Mit schwarzen Strümpfen und einem Jupe huscht sie hinter der Verkaufstheke herum. Auf den ersten Blick eine unscheinbare, junge Verkäuferin. Doch welcher Leidenschaft die Doppel-Schweizermeisterin Melissa Wohlwend aus Wängi (TG) neben dem Berufsalltag nachgeht, das wissen nur die wenigsten.

Ich bin gelernte Detailhandelsfachfrau und Hammerwerferin. Schon als kleines Mädchen faszinierte mich der Sport. Seit über zehn Jahren gehöre ich dem Leichtathletik Club Frauenfeld an. Als U10-Athletin stieg ich ein. Nun gehöre ich zur Kategorie U20. Doch nicht nur die Stufe der Kategorie änderte sich während den Jahren, sondern auch meine Disziplinen. Bis 2014 trainierte ich zwei Mal pro Woche im Mehrkampf- und Ausdauerbereich. Doch dann der Wendepunkt. Auf Anraten der Trainer hörte ich mit all diesen Disziplinen auf und setzte meinen Fokus aufs Hammerwerfen.

Ausbildung hatte Priorität

Dass das Zusammenspiel zwischen Beruf und Hobby nicht immer einfach ist, spürte ich in den letzten drei Jahren während meiner Lehrzeit. Von Anfang an war klar, dass meine Ausbildung ganz klar über mein Hobby gestellt ist. Zum Start meiner Ausbildungszeit trainierte ich dreimal in der Woche. Nachdem ich im Sommer 2015 den Schweizermeistertitel U18 gewann, wollte mein Trainer mehr mit mir trainieren. Da ich für die Berufsschule viel lernte und so gute Noten schrieb, wurden meine Trainings kurzerhand auf vier pro Woche erhöht.

Eine mentale Herausforderung

Doch eine Knieoperation und drei Monate Erholungszeit warfen die Pläne ins Wasser. Im April nahm ich das Training wieder in Angriff. Die Motivation war riesig. Schliesslich wollte ich meinen Titel im Herbst verteidigen. Doch auch in der Schule wurde das Tempo angezogen. Zudem standen die Fachmodulprüfungen in Luzern an. Arbeiten, Lernen und Trainieren wurden zur mentalen und organisatorischen Herausforderung. Doch schaffte ich es, alles unter einen Hut zu bringen. Ich schrieb weiterhin gute Noten und konnte im Herbst 2016 meinen zweiten Schweizermeistertitel sichern.

Jede freie Zeit zum Lernen genutzt

Das dritte, letzte und bekanntlich strengste Lehrjahr stand vor der Tür. Mit grossem Respekt wurde ich zum Drittlehrjahrstift. Meine Vorbereitungen fürs QV starteten bereits im Januar, da ich wusste, dass ich viel Zeit dafür aufwenden muss, um alles zu beherrschen. In den Mittagspausen wurden Zusammenfassungen geschrieben, welche danach frühmorgens im Zug gelernt wurden. Jede freie Zeit nutze ich um zu lernen.

Reduktion des Trainings

Nach dem Arbeiten stand direkt das Training an, welches ich auch nicht vernachlässigen konnte, jedoch aber schon bald auf dreimal pro Woche reduzierte. Die Lage wurde immer ernster. Der QV-Termin rückte immer näher. Zwei Wochen davor reduzierte ich die Trainings auf ein- bis zweimal pro Woche. Natürlich hatte mein Trainer keine grosse Freude daran, doch gab es für mich kein Diskussionspotenzial.

Bronze an den SwissSkills

Endlich waren alle Prüfungen vorbei. So entschied ich mich, meine Trainingseinheiten auf fünf bis sechs pro Woche zu erhöhen. Ich genoss die lernfreie und sportintensive Zeit. Meinen Schweizermeister-Titel konnte ich erwartungsgemäss aber nicht verteidigen. So wurde ich im Herbst 2017 Vize-Schweizermeisterin U20. Und schon bald standen die SwissSkills an. Eine letzte «Hürde», die noch vor mir stand. Doch motivierte ich mich erneut, um auch diese in Angriff zu nehmen, was mir mit dem dritten Schlussrang gelang.Der Spagat zwischen Lehre und Sport forderte mich mental sehr stark hinaus und brachte mich teils auch an meine Grenzen. Es war überhaupt nicht immer einfach, alles zu managen. Doch hinter jedem Erfolg steckt viel Arbeit. Training, Motivation. Disziplin und Durchhaltewillen sind die Schlüssel zum Erfolg. Sei es im Beruf oder im Leistungssport.

Melissa Wohlwend, Wängi (TG)


2014–2017 Grundbildung zur Detailhandelsfachfrau bei der Bäckerei-Konditorei Eberle AG in Wil (SG)

11.2017 Bronzemedaille an den Swiss Skills in Luzern
Bisherige Arbeitsstellen: Bäckerei-Konditorei Eberle AG, Wil Momentaner Arbeitsort: Seit Januar 2018 Bäckerei-Konditorei-Confiserie Meier, Wiesendangen (ZH)

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