/innen, sondern das ganze Team», hält Uthaya Gerber-Umaparan fest. Antonia Eichenberger plädiert dafür, den Lernenden gezielt Verantwortung zu geben – etwa im Bereich Social Media: «Lasst sie machen – mit Nachkontrollen, aber auch mit Vertrauen.» Hier die Liste mit den Tipps der beiden Branchenfrauen an die Berufsbildner/innen und das Arbeitsumfeld:
- Am Anfang Zeit investieren und die Lernenden gut ausbilden, dann wird’s später einfacher.
- Lernende brauchen Zeit – besonders am Anfang.
- Die Lernenden am Anfang nicht überfordern.
- Geduld und Verständnis sind entscheidend.
- Es braucht eine klare Kontrolle.
- Die Attraktivität des Berufs hervorheben.
- Sich regelmässig Zeit nehmen und sich mit den Lernenden austauschen.
- Regelmässig Feedback geben.
- Freude an der Arbeit mit einer anderen Generation haben.
- Vorbildfunktion wahrnehmen und auch Vorbild sein.

Antonia Eichenberger
- 2011- 2014 Gymnasium Neufeld (BE)
- 2015-2018 Lehre Detailhandelsfachfrau, Bäckerei
- Konditorei Muralt, Ostermundigen (BE)
- 2018- 2021 Detailhandelsfachfrau Boulangerie Saudan, Freiburg
- 2020 Weiterbildung Leadership bei der Schweizerischen Vereinigung für Führungsausbildung (SVF)
- Seit 2021 Bäckerei Konditorei Eichenberger AG, Langnau
- 2022 Berufsbildnerinnen-Ausbildung an der Richemont Fachschule Luzern
- Seit 2023 Verkaufsleitung Bäckerei Konditorei Eichenberger AG, Langnau
- 2025 Berufsprüfung an der SIU zur Fachfrau Unternehmensführung KMU
Antonia Eichenberger lobt den Systemwechsel in der Detailhandelslehre, den Verkauf 2022+. Es sei eine Bereicherung für die Branche. «Die Lernenden lernen wieder das richtige Beraten mit dem Fokus auf die Kund/innen. Sie wollen richtig eingeführt werden, ein konstruktives Feedback und sie wünschen auch mal selbst Verantwortung übernehmen zu können, wenn sie genug Zeit und Backgroundwissen von den Betrieben erhalten.»
Beide Berufsfrauen unterstreichen, dass nicht nur die Lernenden lehren, sondern auch die Berufsbildner/innen von ihnen Wertvolles erfahren würden.
Claudia Vernocchi
Bilder: zvg