Mit sogenannten FoP-Kennzeichnungen auf der Vorderseite von verpackten Lebensmitteln sind in der EU und in der Schweiz Bestrebungen vorhanden, der Bevölkerung den Weg zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil aufzuzeigen. Doch bringt dieser Zusatzaufwand den erhofften Nutzen?

Die Gesundheitsbehörden der Europäischen Union und der Schweiz sind bestrebt, den Konsumentinnen und Konsumenten auf einen Blick mittels leicht verständlicher, transparenter Kennzeichnung den Kauf von ernährungsphysiologisch günstigeren Lebensmitteln zu erleichtern. Dies soll auf der Vorderseite der Verpackungen (Front of Pack = FoP) geschehen – ergänzend zu Nährwerttabellen auf der Rückseite. Die Gesetzgeber erhoffen sich, dass so mehr gesundheitlich vorteilhafte und weniger unvorteilhaftere Produkte konsumiert werden. Insbesondere sollen so eine zu hohe Energiezufuhr sowie ein übermässiger Salz-, Zucker- und Fettkonsum samt den daraus resultierenden Krankheiten auf Dauer sinken.

Was sind FoP-Lebensmittel-Kennzeichnungen?

Es gibt weltweit verschiedenste Arten, auf Verpackungen von Nahrungsmitteln und Getränken darauf hinzuweisen, ob mehr oder weniger davon konsumiert werden sollte. In vielen Modellen werden Farben von Grün bis Rot benutzt (Ampelkennzeichnungen). Teils werden einzelne Nährwertgruppen (Energiewert, Kohlenhydrate / Zucker, gesättigte / ungesättigte Fette, Proteine, Salz) separat mit einer Farbe gekennzeichnet, teils gibt es – wie bei dem in der Schweiz favorisierten Nutri-Score – nur eine Gesamtbewertung des Produkts. Oft wird zudem vermerkt, welchen Anteil eine Portion oder 100 g des Produkts an der empfohlenen Tagesdosis haben. Doch das Letztere ist in der EU und in der Schweiz bereits auf der Rückseite von vorverpackten Lebensmitteln zu finden.
Der Nutri-Score verzichtet auf Details und gibt nur ein Gesamturteil. Wobei Rot nicht heisst, dass etwas ungesund ist, aber dass eher kleinere Mengen davon verzehrt werden sollten. Im Prinzip vermittelt die Ampelkennzeichnung das Gleiche wie die seit langem existierende Lebensmittelpyramide (Grafik nächste Seite): was unten ist soll oft, was oben ist seltener konsumiert werden. Menschen, welche diese Pyramide verinnerlicht haben, brauchen eigentlich keine Ampelkennzeichnung. Sie wissen selbst, dass sie mehr zuckerfreie, natürliche Getränke, Obst und Gemüse zu sich nehmen sollen als zum Beispiel Schokolade, Salznüsse und Alkohol.

Gründe für den Nutri-Score

Kochen und Hauswirtschaft haben in der Schule nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher. Das Basiswissen zur Ernährung hat abgenommen. Es wird weniger gekocht und mehr auf Convenience-Produkte zurückgegriffen. Zudem achten viele Menschen mit kleinerem Budget mehr auf den Preis als auf die Qualität eines Lebensmittels. In der Folge, aber auch wegen parallel dazu oft ungenügender Bewegung – nehmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2 zu. Darum wollen die Gesundheitsbehörden der Bevölkerung zeigen, was gesund ist und was weniger.

Rot beudeutet nicht «Stopp», sondern «in kleinen Mengen konsumieren».

Unter den verschiedenen exis­tierenden Ampelkennzeichnungen wird dabei der Nutri-Score von den Schweizer Behörden als die geeignetste angesehen. Nach einer Studie sei er einfach verständlich, für alle Produktgruppen geeignet, als wirkungsvoll einzuschätzen und berücksichtige alle wichtigen Aspekte. Unglücklich ist bei allen Ampelkennzeichnungen, dass Rot falsch verstanden werden kann: Es bedeutet nämlich nicht wie im Verkehr «Stopp», sondern eher «langsam fahren» bzw. «in kleinen Mengen konsumieren». Da es sich bei rot gekennzeichneten Waren meist um Genussprodukte handelt, gilt darum im Prinzip: besser eine kleinere Menge in Top-Qualität vom regionalen Beck-Confiseur oder Metzger als das Aktions-Multipack aus der Fabrik oder aus ausländischer Massentierhaltung vom Discounter.

Vor- und Nachteile

Mit den Nährwerttabellen auf der Rückseite von Lebensmittelverpackungen sind viele Menschen überfordert. Die Ampelkennzeichnung ist einfach verständlich und berücksichtigt je nach Produktgruppe neben der Energie die Zufuhr von Nährstoffen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko (gesättigte Fettsäuren, Salz und Zucker) sowie Nährstoffe und Lebensmittelgruppen mit gesundheitlichem Nutzen (Ballaststoffe, Proteine; Obst, Gemüse, Nüsse). Das kann für Bevölkerungsgruppen mit geringem Ernährungswissen hilfreich sein. Doch die Bewertung ist vereinfacht: Zum Beispiel sind auch Obst oder Nüsse in zu hoher Menge ungesund, und Obst ist nicht gleich Obst. Die Wirkung des Nutri-Score ist unsicher. Abschreckende Fotos und Slogans auf Zigarettenpackungen wirken ja auch eher wenig. Für den SBC ist es ein grosses Anliegen, dass eine Nährwertampel freiwillig und nicht obligatorisch ist. Denn der Mehraufwand fürs Lebensmittelgewerbe mit seinen kleineren Stückzahlen ist im Verhältnis viel höher als für die Lebensmittelindustrie.

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