Luigi Fontana ist Müller der Mühle Maroggia.

Weshalb entscheidet der Staat für mich? Der Bäcker von der Steuerbehörde gebüsst.

Traditionsgemäss eröffnen die Ostertage im Tessin die Tourismus-Saison. Wie jedes Jahr stellt sich das Problem des Arbeitens während diesen Festtagen.

Läden, die geöffnet haben oder geschlossen sind. Bäcker, die ihr frisch gebackenes Brot aus dem Ofen nehmen. Oder Tankstellenwarte, die Brote – die im Tessin oder in der Schweiz tiefgefroren oder aus dem fernen Ausland importiert worden sind – aufbacken. Nicht zu reden von den Einkäufen, die unsere Bevölkerung unmittelbar nach der Grenze erledigt, in Geschäften, die am Sonntag oder gar die ganze Nacht durch geöffnet haben.

Dies nur einige der Themen, die in verschiedenen Berufszweigen zu Diskussionen Anlass geben. Aktuell ist im Moment der Fall der «Boulangerie du Lac» in Frankreich, die kleine Bäckerei der Familie Vaivre in einem 2000-Einwohner-Dorf, rund 200 Kilometer südöstlich von Paris. Der Betrieb wurde von der Steuerbehörde mit 3000 Euro gebüsst. Er hatte in der Tourismus-Hochsaison Juli und August keinen einzigen Tag geschlossen. Dies verstösst gegen das Gesetz in seinem Departement Aube, das einen Tag pro Woche die Schliessung eines Geschäfts vorschreibt. Ausnahmen können beantragt werden. Doch hatte Vaivre auf seine Anfrage keine Antwort von den zuständigen Behörden erhalten. So hatte er kurzentschlossen seinen Laden an allen Tagen der Woche geöffnet.

Der Bäcker Cédric Vaivre mit einem kleinen Bäckerladen, unterstützt von seiner Ehefrau, produzierte seine Baguette just, wenn die Touristen anreisten, vor allem Pariser Familien, die es lieben, während den Wochenenden aufs Land zu reisen. Die Bürokratie, die sicher nicht nur französisch ist, hat ihn mit 3000 Euro gebüsst.

Aber «unser» Cédric gibt nicht klein bei und ruft den staatlichen Fernsehsender TF1 an, welcher über diese Geschichte berichtet. Praktische alle Medien ziehen nach, auch über die Grenzen der «Grande République» hinaus. Sie können sich vorstellen, dass dieser Vorfall für Aufsehen sorgte und die Sympathie der Menschen für diese kleine Bäckerei gross war, die von einer kleinlichen und bürokratischen Behörde benachteiligt worden war.

Frau Margaret Thatcher, Premierministerin von Grossbritannien von 1979 bis 1990, hatte praktisch eine totale Liberalisierung der Wirtschaft eingeführt, natürlich die wöchentlichen und monatlichen Arbeitszeiten der Angestellten respektierend. Aber die Öffnungszeiten der Läden und Geschäfte wurden möglichst frei gestaltet, mit dem Ziel, der Wirtschaft im Land wieder Aufschwung zu verleihen.

Nun gut, im Tessin, der sich touristischer Kanton nennt, haben wir die gleichen Probleme. Wenn wir es so wie die Engländer handhaben würden?

Luigi Fontana ist Müller der Mühle Maroggia und Ehrencompagnion der Confraternita ticinese dei Cavalieri del Buon Pane.

PS: Die Blog-Beiträge spiegeln die Meinung des Gastkolumnisten wieder. Für deren Inhalte übernimmt «panissimo» keine Gewähr.

Alle erschienenen Blogs auf: www.swissbaker.ch/panissimo

Das könnte Sie auch interessieren

«Was soll ich tun, damit die Leute bei mir einkaufen?»