Lutz Geissler plädiert dafür, dass es auch «Hobbybäckern» gestattet sein sollte, ihr Brot frei zu verkaufen; wenn es den hygienischen Ansprüchen genügt.

Wie in der Schweiz und in Österreich hat sich auch in Deutschland in den vergangenen 10 bis 15 Jahren eine sehr lebendige Hobbybäckerszene entwickelt. Die Corona-Pandemie hat dem heimischen Brotbacken einen weiteren Schub gegeben.

Eigenes Brot verkaufen?

Aus diesem grossen Interesse am Brotbacken heraus entsteht bei vielen «Hobbybäckern» der Wunsch, ihr eigenes Brot auch verkaufen zu dürfen. Leider sind diesem Wunsch zumindest in Deutschland hohe rechtliche Grenzen gesetzt. Hürden, die für bereits im Erwerbs- und Familien­leben verankerte Quereinsteiger kaum zu nehmen sind. Dabei stellt sich die Frage, ob die generelle Erlaubnis für «Nicht­gelernte», ihr eigenes Brot zu verkaufen, ein Schaden für das Backgewerbe wäre.

Natürlich müssten auch hier alle Hygiene­standards eingehalten werden; aber braucht es eine umfassende Ausbildung, um ein paar Brote verkaufen zu dürfen? Belebt nicht gerade das gewerbliche Miteinander von «Profi» und «Hobby» die Brotvielfalt? Welchen Schaden hätte ein Bäcker, wenn Herr Wehrli von nebenan jeden Samstag sein Brot verkauft? Wenn dessen Brot besser schmeckt, liegt das Problem doch eher beim Profi. Wenn es von schlechter Qualität ist, wird es bald niemand mehr kaufen.

Lebendige Brotkultur

In scheinbaren Brotwüsten wie den USA oder Japan hat sich ohne die rechtliche Bevorteilung des gelernten Handwerks eine so lebendige handwerkliche Brotkultur in Kleinstbäckereien entwickelt, wie ich sie nirgends in Mitteleuropa finde. Warum also nicht das Potenzial heben, das im Hobby­bäckertum schlummert? Beide Seiten können voneinander lernen. Jeder sollte sein Brot frei verkaufen dürfen, wenn es den hygienischen Ansprüchen genügt.

Lutz Geissler betreibt den Blog brotbacken.de, ist Bestsellerautor, Bäckereiberater und Seminarleiter. In Hamburg baut er gerade eine Kleinstbäckerei auf.

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