Österreich steht in diesem Beitrag unserer Sauerteig-Serie im Zentrum. Die porträtierten Bäckereien zeigen beispielhaft, wie Sauerteig-Kultur – verbunden mit langer Teigruhe – mit grossem Engagement gelebt wird.

Österreich steht in diesem Beitrag unserer Sauerteig-Serie im Zentrum. Die porträtierten Bäckereien zeigen beispielhaft, wie Sauerteig-Kultur – verbunden mit langer Wie in Deutschland, hat Sauerteig in Österreich eine lange Tradition. Sie wird in vielen Bäckereien mit Leidenschaft gepflegt. Vier davon werden hier als Beispiel vorgestellt.

Mehl, Wasser, Salz, Sauerteig

Geschäftsführer Patrick Reichl und Produktionsleiter Dietmar Kappl.
Bei der Reichl Brot GmbH (Reichl – Art of baking) orientiert man sich am Slow Baking und an Regionalität, am Echten und Authentischen. Alle Brote werden mit Natursauer­teig, natürlichen Rohstoffen, bis zu 20 Stunden Teigruhe, sanfter Kälte sowie «handwerklichem Geschick und Leidenschaft» hergestellt – aus Mehl, Wasser, Salz und Sauerteig. «Wie guter Wein und Käse braucht auch Brot eine Reifezeit, um seine volle Geschmacksnote zu entwickeln», ergänzt die Webseite. Produktionsleiter Dietmar Kappl betreibt in diesem Sinn den vielbeachteten Blog homebaking.at. Der von Sandra und Patrick Reichl in vierter Generation geleitete Familienbetrieb hat Erfolg und lässt zurzeit ein neues Produktionsgebäude bauen.

Gesunde und genussvolle Brote

«Um Brot und Genuss dreht sich seit 1902 das gesamte Leben der Familie Haubenberger», ist auf haubis.com zu lesen. Der Familienbetrieb in sechster Generation hat auch für Allergiker, Veganer und die auf Bio setzende Kundschaft natürliche Brote ohne chemische Zusätze im Angebot. «Wir wollen Brot für alle Geniesser backen. Jeder soll sich mit Haubis etwas Gutes tun können», sagt Inhaber Ing. Anton Haubenberger. 19 der 36 Brotsorten werden mit Natursauerteig produziert, die Teigruhe beträgt rund 20 Stunden. Der Forschung zur Verträglichkeit von Brot wird als wichtig betrachtet. Darum arbeitet man mit der Universität für Bodenkultur in Wien zusammen und gründete ein Zentrum für Paneologie (Brotforschung) sowie die Brot-Erlebniswelt Haubiversum (haubiversum.at). Ein Sauerteig ist auch in der Sauerteigbibliothek von Puratos in Belgien (sourdoughlibrary.puratos.com).

Kreativ und komplett biologisch

In der Filiale Sonnenfelsplatz werden die Backwaren attraktiv präsentiert.
Am Dietrichsteinplatz in Graz wird seit 1688 Brot gebacken, nun wurde eben eine neue Produktion bezogen. Bei Martin Auer (die Bäckerei heisst wie ihr Chef) wird auf Tradition gesetzt, aber auch gerne experimentiert und Neues erprobt. So entwickelte die mit dem Marktkieker-Preis ausgezeichnete Firma etwa ein «bio Keinmehlbrot», das Sauerteigbrot «bio Franciscus» ohne Backhefe sowie die glutenarmen Buchweizen- und Kartoffelmehlbrote. Alle Brote enthalten Natursauerteig, sind bio­logisch, vegan und ohne chemische Zusatzstoffe. «Gib dem Brot die Seele zurück», heisst das Motto. «Der Natursauerteig sorgt auf natürlichste Art und Weise für eine lockere Krume und den charakteristischen Geschmack. Und er hält das Brot länger frisch», sagt Auer auf martinauer.at/tipps. Um Food Waste vorzubeugen, wird Brot vom Vortag im Laden «Pane» zum halben Preis verkauft. Die gesamten Einnahmen kommen dank ehrenamtlicher Mitarbeit bedürftigen Menschen zugute.

Nachhaltiger Grossbetrieb

1970 übernahmen Hilde und Johann Ströck eine kleine Bäckerei in Wien. Ihre Kinder Gerhard und Robert erweiterten den Familienbetrieb zusammen mit ihren Ehefrauen Gabriele und Irene sowie ihren Kindern zum heutigen Grossbetrieb mit 72 Verkaufsstellen und über 1250 Mitarbeitenden. Ströck Brot setzt seit 1994 auf Bio-Produkte und seit rund zehn Jahren auf nachhaltige Verpackungen. Alles Mehl wird in Österreich angebaut und verarbeitet. Zum Bio-Sortiment gehören langgeführte, handwerklich gefertigte Weizensauerteigbrote nach französischem Vorbild. Verwendet werden über 15 Arten Natursauerteig (inkl. Einkorn-Sauerteig), die Teigruhe liegt bei 12 bis 36 Stunden. Alle 36 Brotsorten sind Sauerteigbrote, 60 % des verwendeten Mehls sind in Bio-Qualität (stroeck.at/neuigkeiten/teigruhe).

