Einen inspirierenden und packenden Kongress-Schlusspunkt setzte der bekannte Zürcher Publizist und Philosoph Ludwig Hasler. Er hielt ein Plädoyer für eine Kommunikation von Mensch zu Mensch im Zeitalter der Digitalisierung, die Sinnlichkeit und den Verkauf mit Leidenschaft.

Ludwig Hasler trat am SBC-Kongress ohne PowerPoint und ohne jegliche digitalen Hilfsmittel auf. Allein mit seinem mit zum Nachdenken anregenden und mit humorvollen Einlagen gespickten Referat vermochte er die Kongressteilnehmenden zu packen – und dies über eine Stunde lang.

Die Kraft der Begegnung

Er sei zu Fuss zum Kongressort gelaufen und dabei an drei einzig­artigen, individuellen, sinnlichen,
verführerischen Bäckereien vorbeigekommen, schwärmte Ludwig Hasler. Es gelte das Sinnliche zu pflegen: «Wenn Sie mich verführen wollen, will ich das sehen, die Kraft der Begegnung, von Auge zu Auge.» Immer wieder unterstrich er die Wichtigkeit und die Stärke der Sinne des Menschen. Genau hier sei der Mensch besser als die Maschine. Eine Bäckerei-Confiserie müsse einladend, verführend sein und nicht nüchtern wirken wie ein evangelisches Gemeindehaus, jedoch auch nicht wie ein «Allerwelts-Ikea-Palast». Die Handschrift müsse erkennbar sein.
Im Zusammenhang mit dem Sinnlichen hob Hasler den Wert des Selbstgemachten hervor. Der Mensch könne sich nicht dauernd in der iCloud aufhalten. Er brauche einen Ausgleich. Man müsse die Qualität des Brotes riechen können, es brauche die menschliche Begegnung. Das sei beim Online-Handel «futsch»! Nicht immer nur das Produkt zähle, es brauche den Menschen dazwischen, die Leidenschaft.

Träumen können nur Menschen

«Unsere Zukunft hängt davon ab, ob wir Piloten des digitalen Wandels sind oder nur die Passagiere», unterstrich Ludwig Hasler und forderte die Anwesenden auf: «Lassen wir uns durch die Digitalisierung nicht verblöden!». Er rief dazu auf, zu träumen. Denn dies sei der Motor aller Entwicklungen. Träumen, dies könne nur der Mensch.

Die Maschine wird erwachsen

«Es ist kein Geheimnis, die Maschine wird erwachsen», erklärte der studierte Physiker und Philosoph. Bisher sei sie «handlangerisch» unterwegs gewesen. Doch sie habe dazugelernt. Deshalb hätten auch viele Angst vor der Digitalisierung. Es gelte das Digitale mit dem Analogen erfolgreich zu verbinden, den «Digitalzauber zu entzaubern» und ein Pendler zwischen den analogen und den digitalen Welten zu sein. «Zukunft hat, wer ein schlauer Pendler ist», prognostizierte Hasler.

Wo die Maschine besser ist

Die Maschine sei dort besser als der Mensch, wo es um komplexe Systeme gehe, um Verfügbarkeit, Logistik. Als Beispiel nannte er in seinem Referat die Mobilität. Hier sei der Mensch «ein ewiger Störfall, den man aus dem Verkehr nehmen muss». Oder die Arbeit eines durchschnittlichen Juristen, der nach Paragrafen sucht. Die Maschine erledige dies schneller und erst noch fehlerfrei. Betroffen ist laut Hasler auch die medizinische Diagnostik. Als Vergleich zog er das Online-Diagnostik-Tool Dr. Watson heran. Die Treffsicherheit bei einer Krebsdiagnose betrage dort rund 90 %, bei den Schweizer Ärzten etwa 60 %. Aber mit einer Diagnose sei der Mensch noch nicht gesund, hielt der Referent fest. Es brauche die Therapie, und hier sei der Mensch gefragt. Ebenso glaubt Hasler, dass der Coiffeur-Beruf überleben wird. Praktisch niemand sei darauf erpicht, sich von einer Maschine die Haare behandeln zu lassen. «Das ist ein Beziehungsberuf!» Er nannte als weiteres Beispiel den Schreinerberuf. Die Maschine hoble und führe präzise Arbeiten durch. Der moderne Schreiner sei zum kreativen Designer geworden. Er sei nicht nur der Bediener der Maschine. Er müsse aber auch das Handwerk kennen. Deshalb brauche es die Schreinerlehre nach wie vor.

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