An der Jahresversammlung des Dachverbandes Schweizerischer Müller (DSM) in Fribourg wurden mit Fiona Weber-Lehmann und Matthias Staehelin zwei neue Vorstandsmitglieder gewählt. Im Fokus stand ein Rückblick auf die Pandemiekrise und die ermutigende diesjährige Getreideernte.

In seiner Eröffnungsrede hielt DSM-Präsident Thomas Helbling fest, dass die Müllerbranche als Vertreterin der ersten Verarbeitungsstufe im letzten, von Globalisierung geprägten Jahrzehnt in der Öffentlichkeit wenig Beachtung gefunden habe. «Diesem Schattendasein hat jedoch die über Nacht ausgebrochene Pandemiekrise und der ebenso unerwartete Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ein Ende gemacht. So traurig die Auslöser auch sind, haben diese beiden Krisen der Schweizer Bevölkerung wieder einmal die Bedeutung und die Werthaltigkeit unserer Branche vor Augen geführt.» Helbling stellte eine Rückbesinnung auf Werte fest, die gerade im Schweizer Müllereigewerbe wichtig seien und die von den Mitgliedfirmen des DSM seit jeher gelebt würden. Als «Trümpfe» nannte er das Handwerk, die Nähe zum Produzenten wie auch zum Kunden und Konsumenten, aber auch die regionale Herkunft sowie die Qualität in der Verarbeitung.

Neue Kräfte für Vorstand und Branche

Die Versammlung wählte auch zwei neue Vorstandsmitglieder: Matthias Staehelin (Swissmill) als Nachfolger von Romeo Sciaranetti (Swissmill) sowie Fiona Weber-Lehmann (Alb. Lehmann Lindmühle AG). Weiter gratulierte Thomas Helbling dem Gewinner des MühlenMasters 2022, Remo Wyss, der sich gegen zwölf Mitbewerber durchgesetzt hatte, persönlich zum Prestigeerfolg.

Lorenz Hirt (Geschäftsführer DSM), Fiona Weber-Lehmann (Alb. Lehmann Lindmühle AG), Matthias Staehelin (Swissmill), Thomas Helbling (Präsident DSM).

Herausforderungen und Lichtblicke

«Mit 415’000 Tonnen backfähigem Brotgetreide ist die Ernte 2022 zwar ermutigend. Gleichzeitig machen uns allen aber die kriegsbedingt hohen Rohstoffpreise zu schaffen. Sei es für Dünger, Trockengluten und anderes mehr», sagte Helbling. Noch schlimmer sehe es bei den Energiekosten aus. Doch er vermerkte auch Positives. So erwähnte er das Mitglied Zwicky AG in Müllheim-Wigoltingen (TG), welches dank einer neuen Photovoltaik-Anlage an den Silowänden 14% des Gesamtenergiebedarfs der Firma erzeuge. Helbling ergänzte, dass zahlreiche weitere Mitglieder ähnliche PV-Anlagen montiert hätten, «was für die Innovationskraft unserer Industrie spricht.»

Geschichte der Schweizer Landwirtschaft

Nach dem offiziellen Teil des Anlasses blickte Peter Moser, Leiter des Archivs für Agrargeschichte, auf die letzten 150 Jahre der Schweizer Landwirtschaft zurück. Das Referat zeigte, dass sich diese Entwicklung in drei Perioden unterteilen lässt: In der ersten Phase (1870 bis 1914) orientierten sich die Schweizer Bauern im Zuge einer wirtschaftlichen Globalisierung weg vom Ackerbau hin zur fast reinen Futtermittelproduktion bzw. Viehhaltung und auf die Käseproduktion. In dieser Zeit musste zum Beispiel Getreide aus dem Ausland eingeführt werden. Zwischen den zwei Weltkriegen wurde hingegen eine vielseitigere Nahrungsmittelproduktion mit Ackerbau und Viehzucht im eigenen Land angestrebt – mit dem Ziel der Ernährungssicherung. Ab circa 1950 sei durch die Motorisierung und Chemisierung der Landwirtschaft eine starke Ertragssteigerung möglich geworden, gleichzeitig wurden immer weniger Tiere und Menschen als Arbeitskraft in der Landwirtschaft benötigt. Moser gab zudem zu bedenken, dass erst ab circa 1950 die «Ernährungsfrage gelöst» gewesen sei. Unsere heutige Annahme, dass jedes Lebensmittel jederzeit verfügbar wäre, sei darum eine relativ junge Errungenschaft.

Christian Bärtschi

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