Der engagierte Einsatz für Qualitätsbrot mit Sauerteig und langer Triebführung ist bei allen vier Firmen anzutreffen. Es lohnt sich – schon der tollen Bilder wegen – die Webseiten dieser Bäckereien anzusehen.

Fotos aus den genannten Firmen finden Sie auch in unserer Fotogalerie…»

Interview mit Verant­wortlichen der vier Bäckereien

«panissimo» befragte die (Mit-)Inhaber der auf der vorangehenden Doppelseite vorgestellten Betriebe, was sie antreibt und weshalb ihnen der Einsatz von Natursauerteig wichtig ist.

Wie würden Sie Ihre Firmen­philosophie in ein, zwei Sätzen umschreiben?

Bäckermeister Martin Auer: «Wir versuchen in allem, was wir tun, etwas Besonderes zu machen.» Und denken stets darüber nach, wie wir es noch besser machen können. Das gilt für Produkt, Service und Marke gleichermassen.

Ing. Anton Haubenberger: Unsere handfesten Werte sind seit Anton Haubenberger I gleichgeblieben. Seither bilden sie die Basis unseres Tuns: «Wir sind ein Familienunternehmen. Wir sind tief in unserer Region verwurzelt. Wir sind offen für Neues.»

Bäckermeister Patrick Reichl: Für uns, ein traditionsreicher und innovativer Familienbetrieb, ist Backen eine Kunstform. Wir ver­binden geschickt handwerkliche Backkunst mit modernen Inno­vationen. Über 100 Jahre Backtradition und ein starkes Team bilden dabei das Fundament für unsere Vision.

Bäckermeister Philipp Ströck: Hand­werk, Innovation, Nachhaltigkeit und Qualität – das treibt uns an.

Welche Bedeutung spielt Sauerteig bei Ihren Bäckereiprodukten?

Auer: Eine unvergleichlich grosse! Der Natursauerteig trägt entscheidend zur Teiglockerung, Aromaentwicklung, Saftigkeit und Haltbarkeit der Brote bei.

Haubenerger: In der Geschichte des Bäckerhandwerks gibt es gewisse Konstanten. Der Sauerteig ist eine von ihnen. Es gibt keine natürlichere Methode, die einem Brot ein derartig vielfältiges Aroma und eine derartig lange Haltbarkeit verleiht. Und keine, die dabei so ursprünglich ist.

Reichl: Wir backen ausschliesslich mit Sauerteig, und das aus tiefster Überzeugung. Durch die Verwendung von Backmischungen geht die Seele des Brotes verloren. Sie wird verkauft für Produktions­sicherheit und Schnelligkeit.

Ströck: Sauerteig hat schon immer eine hohe Bedeutung für uns und unsere Backwaren gehabt, bei uns gibt es kein Brot ohne Sauerteig. Sauerteig bedeutet für uns, dem Brot viel Zeit zu geben. Dadurch entsteht gutes Brot voller Geschmack, aromatischer Geruch und lange Frischhaltung – das bekommt man nur, wenn man den Teig lange reifen lässt, und das darf er bei uns.

Welches ist Ihr eigenes Lieblings-Sauerteigbrot aus Ihrem Sortiment und warum?

Auer: Der bio Franciscus. Er braucht nichts ausser Mehl, Wasser, Salz und eine lange Teigführung, um besonders zu sein.

Haubenberger: Unser Haubis Walnusskrusterl. Für mich als Nussliebhaber ein Muss. Es überzeugt mit seinem besonderen Aroma durch die Walnüsse und durch den langzeitgeführten Natursauerteig.

Reichl: Unser «Steinofenlaib» ist ein hochwertiges und beständiges Brot, dessen Rezeptur in unserer Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Das helle, aromatisch-milde Roggenmischbrot aus reinem Natursauerteig überzeugt vor allem durch seine Saftigkeit und seine stark ausgeprägte Kruste.

Ströck: Das wechselt oft, aktuell ist es unser Bio-Wiederbrot. Hier kommt neben Sauerteig auch unser Bio-Roggen-Pur vom Vortag zum Einsatz. Es ist sehr geschmackvoll und hält sehr lange frisch.

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