Die vom Bund propagierte Salzreduktion hat gravierende Konsequenzen und kann lebensbedrohend sein. Im folgenden Beitrag zeigt der renommierte deutsche Ernährungsexperte Udo Pollmer – auch der «Anarchist der Esskultur» genannt – die Hintergründe auf.

Naturheiler und Alternativmediziner begründen ihre Therapien gerne damit, dass diese schon die Altvorderen praktiziert hätten. Giftige Kräuter, vergessenes Heilwissen und fromme Sprüche stehen der «Apparatemedizin» im Ansehen bis heute in nichts nach. Da wäre es doch an der Zeit, ein Heilmittel zu würdigen, das sich über Jahrtausende höchster Wertschätzung erfreute und erst vor 100 Jahren durch einen Schweizer in Verruf kam: das Salz.

Die «Esssünden»

Woher die Verachtung? Das hängt mit dem Weltbild der Medizin zusammen, die stets davon ausging, Krankheiten entstünden durch Fehlverhalten, sprich durch Sünden. Vor einem Jahrhundert war es vor allem die «Selbstbefleckung», mit der sich die Menschen an Gott versündigten. Heute führen uns stattdessen «Esssünden» schnurstracks ins Verderben.
Die Schweiz war eine Hochburg dieses Denkens: Der Arzt Samuel-Auguste Tissot hatte 1761 die Sache mit der Onanie aufgebracht, deren Folgen der Syphilis in nichts nachstünde, anderthalb Jahrhunderte später wandte sich sein Kollege Max Bircher-Benner von dieser Ideenwelt ab und richtete sein Augenmerk auf den Darm. Er wähnte nicht mehr unter der Bettdecke die Leimruten des Satans, sondern fahndete in der Küche nach der Sünde.

Die «Salzgier»

An der Begierde erkennt der Gläubige, wo der Gottseibeiuns labile Charaktere fischt. Salz übt nun mal eine starke Anziehungskraft auf den Menschen aus. Offenbar eine stärkere noch als Tabak, befand Kettenraucher Bircher-Benner. Dahinter stecke eine «verborgene Macht, die dämonisch, teuflisch gefangen hält». Die «Salzgier» entspräche keinem physiologischen Bedürfnis, Tiere hätten kein Interesse an Salz, und Kannibalen würden die versalzenen Körper der Weissen verschmähen.

Wichtige Salzlecksteine

Mit biologischem Wissen, ach was, mit etwas Hausverstand hätte er erkennen können, dass dahinter der gleiche körperliche Bedarf steckt, wie hinter dem Durst oder dem Wunsch nach Atemluft. Doch stattdessen haben die Ärzte die Biologie zum Teufel gejagt, das Erfahrungswissen verworfen:

Jeder Förster, jeder Landwirt weiss, seine Tiere gedeihen besser, sind vitaler, gesünder, fruchtbarer, wenn er ihnen Salzlecksteine ad libitum anbietet. Wer es unterlässt, macht sich der Tierquälerei schuldig.

In freier Wildbahn wandern Tiere weite Strecken, um an Salz zu gelangen. Es gibt Antilopen, die suchen Höhlen auf, in denen bereits die Raubkatzen auf sie lauern, nur damit sie ihr salziges Lebenselixier lecken können.
Elefanten wühlen sich tief in Schlammlöcher für etwas salzhaltige Erde. Elche zieht es ins Meer zu salzigen Algen. Berggorillas lieben verrottendes Holz, weil darauf Pilze spriessen, die Salz anreichern. Manche kauen das ungeniessbare Zeug solange, bis der Gaumen blutet. Es liefert ihnen dafür zwanzigmal so viel Salz wie ihre normale Kost.

Die tatsächliche Wirkung auf den Blutdruck

Und wie ist das beim Menschen? Auch nicht anders. Aber hier wird der ärztegläubigen Gemeinde mit Schrecknissen wie einstmals bei der Onanie gedroht, die die ewige Verdammnis als Kuraufenthalt erscheinen lassen. Zum Glück kennen wir dank der Arbeiten von Professor Klaus Stumpe (Bonn) und seinem Kollegen Friedrich Luft (Berlin) die Wirkung auf den Blutdruck: Sinkt die Salzzufuhr, ändert sich bei zwei Dritteln der Deutschen überhaupt nichts. Beim restlichen Drittel reagiert die Hälfte auf Salzverzicht mit einer Senkung des Blutdrucks und bei der anderen Hälfte steigt er wie zum Trotz an. Und in der Schweiz? Da haben solche Details offenbar noch niemanden interessiert….

Den vollständigen Artikel finen Sie in der «panissimo-Printversion vom 25. Oktober 2019

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